Oberhausen. Der Innenhof der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen ist derzeit beliebte kunterbunte Kunstbaustelle. So lief es bislang – und so geht es weiter.
So täuscht die Erinnerung: Man meint, die letzten Hochsommerwochen wären ein einziger kühler Schauer gewesen. Doch Jennifer Liß kontert: „Mit unseren Lounge Fridays haben wir enormes Glück gehabt.“ Wenn nämlich freitags um 18 Uhr namhafte DJs von Karmakind bis Timboletti in ihrer wie eine Brutzelhütte wirkenden Mischpult-Behausung auflegten, verzogen sich die Wolken – und die Oberhausener chillten im Schlosshof.
„Wir hatten viele Stammgäste“, sagt Jennifer Liß. „Und die hatten ihre Stammplätze“, ergänzt Linda Schmitz-Kleinreesink. Mit Nina Dunkmann als Dritter im Kuratorinnen-Bunde gelang das Experiment, ein „Museum under Construction“ (MuC) vor der geschlossenen Tür zu bespielen. Mehr noch: In vielen Gesprächen machten die begeisterten Kunstvermittlerinnen sogar jene Oberhausener neugierig auf die Ludwiggalerie, die zunächst nur von den zahllosen bunten Wimpeln und der überragenden Discokugel-Kreation der „Wunschmaschine“ zum Schlosshof gelockt worden waren.
„Es sind Familien da, alt und jung“, resümiert Schmitz-Kleinreesink. „Unser Publikum ist durchmischter, als wir gehofft hatten.“ Ob an den letzten Freitagen nun „Musika Floristika“ erblühte oder „Rainbow Tripping“ angesagt war: 70 bis 80 Gäste waren immer dabei, um beim letzten Sonnenschein aus dem Kaisergarten zu entspannen. Die „Workshop Wednesdays“ an den Mittwochnachmittagen gehörten überwiegend Ferienkindern und Jugendlichen. Allein an den „Artist Tuesdays“ war die Resonanz schwankend bis schwach, kamen mal 20, mal nur zwei, um sich in Comics, Fotografie oder Pop Art – die großen Themen der Ludwiggalerie – zu vertiefen.
Damenkränzchen mit Kaffee und Kuchen
„Dabei fühlten wir uns von den Vorträgen sehr bereichert“, betont die Kuratorin und nennt beispielhaft den Abend mit Ulf K., dem in seinem grafischen Oeuvre oft so still und verträumt wirkenden Comic-Poeten. Ausgerechnet mit einem Vortrag des Titels „Sprachlos. Erzählen ohne Worte“ sprach dieser Ulf Keyenburg in großer Klarheit über sein Metier – „total faszinierend“, sagt Linda Schmitz-Kleinreesink.
Die bunt-schlichten Bauten der „Kunstbaustelle“ haben sich übrigens auch bei diesen Bildschirm-unterstützten Vorträgen bewährt. Manche Besucher im Schlosshof glaubten zwar, erzählt Jennifer Liß, da habe eine Hochzeitsgesellschaft mal was Schrilles in Szene gesetzt. Doch insgesamt war den „MuC“-Kuratorinnen die Reaktion auf das Mini-Dorf der „Prise Salz Crew“ noch zu verhalten. Bis auf eine Gruppe älterer Damen, die unbekümmert die Tische nutzte, um sie mit Kaffee und Kuchen einzudecken – und dann ein Tänzchen aufzuführen. „Das könnten mehr Leute machen.“
„Maximal flexibel“: die Kunst-Baumeister
Schließlich öffnet tagsüber (außer montags, wie museumsüblich) der Schlosshof, lange bevor es mit den „MuC“-Programmpunkten weitergeht. Für ihre Kunst-Baumeister um Aaron St. und Ursula Meyer sind die Kuratorinnen voll des Lobes: „Maximal flexibel“, wie Schmitz-Kleinreesink sagt.
Die „Prise Salz Crew“ hatte im vorigen Herbst mit dem „Schlingensief-Dorf“ auf dem Altmarkt für das Theater Oberhausen bereits eine feine Probe ihres Könnens – plus stimmiger Einfühlung in die Umgebung – vorgelegt. Doch in den langen Planungsmonaten während des Lockdowns, mit seinen vielen Wenns und Abers, waren immer wieder neue Entwürfe gefragt. „Wir haben ständig umgeplant“, so Schmitz-Kleinreesink, „und Aaron angerufen.“ – „Jetzt hat sich Routine eingespielt“, ergänzt Jennifer Liß.
Längst kann sich das Kuratorinnen-Trio einen Schlosshof ohne bunte Wimpel über Tischen und Bänken nebst malerisch-schütteren Bauten kaum noch vorstellen. Der Weg dahin war lang. Als im September 2019 die „Struwwelpeter“-Ausstellung eröffnete, erfuhr das Museums-Team, dass die Ludwiggalerie bald auf Monate geschlossen bleiben müsste: Im laufenden Ausstellungsbetrieb ließe sich Klima- und Sicherheits-Technik nicht runderneuern. „Das geht doch nicht“, so die Reaktion von Linda Schmitz-Kleinreesink.
Wie geht’s weiter im schönen Schlosshof?
Die Kuratorin und ihre Kolleginnen antworten allerdings betont vorsichtig auf die Frage, ob sich ein derart buntes Sommerangebot – also als Freilicht-Kunst ohne Baustelle – wiederholen ließe: Das sei „eine Frage von Finanzen und Arbeitskraft“. Denn die insgesamt neun „MuC“-Wochen, umsonst und draußen, „entsprechen dem Budget einer großen Ausstellung“, so Jennifer Liß. Klar sei: Aus den Bürofenstern im Kleinen Schloss blickend, käme den Kuratorinnen ein sommerlich leerer Schlosshof nun arg verwaist vor: „Wir müssen überlegen, wie wir künftig mit diesem schönen Hof umgehen.“