Oberhausen. An der Spitze nur Männer, in den Chefetagen darunter meist Männer – die Stadt Oberhausen hinkt bei der Gleichstellung der Geschlechter hinterher.

Frauen sind in den Führungspositionen der Oberhausener Stadtverwaltung trotz jahrelanger Bemühungen des internen Gleichstellungsamtes noch immer deutlich unterrepräsentiert. Lediglich ein Viertel der Rathaus-Führungskräfte, also 25 Prozent, sind Frauen. Das zeigt schonungslos der Gleichstellungsplan der Stadt für die Jahre 2022 bis 2026 auf, der die erreichte Chancengleichheit zwischen Frauen und Männer analysiert – und künftige Vorhaben zur Verbesserung der Situation von Frauen aufschreibt.

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Der Erfolg aller bisherigen Initiativen für mehr Chancengerechtigkeit der Geschlechter hat sich demnach bei der Stadt Oberhausen in den vergangenen 15 Jahren in engen Grenzen gehalten: Die Zahl der Bereichsleiterinnen, ihrer Stellvertreterinnen und Fachbereichsleiterinnen erhöhte sich kaum – von 27 im Jahr 2007 auf 29 im Jahr 2022. „Durch ihre geringe Zahl sind die Führungsfrauen oft auch in Unterzahl in ihrer täglichen Arbeit in Arbeitskreisen oder Dezernaten vertreten“, heißt es im Gleichstellungsplan, der auf 90 Seiten Zahlen, Daten, Fakten und Maßnahmen präsentiert. Kürzlich hatte sich der Rat mit dem Papier beschäftigt.

Führungsmentoring als „erfolgreiches Instrument“

Doch die Stadt möchte nun wirklich mehr Frauen an die Spitze holen. So wurden beispielsweise Führungsmentorings veranstaltet. „Sie sollten karrierebewusste Frauen dabei unterstützen, ihren beruflichen Werdegang weiterzuentwickeln, um ihr Ziel einer Führungsposition verfolgen zu können.“

CDU-Ratsfrau Georgis Schmidt.
CDU-Ratsfrau Georgis Schmidt. © CDU Oberhausen | Kurt Michelis

Die Oberhausener Gleichstellungsbeauftragte und Bereichsleiterin für Chancengleichheit, Britta Costecki, sprach im Gleichstellungsausschuss von einem „erfolgreichen Instrument“. Dass diese Erfolge noch nicht deutlich in den Zahlen sichtbar würden, liege auch daran, dass noch nicht alle Maßnahmen abgeschlossen seien. Darüber hinaus könnte die Stadt Führungspositionen nur neu besetzen, wenn sie frei werden. „Wir müssen uns den Möglichkeiten stellen, die wir in der Realität haben.“ CDU-Ratsfrau Georgis Schmidt nimmt auch die Frauen selbst in die Pflicht: „Frauen bewerben sich einfach zu wenig auf Führungspositionen.“

Bittere Realität ist für alle Freundinnen und Freunde der Gleichstellungspolitik auch, dass die oberste Spitze des Oberhausener Rathauses ausschließlich aus Männern besteht. Der Oberhausener Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) ist dabei von der Mehrheit des Wahlvolkes gewählt worden; die großen Parteien schafften es auch nicht, Frauen als OB-Kandidatinnen aufzustellen. Die aktuell sechs männlichen Beigeordneten, für Kommunen ähnlich wichtig wie Minister im Land und im Bund, wurden von der Mehrheit des Stadtrates gewählt.

Männer in Elternzeit sind nicht nur bei der Oberhausener Stadtverwaltung immer noch eine Seltenheit.
Männer in Elternzeit sind nicht nur bei der Oberhausener Stadtverwaltung immer noch eine Seltenheit. © Shutterstock / Leszek Glasner | Leszek Glasner

Dabei gab es vor noch nicht so langer Zeit durchaus Fortschritte in der im männlich dominierten Industriezeitalter entstandenen Stadt. Jedoch: Sabine Lauxen (Grüne) wurde als Umwelt-, Gesundheits-, Mobilitäts- und Planungsdezernentin im Juni 2020 nach acht Jahren von der Ratsmehrheit nicht wieder gewählt, Elke Münich (SPD) wurde als Schul-, Familien- und Sozialdezernentin sogar zweieinhalb Jahre vor dem Ende ihrer Amtszeit abgewählt.

