Oberhausen. Vereint sorgen „Schwimmhilfe“-Freundeskreis und „Hömma“-Festivalmacher für Attraktionen von legerer Oper bis zu Schiller und Shakespeare.
Was passiert, wenn Burgfestspiele und „Schwimmhilfe“-Abende fusionieren? Dann freut sich Oberhausen über ein prächtiges neues Baby namens Schlossnächte. Eigentlich müsste man sogar noch die „Kunstbaustelle“ aus dem Sommer 2021 als Paten dazuzählen – schließlich ist der Innenhof des Schlosses Oberhausen nun der Schauplatz für stattliche 26 Termine vom 16. Juni bis 6. August unter dem Motto „Ein Sommertheater“.
Die Liaison von Uwe Muths Eventagentur „Sensitive Colours“ und Hajo Sommers aus der Not zweier Lockdown-Jahre geborenen Stadion-Festspielen kennt allerdings auch einen Verschmähten – und zwar die Burg Vondern: Sie stellt vorerst nicht mehr die malerische Kulisse für „Schillers gesammelte Werke (leicht gekürzt)“ oder für Variationen der „Oper légère“. Diese mimischen und musikalischen Attraktionen erhalten nun über die Sommerferien hinaus eine neue Freilicht-Bühne direkt vor dem Museumsshop der Ludwiggalerie.
„Fast so abwechslungsreich wie unser Ausstellungsprogramm“, meint deren Direktorin Christine Vogt vergnügt. Das kann man so sagen, denn die „Schlossnächte“ mixen munter die Highlights aus jenen Programmen, die bereits vor Burgmauern (und im Gdanska Theater) reüssierten sowie aus Stamm- und anderen Gästen des Ebertbades (via Niederrhein-Stadion). „Bademeister“ am Ebertplatz ist zwar inzwischen Tobias Voss, doch dem „Schwimmhilfe“-Freundeskreis präsidiert nach wie vor der RWO-Präsident.
Zum Auftakt eine Stimme mit Strahlkraft
„Wir minimieren das Risiko für alle Beteiligten“, sagt Hajo Sommers. Nicht allein dem Ebertbad haben die eingetragenen Kulturförderer so ins Trockene geholfen – längst läuft es wieder bestens mit dem Publikumszuspruch in der Badeanstalt. „Wir fragen auch bei anderen nach“, sagt Sommers und nennt die Fabrik K 14 ebenso wie das Literaturhaus. Inzwischen kommen 180 Mitglieder bei der „Schwimmhilfe e.V.“ auf ihre Kosten – und erhalten nun auch für die „Schlossnächte“ ermäßigten Eintritt. Für die engagiertesten Förderer gibt’s sogar Freikarten nach Wahl.
Geboten wird dafür schon zum Auftakt am 16. Juni eine Stimme mit Strahlkraft: Franziska Dannheim singt dann sämtliche Partien ihrer Kurzfassung von Rossinis „Barbier von Sevilla“, am Klavier begleitet von Jeong-Min Kim. Legerer kann Oper wirklich nicht sein, zumal sich das Duo auch auf charmante Moderationen versteht. Uwe Muth weiß: Der Essener Sopranistin gelingt es mühelos, selbst ausgeprägte „Opernmuffel“ für die klassische Kunst zu begeistern.
Wem der Name Aydın Işık nicht geläufig ist: Er war der adrette Bankfilialleiter in der Vorjahres-Komödie „Der Kredit“. Einen Vertrauens-Vorschuss für die am 17. und 18. Juni folgende Produktion „Nord-Süd-Gefälle“, zusammen mit Mike McAlpine, hat er sich redlich verdient: Wenn Brite und Türke über die Europäische Union disputieren, treffen wahrlich Welten aufeinander.
Dagegen sind doch die „Bottrop Monologe“ des im Ebertbad fest verwurzelten Nito Torres geradezu weltbejahendes Idyll. Das Revier erlebt der gebürtige Siegburger und langjährige Kölner staunend als Neubürger. „Im Ebertbad erst wieder im Winter“, weiß Hajo Sommers. Also lieber den 22. und 23. Juni vormerken. Nito Torres zählt dann auch zu jenem todesmutigen Quartett, das an drei Abenden (25., 27. und 28. Juni) „Schillers gesammelte Werke“ auf die schmale Freilichtbühne stemmt. Drei weitere Abende „schillern“ vom 18. bis 20. Juli.
Den Juli eröffnet allerdings eine Produktion für die Kabarett-Kollegen des Düsseldorfer „Kom(m)ödchen“: Anna Schäfer und Jochen Kilian definieren mit Brettl-Irrwitz die Gegenwart: „Jetzt – morgen war gestern“. Dem Auftritt von Oberhausens ureigenem Musikkabarettisten Matthias Reuter am 5. Juli folgt dann ein zehntägiger Programm-Slot des Indie Radar Ruhr, gestaltet in der verlässlich gehaltvollen Eigenregie Maximilian Janetzkis.
Drei Dutzend Dramen an einem Abend
Der zweiten „Schiller“-Runde folgen schließlich – ebenfalls aufgeboten von Nito Torres, Aydın Işık und Sascha von Zambelli – vom 21. bis 23. Juli drei Abende mit „Shakespeares gesammelten Werken (leicht gekürzt)“. Versuchen Sie gar nicht erst mitzuzählen: Der Barde brachte drei Dutzend Komödien, Tragödien, Romanzen und Königsdramen auf die Bretter des „Globe Playhouse“. Dessen Rundbau hatte übrigens vor rund 400 Jahren bei vollem Haus 3000 dicht gedrängte Zuschauer aufnehmen können.
„Hello again“ mit Lengkeit und Engelhardt
Im Schlosshof ist es dann doch spürbar entspannter: Muth und Sommers wollen pro Abend maximal 250 Karten verkaufen – bieten allerdings noch weniger Regenschutz als dereinst das immerhin halbüberdachte „Globe“. Wohlan, der Reigen der Attraktionen ist damit noch nicht verronnen.
Den mutmaßlichen Erfolg von Gerburg Jahnkes jüngster Inszenierung „Spuren im Sand“ mit H.P. Lengkeit als Howie „Hello again“ Carpendale gibt’s auch am 27. und 29. Juli in nächster Nähe der Emschergestade. Und unter dem passenden Motto „Zoom out“ gibt Peter Engelhardt (die One-Man-Band für „Haui“) am 4. August ein Trio-Konzert. Als ob der vielseitige Saitenkünstler beweisen müsste, dass er sich auch vortrefflich auf zeitgenössischen Jazz versteht.