Oberhausen. Sämtliche Werke Friedrich Schillers an einem Abend? Vier Schauspieler kriegen das hin – in leicht gekürzter Form auf der Bühne der Burg Vondern.
Wir sind ja nicht die Deutsche Bahn, weshalb wir denn auch über das symbolträchtige Wetter bei der Premiere der Komödie „Schillers sämtliche Werke … leicht gekürzt“ im Hof der Burg Vondern reden dürfen. Wem ob des neben Goethe berühmtesten deutschen Dichters dessen „Lied von der Glocke“ in den Sinn kam, wo es in der ersten der insgesamt 19 Strophen heißt „Von der Stirne heiß rinnen muss der Schweiß, soll das Werk den Meister loben!“, der bewies ein gutes Gespür für den Verlauf dieser rasanten Screwball-Comedy mit vier eindrucksvollen Vätern der Klamotte.
Denn als solche erwiesen sich die unter ihren Vornamen auftretenden Schauspieler Sebastian Faust, Aydin Isik, Nito Torres und Sascha von Zambelly mit ständigen Kostüm- und Szenenwechseln auf offener Bühne mit Bravour. Quirlig, nun ja, choreographiert von Regisseur Michal Nocon und seinem Dramaturgen Olaf Reifegerste, feuerte das als „Schiller-Bande“ firmierende „Burg-Ensemble“ von der ersten Minute an schillernd schnelle Sprechattacken auf ihr nicht gerade sonderlich zahlreiches Premieren-Publikum ab.
Uma Thurman als Running Gag
Mit dem per Rütli-Schwur bekräftigten Ziel, Friedrich Schiller als „verdammt coole Sau“ vorzustellen. Weshalb Sebastian bei allen passenden und unpassenden Gelegenheiten darauf hinwies, welche amerikanischen Filme dieser Dramatiker („der Quentin Tarantino seiner Zeit“) beeinflusst habe – samt plumper Running Gags: „Uma Thurman“ – „Aah, Uma“ die schmierig-genießerische Reaktion im Chor. Angeführt vom Frauenversteher Nito und ausgedeutet vom bildungsschwangeren Sascha, denen Aydin mit seinem Migrationshintergrund den oft aufbrausenden, weil gern gedissten Sidekick gab.
In dem Feuerwerk mehr oder weniger gelungener Kalauer und Anspielungen, die Politiker, Fernsehsender und Yellow-Press-Zelebritäten zum Ziel hatten, blitzten regelmäßig auch Schlüsselszenen aus solchen Dramen wie „Die Räuber“, „Die Verschwörung des Fiesco zu Genua“ oder „Kabale und Liebe“ auf, ursprünglich konzipiert als „bürgerliches Trauerspiel“.
Spielfreudige Schiller-Bande wurde pitschenass
Prompt erinnerte sich Petrus an den finalen Vers der ersten „Glocke“-Strophe: „Doch der Segen kommt von oben.“ Ziemlich heftig sogar, wovon sich weder die beschirmten Zuschauer noch die durchnässten Schauspieler sonderlich beeindrucken ließen. Die stoisch durch den 2009 von Michael Ehnert, der eigens zu den von Uwe Muth („Sensitive Colours“) konzipierten „Burgfestspielen“ aus Hamburg angereist war, geschriebenen Text jagten, als gäbe es weder Wetter noch Kritik zu fürchten.
Nach einem launigen ersten Teil, der im Fluge verging, ohne wirklich haften zu bleiben, widmete sich die spielfreudige Schiller-Bande dann den späten Dramen von Friedrich (stets dargestellt mit Zottelperücke), so „Maria Stuart“ und der „Jungfrau von Orleans“. Was verbal und tatsächlich zum großen Hauen und Stechen geriet. Mit bald ermüdenden Wiederholungen in Bild und Ton, was zumindest kritischeren Bildungsbürgern im Hof der Burg Vondern nicht nur wegen der gesunkenen Temperatur so manchen Schauer über den Rücken jagte.
Oberhausener Burgfestspiele
Die nächsten Vorstellungen der Komödie „Schillers sämtliche Werke … leicht gekürzt“ sind am 4. Juli sowie vom 12. bis 15. Juli jeweils um 19.30 Uhr im Hof der Burg Vondern, Arminstraße 65.Karten gibt es zum Preis von 15 Euro auf der Internetseite freistil-oberhausen.de. Dort finden sich auch die Termine der weiteren Veranstaltungen der „Oberhausener Burgfestspiele“.
Ein Glück, dass es nicht „Schillers sämtliche Werke“ waren, die man an dem in jeder Hinsicht durchwachsenden Abend „leicht gekürzt“ erlebte, sondern nur ein Destillat seiner Dramen, das im zweiten Teil durchaus hochprozentiger hätte sein dürfen. Die vorbildliche Kurzfassung von Schillers „Glocke“ wäre Michael Ehnert da sicher hilfreich gewesen: „Loch inne Erde, Bronze rin, Glocke fertig – bim, bim, bim“. Nun, geläutet wurde nicht einmal zum Pausenende – gemäht dagegen sehr wohl und zwar von den benachbarten Schafen, die das Geschehen immer wieder fachkundig kommentierten.
Für das wahrlich imposante und sehenswerte „Burg-Ensemble“ Sebastian Faust, Aydin Isik, Nito Torres und Sascha von Zambelly und ihr Regie-Team Michal Nocon, Olaf Reifegerste und Tanja Brügger gab es am Ende des zeitweise zähen Abends jedenfalls zurecht begeisterten Applaus. Leicht resigniertes Fazit: Für das Wetter kann man nichts, weshalb auch kein Schweiß die Meister lobte; die Textvorlage von Michael Ehnert jedoch hätte „leicht gekürzt“ (besser: schwer) deutlich an Substanz gewonnen. Amüsant war’s dennoch, sofern man kalauer- und bildungssatt schillernde Screwball-Comedy-Action mag.