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Beide überzeugten angeblich aus fachlichen, persönlichen und politischen Gründen die Mehrheit der Politiker nicht mehr. Danach kamen wieder Männer an die Macht in Oberhausen und errangen Posten, die den meisten Einfluss und das meiste Geld in der Kernverwaltung einbringen (etwa 8900 Euro bis 9500 Euro monatlich brutto).

Nur fünf Männer in Elternzeit

Oberhausens Gleichstellungsbeauftragte Britta Costecki.
Oberhausens Gleichstellungsbeauftragte Britta Costecki. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

So fällt das Fazit beim Blick auf die gesamte Gleichstellung im Rathaus und anderswo bei SPD-Gleichstellungspolitikerin Claudia Salwik wenig euphorisch aus: „Männer haben den Vortritt in Sachen Einkommenshöhe und Karriere, Frauen das Nachsehen und die Hauptverantwortung für familiäre Belange.“ Während in der Stadtverwaltung im vergangenen Jahr 75 Frauen meist zwischen ein und zwei Jahren in Elternzeit waren, zählt die Stadt bei den männlichen Beschäftigten lediglich fünf Personen. „Für Männer bedeutet das zwar erfolgreichere Erwerbsbiografien“, ordnet Salwik ein. „Allerdings verhindert die Sorge vor dem ,Karriereknick Kind‘, dass Männer hier ihren Mann stehen und familiäre Verantwortung übernehmen.“

Auch bei den Teilzeitbeschäftigten der Stadt Oberhausen bilden die Männer nur einen Anteil von sieben Prozent. Die übrigen 93 Prozent sind Frauen. Wer viele Jahre seines Lebens in Teilzeit arbeite, der sei im Alter potenziell von Armut betroffen, warnt Salwik. Mitarbeitende – und hier eben in erster Linie Frauen – müssten über die Folgen einer langfristigen Teilzeitbeschäftigung ausreichend informiert werden, findet auch Britta Costecki. „Wenn man sich damit beschäftigt, ist es meist schon zu spät.“ Auch hier möchte die Stadt mit Informationsveranstaltungen für die Arbeitnehmerinnen entgegenwirken.

Frauenanteil im Bereich Feuerwehr: Zwei Prozent

Besonders deutlich wird die Unterrepräsentanz weiblicher Angestellter beim Bereich Feuerwehr: Gerade einmal zwei Prozent der Menschen, die dort arbeiten, sind Frauen. Schon lange versuche die Stadt, das zu ändern, erklärt die Gleichstellungsbeauftragte. Doch vieles sei wegen Corona nicht möglich gewesen. Jetzt werbe das Rathaus aber etwa in Sportvereinen und in den Medien für eine Beschäftigung bei der Feuerwehr. Da dies bei Mädchen und Frauen auf Interesse gestoßen sei, schöpft sie Hoffnung für die Zukunft.

SPD-Frauenpolitikerin und -Ratsfrau Claudia Salwik
SPD-Frauenpolitikerin und -Ratsfrau Claudia Salwik © Funke Foto Services | Kerstin Bögeholz

Die SPD sieht Oberhausen bei der Gleichstellung trotzdem noch auf einem langen Weg, spricht sogar von einer „Herkulesaufgabe“. „Wir müssen uns selbstkritisch fragen, inwiefern es uns als Politik gelungen ist, dieser Ungleichheit entgegenzuwirken“, fordert Salwik. Ein Blick aufs Podium bei der Ratssitzung zeige, wie weit das Ziel entfernt sei: „Die versammelte Stadtspitze ist schließlich so weit weg von Parität wie nur möglich – das darf 2022 nun wirklich niemanden mehr zufriedenstellen. Die Uhren stehen in Oberhausen noch auf die alte Zeit.“