Oberhausen. Der FDP-Nachwuchs kritisiert die schlechte Anbindung an Hochschulen. Die Julis schlagen eine Dependance vor. Andere Parteien sind zurückhaltend.

Oberhausen hat eines der größten Einkaufszentren Europas. Oberhausen hat den Gasometer. Oberhausen hat eine reiche Kulturlandschaft. Aber eines hat die Ruhrgebietsstadt nicht: eine eigene Hochschule.

Die Diskussion um den Makel der 210.000-Einwohner-Stadt ist nicht neu. Die Jungen Liberalen greifen das Thema aber noch einmal auf: Sie fordern, dass sich die Stadt um eine Dependance der Universität Essen-Duisburg oder der Fachhochschule Ruhr-West bemüht. Denn die Anbindung an die Hochschulstandorte im Ruhrgebiet sei „unzumutbar“, sagt Jonas Thiel, stellvertretender Vorsitzender der Julis. „Oberhausen verliert viele seiner klugen jungen Köpfe und lockt gleichzeitig keine neuen Studierenden in die Stadt.“

Mit ihren Wünschen nach einem eigenen Hochschulstandort in Oberhausen stehen die Jungpolitiker der FDP nicht alleine dar. Die CDU hat die Forderung vor Jahren aufgestellt, sagt die schulpolitische Sprecherin Gundula Hausmann-Peters. Auch die SPD hält es für notwendig, dass die Stadt mehr für die Bildungswege nach der Schullaufbahn tut. SPD-Sprecherin Denise Horn regt wie die CDU allerdings einen beruflichen Ausbildungscampus an. Dieser könnte demnächst im Gartendom realisiert werden (wir berichteten).

Max Baum, Vorsitzender der Julis, kritisiert die schlechte Hochschulanbindung in Oberhausen.
Max Baum, Vorsitzender der Julis, kritisiert die schlechte Hochschulanbindung in Oberhausen. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

Julis teilen gegen „Zukunftscampus“ aus

Die FDP-Jugend hält von diesem Zukunftscampus allerdings nichts. Der Vorsitzende Max Baum nennt die Vision ein „Leuchtturmprojekt mit nettem Namen“, sie habe wie der Wissenschaftscampus aber nichts mit einem Oberhausener Hochschulstandort zu tun. Mit dem Wissenschaftscampus will Oberhausen neue Ideen entwickeln, die die Stadt attraktiver machen. Den Julis passt aber schon der Name nicht. „Die Verwendung dieser Formulierung ist absolut übertrieben und politisch unseriös und soll wohl eher dazu dienen, prestigeträchtige Projektnamen zu finden anstatt den Bildungsstandort Oberhausen zu stärken“, kritisiert Baum. Die Projekte sollten eingestampft und stattdessen ein echter Hochschulstandort angestrebt werden.

Denn: Die Verkehrsanbindung der Universität Essen-Duisburg ist nach Analyse der Jungliberalen für Studierende miserabel. Von Alstaden,Fröbelplatz, aus etwa bräuchte man mehr als eine Stunde mit Bus und Bahn, vorausgesetzt, der ÖPNV sei zuverlässig und die beiden Umstiege würden funktionieren. Ein Blick in die Verkehrs-Apps zeigt tatsächlich: Von Sterkrade Bahnhof aus braucht man bei guter Bus- und Bahnverbindung eine halbe Stunde bis zur Uni Duisburg: bei schlechter sogar fast eine Stunde, exakt 54 Minuten. Von Osterfeld Bahnhof ist der Weg mit Bus und Bahn ähnlich weit.

CDU und SPD für Ausbildungscampus

CDU-Politikerin Hausmann-Peters hält einen eigenen Hochschulstandort allerdings für unrealistisch. Denkbar wäre eine Oberhausener Niederlassung oder Zweigstelle einer etablierten Hochschule. „Wir sollten eine andere Richtung einschlagen, in der wir Kooperationen stärken, die andere noch nicht haben“, sagt Hausmann-Peters. Sie verweist auf das Talentkolleg der Fachhochschule Ruhr-West, das in Oberhausen gestartet ist. Oberhausen biete viel Potenzial für Partnerschaften, zum Beispiel könnte eine Kooperation im Bereich Lehrkräfteausbildung sinnvoll sein. In der Innenstadt entsteht gerade das neue Gebäude für das Lehrerseminar. Was der Schulsprecherin allerdings am ehesten vorschwebt, ist ein Ausbildungscampus, der den akuten Fachkräftemangel bekämpft.

CDU-Politikerin Gundula Hausmann-Peters hält einen eigenen Hochschulstandort für unrealistisch. Stattdessen sollte Oberhausen mehr Kooperationen eingehen.
CDU-Politikerin Gundula Hausmann-Peters hält einen eigenen Hochschulstandort für unrealistisch. Stattdessen sollte Oberhausen mehr Kooperationen eingehen. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Von dieser Idee ist auch die SPD überzeugt. Denise Horn verweist auf ein ähnliches Projekt in Fulda. Sie hält den Ausbildungsmarkt für das derzeit wichtigere Thema. Nach dem Azubi-Ticket sollte nun über eine Ausbildungsgarantie nachgedacht werden. „Das könnte auch auf lokaler Ebene umgesetzt werden.“

Oberhausen sollte in diesem Bereich auch deswegen aktiv werden, weil mit der Schließung des Niederrhein-Kollegs ein wichtiger Baustein wegbreche. Hier haben Erwachsene auf dem zweiten Bildungsweg ihr Abitur gemacht. „Wir halten das Aus für das Niederrhein-Kolleg für einen Fehler“, sagt Denise Horn. „Auch ältere Menschen müssen die Chance bekommen, sich weiterzubilden.“ Das Niederrhein-Kolleg soll nach den Osterferien endgültig geschlossen werden. Danach könnte es als weiterer Schulstandort dienen. Denn die Schülerzahlen steigen in Oberhausen rasant an. An künftigen Studierenden dürfte es der Stadt also nicht mangeln.