Oberhausen. Der Ukraine-Krieg und die Energiekrise haben auch Auswirkungen auf den Wochenmarkt. Die Kunden kaufen zurückhaltender.

Das Wetter spielt nicht mit an diesem Donnerstagvormittag. Als wolle sie gegen diese Krisenstimmung anscheinen, strahlt die Sonne mit den frischen Zitronen, Kürbissen und Trauben um die Wette. Ein Sonnentag in Oberhausen-Schmachtendorf. Keine Chance für lange Gesichter im November.

Am Gewürze-Stand der Firma Stamm herrscht reger Betrieb. Ingwer, fermentierter Knoblauch, Muskatnüsse, alles verpackt in nachhaltigen Papier-Tüten. Mitarbeiterin Heike Schmalt hat alle Händen voll zu tun. Dazwischen wird geschnackt, wie es sich auf Wochenmärkten gehört. „Es wird immer noch gekauft“, sagt Schmalt in einer Verkaufspause. „Gewürze braucht man zum Kochen.“ Trotz steigender Energiepreise und Rekordinflation – der Magen will satt werden.

Marktstände gehörten in der Corona-Pandemie zu den Gewinnern

Die Krisenstimmung hat allerdings auch nicht vor Salz und Pfeffer Halt gemacht. „Während der Pandemie war die Nachfrage extrem groß. Das hat sich geändert“, sagt Heike Schmalt. Ihre Kundinnen und Kunden würden weiterhin einkaufen, aber bedachter. „Es wird mehr darauf geschaut, was wirklich gebraucht wird und in welchen Mengen.“

Auch Heike Schmalt spürt die Zurückhaltung der Kunden. Sie arbeitet für Gewürze Stamm.
Auch Heike Schmalt spürt die Zurückhaltung der Kunden. Sie arbeitet für Gewürze Stamm. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Eine Ecke weiter herrscht Hochbetrieb an einem Stand mit Angeboten. Joghurt, Milch, Fleisch und anderes wird feilgeboten. Wer schnell ist, bekommt noch was. Lange Schlangen bilden sich ansonsten nur wenige. Die Zurückhaltung der Kundschaft erfahren vor allem jene, die zu den Gewinnern in der Pandemie gehörten: Stände mit qualitativ hochwertigen Lebensmitteln.

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Wochenmarkt in Oberhausen: „Kunden sind zurückhaltend“

Rita Jordan bezeichnet ihren traditionellen Gemüsestand als einen der Teuersten. Sie ist seit 30 Jahren auf den Märkten in Sterkrade und Schmachtendorf mit ihrem ausgesuchten Sortiment vertreten. Als in der Pandemie die Restaurants geschlossen waren und das gesellschaftliche Leben zum Erliegen kam, da herrschte vor ihrem Stand Hochbetrieb. „Die Menschen konnten ihr Geld nicht anderweitig ausgeben und haben deshalb mehr Geld für Obst und Gemüse ausgegeben.“ Durch den Ukraine-Krieg und die Auswirkungen auf den Finanzmarkt veränderte sich aber die neugewonnene Gewohnheit: „Die Kunden sind zurückhaltend, ängstlich“, sagt Rita Jordan. „Weil man ja nicht weiß, wofür man das Geld noch braucht.“

Die Bundesregierung will die Preisexplosion durch Gaspreisbremsen abfangen, doch die Furcht in der Bevölkerung ist groß, im Winter manche Rechnungen nicht mehr begleichen zu können. Vor dem Hintergrund gibt sich die Kundschaft in Oberhausen kämpferisch: Sparen ja, aber nicht auf dem Wochenmarkt.

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Kunden wollen sich den Wochenmarkt-Besuch nicht nehmen lassen

„Wir haben unseren Wochenetat angehoben“, sagt Wilfried Brennemann mit einem Schmunzeln. Die Entscheidung wurde auf höchster Ebene getroffen: von ihm und seiner Frau. „Ich kann Gott sei Dank auf Qualität und Frische achten. Manchen Familien ist das gewiss nicht mehr möglich“, sagt der 77-Jährige mit einer Papiertüte frischer Kartoffeln in der Hand. Der Wochenmarkt sei ihnen wichtig. Er biete regionale, gute Kost: „Darauf wollen wir nicht verzichten.“

Rita Jordan spürt an ihrem Gemüsestand die Zurückhaltung der Kunden.
Rita Jordan spürt an ihrem Gemüsestand die Zurückhaltung der Kunden. © FUNKE / Foto Services | Gerd Wallhorn

Junge Familien sind an diesem Donnerstagvormittag auch zugegen. Kleinkinder mümmeln in Kinderwagen an Brötchen, ihre Mütter kaufen frisches Gemüse ein. So wie Annika Görtz. Die junge Mutter zweier Kinder macht sich auch ihre Gedanken. Ausflüge in den Wald oder auf den Spielplatz seien derzeit die bevorzugte Wahl. Der Besuch auf dem Wochenmarkt bleibt dafür fester Bestandteil des Familienprogramms. „Ich finde, der Wochenmarkt ist eine wichtige Einrichtung, auch weil man ins Gespräch kommt. Das gehört zu unserem Alltag“, sagt Annika Görtz. Die Preise würden schließlich auch im Supermarkt steigen.

Die Kosten für die Händler steigen durch die Energiekrise ebenfalls. Manchen Kunden ist das bislang nicht groß aufgefallen. „Ich habe nicht das Gefühl, dass es teurer geworden ist“, sagt Rentnerin Marion Wegewitz. Die 65-Jährige fährt seit fünf Jahren ein E-Auto, das mache natürlich auch viel aus. „Zu Hause kochen wir gerne. Gerade beim Essen wollen wir deshalb nicht sparen.“

Der Preisanstieg lässt sich aber nicht nur an wirtschaftlichen Zahlen ablesen. Bei Fisch Droste kostet das Kilo Kabeljau drei Euro mehr. „Die Menschen kaufen momentan lieber günstigeren Fisch, etwa Seelachsfilet“, sagt Arnd Heddenhausen. Auch er sagt, die Marktstände seien in der Pandemie die großen Gewinner gewesen. „Darüber waren wir sehr dankbar.“ Nun wende sich das Blatt. Der Fisch müsse gekühlt werden, die Fritteuse für den Backfisch werde mit Gas betrieben, das koste mehr Geld. „In der Pandemie waren wir sehr zufrieden. Das relativiert sich wieder ein bisschen.“