Oberhausen. Nach einem Plan von Wirtschaftsminister Robert Habeck sollen neue Öl- und Gasheizungen bald verboten werden. Was bedeutet das für Hausbesitzer?

  • Bundeswirtschafts- und -klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) will den Einbau neuer Öl- und Gasheizungen ab 2024 faktisch verbieten
  • Seit Bekanntwerden der Pläne stürmen Oberhausener Hausbesitzer die Beratungsstelle der Verbraucherzentrale mit Fragen
  • Eine Expertin rät jetzt vor allem: erstmal einen kühlen Kopf bewahren

Die Ankündigung von Bundesklimaschutzminister Robert Habeck (Grüne), den Einbau neuer Öl- und Gasheizungen in Wohnhäusern ab 2024 faktisch zu verbieten, hat zu einem Ansturm von Hauseigentümern bei der Oberhausener Energieberatung der Verbraucherzentrale NRW geführt. Besonders betroffen sind Ein- und Zweifamilienhausbesitzer. 45 Prozent aller Wohngebäude sind nach der jüngsten Oberhausener Wohnstudie Ein- oder Zweifamilienhäuser: 16.600, die meisten heizen mit Gas oder Heizöl.

„Die Menschen sind in heller Aufregung, es herrscht da eine enorme Nervosität. Wir erhalten viele Anrufe“, berichtet Energieberaterin Martina Zbick im Gespräch mit der Redaktion. „Viele ältere Hausbesitzer, die seit Jahren in ihrem Eigenheim wohnen, sehen sich plötzlich mit hohen Kosten konfrontiert.“

Hintergrund ist das bundesweite Ziel, die Gebäude bis 2045 klimaneutral zu heizen. Da Öl- und Gasheizungen besonders klimaschädlich sind und viele Jahrzehnte durchlaufen, will die Ampelkoalition den Einbau neuer Brenner mit fossilen Brennstoffen bis auf wenige Ausnahmen komplett verhindern. In der Regel erlaubt werden bei Neubauten und Altbauten, wenn der alte Ölbrenner oder die Gastherme den Geist aufgibt, nur noch Wärmepumpen, Solarthermie, Fernwärme oder Holzpellet-Öfen. Alle Varianten sind meistens teurer als eine neue Ölheizung (zwischen 7000 und 10.000 Euro).

Gesetzentwurf: Neue Heizungen nur mit Wärme aus mindestens 65 Prozent regenerativer Energien

Das faktische Verbot neuer Öl- und Gasheizungen ist im Gesetzentwurf des Wirtschaftsministeriums nur indirekt formuliert. Danach sollen ab 2024 nur noch Heizungen eingebaut werden, die Wärme aus „mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energien“ herstellen. Das ist technisch mit neuen Öl- und Gasheizungen nur möglich, wenn eine hocheffiziente Wärmepumpe die Grundlast abdeckt und die fossilen Brennstoffe nur noch an schlimmen Frosttagen im Winter die Wohnung wärmen. Doch solche Hybridsysteme werden nicht mehr mit staatlichen Zuschüssen gefördert.

Aus Sorge, dass ihre alte Ölheizung irgendwann kaputtgeht, fragen nicht wenige Bürger die Oberhausener Energieberaterin auch, ob sie in diesem Jahr noch schnell ihr altes Schätzchen im Keller gegen eine moderne Öl- oder Gasheizung ersetzen sollen. Zumindest ist das keine klimafreundliche Idee – zumal der Bund plant, den Betrieb von Öl- und Gasheizungen nur noch 20 Jahre zu erlauben.

Haben bereits im Frühjahr 2021 Werbung für einen Austausch alter Öl- und Gasheizungen gemacht: Martina Zbick (Energieberaterin der Verbraucherzentrale Oberhausen) und Markus Werntgen-Orman (Bereichsleiter Umwelt der Stadt) bei ihrer Ölfässer-Aktion vor dem Gasometer.
Haben bereits im Frühjahr 2021 Werbung für einen Austausch alter Öl- und Gasheizungen gemacht: Martina Zbick (Energieberaterin der Verbraucherzentrale Oberhausen) und Markus Werntgen-Orman (Bereichsleiter Umwelt der Stadt) bei ihrer Ölfässer-Aktion vor dem Gasometer. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Die Abkehr von Öl und Gas ist aber finanziell problematisch – eine Wärmepumpe, betrieben mit Strom aus in Zukunft überwiegend regenerativen Energien, kostet nicht nur selbst mit etwa 30.000 Euro viel Geld, sondern führt teure Sanierungen nach sich: Der Altbau muss meist gedämmt werden, denn Wärmepumpen liefern nur eine schwache Vorlauftemperatur von 45 bis 47 Grad. „Mit dem Einbau einer Wärmepumpe ist es in vielen Altbauten nicht getan. Ist die Immobilie aus den 50er Jahren ohne Dämmung, dann müsste man teuren Strom nachkaufen, um seine Wohnung warm zu bekommen.“ Deshalb sei oft eine teilweise Sanierung der Häuser nötig, um die Heizlast zu senken und klimafreundlich heizen zu können. Und das geht schnell in Summen, die die 100.000-Euro-Marke überschreiten.

Energieberaterin: Diese Regelung birgt erheblichen sozialen Sprengstoff

„Ich finde es zwar sehr sinnvoll, dass Häuser klimagerecht saniert werden, doch diese Regelung birgt erheblich sozialen Sprengstoff. Deshalb muss das unbedingt durch eine gute Förderung vom Staat ausgeglichen werden.“ Allerdings habe der Bund ausgerechnet in diesem Jahr die Förderung einer energetischen Sanierung von Altbauten zum Teil zurückgefahren. „Die Zuschüsse für Wärmepumpen waren zuletzt noch höher als jetzt“, sagt Zbick.

Erhält viele Anrufe verzweifelter Hauseigentümer: Martina Zbick, Energieberaterin der Verbraucherzentrale Oberhausen.
Erhält viele Anrufe verzweifelter Hauseigentümer: Martina Zbick, Energieberaterin der Verbraucherzentrale Oberhausen. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

In der Aufregung der Hauseigentümer findet die Energieberaterin auch ein paar tröstende Worte. „Bei den Leuten geht vieles drunter und drüber. So mancher hat verstanden, dass es ab 2024 nicht mehr erlaubt ist, eine Gastherme oder Ölheizung zu betreiben. Aber das stimmt nicht, es geht hier nur um den Einbau von neuen Brennern oder Thermen.“

Zweitens weist die Oberhausener Energieberaterin darauf hin, dass es sich bisher nur um einen Entwurf aus dem Wirtschaftsministerium handelt, der nicht beschlossen ist. Drittens sei geplant, für alle diejenigen die Förderung auszubauen, die sich eine Sanierung ihres Hauses nicht leisten können.

Und viertens müssten nicht alle Altbauten eine teure Komplettsanierung erhalten, um eine Wärmepumpe günstig zu betreiben. „Es geht viel mehr als die meisten denken. So ist etwa für eine Wärmepumpe heute nicht mehr eine Fußbodenheizung notwendig, sondern funktioniert auch über normale Heizkörper. Und oft reicht es bei Altbauten auch, nur einen Teil zu sanieren, um den Heizbedarf ausreichend zu senken.“

Bund bezuschusst Sanierungsplan eines Hauses zu 80 Prozent

Fünftens: So empfiehlt Zbick allen Hauseigentümern, nicht auf ein einziges Angebot eines Heizungsinstallateurs zu setzen, sondern sich von einem Energieexperten beraten zu lassen. Dafür gibt es Zuschüsse des Bundes. Wer für seine Immobilie einen „Individuellen Sanierungsplan“ (ISFP) erstellen lässt, der erhält alle strategischen Schritte, um modulweise sein Haus energetisch auf Vordermann zu bringen – inklusive Kosten. Solch ein gründlicher Plan kostet 1200 bis 1500 Euro – und wird vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAfA) so stark bezuschusst, dass der Hauseigentümer nur etwa 300 Euro selbst tragen muss.

Die neue Klimaschutzregelung, die quasi eine Sanierungspflicht von Immobilien nach einem technischen Ausfall alter Öl- und Gasheizungen nach sich zieht, bedeutet einen erheblichen Eingriff in die Eigentumsrechte von Hausbesitzern. Zbick hat dafür durchaus Verständnis. „In den vergangenen 40 Jahren ist auf freiwilliger Basis zu wenig passiert, wir müssen unbedingt den Energieverbrauch in den Gebäuden reduzieren.“