Oberhausen. . Zweieinhalb Jahre vor Ende ihrer offiziellen Amtszeit hat der Rat der Stadt Oberhausen die Sozial- und Schuldezernentin Elke Münich abgewählt.
Mit sofortiger Wirkung ist die 57-jährige Sozialwissenschaftlerin Elke Münich (SPD) von ihren Aufgaben als Dezernentin für Familie, Jugend, Schule, Bildung und Soziales entbunden worden.
Der Rat der Stadt Oberhausen hat am Montag um 15.25 Uhr mit der notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheit die Beigeordnete (Wahlbeamtin) in ihrer Abwesenheit abgewählt – zweieinhalb Jahre vor dem eigentlichen Ende ihrer Amtszeit von insgesamt acht Jahren.
Die Abstimmung erfolgte offen per Handzeichen ohne vorherige Diskussion: Es stimmten 51 Ratsleute von SPD, CDU, Grünen, BOB und der Oberbürgermeister für die Abberufung, neun stimmten dagegen (Linke, FDP, Offen für Bürger, Bürgerliste). Der Rat wurde kurz unterbrochen, um Elke Münich die Nachricht telefonisch zu übermitteln.
Nach der NRW-Gemeindeordnung darf die Politik bei der Abwahl eines Wahlbeamten nicht öffentlich darüber debattieren – einziger genannter Grund für den stadthistorisch einzigartigen Schritt: „Vertrauensverlust“.
Stadthistorisch einzigartiger Fall
Bisher hatte die hiesige SPD noch nie ihren eigenen Dezernenten auf offener Bühne abgewählt. Es war in Oberhausen politische Praxis, ungeliebte Beigeordnete auf vermeintlich besser geeignete, aber mindestens ebenso lukrative Geschäftsführer-Posten der Stadttöchter zu hieven. Münich soll hier zwei Angebote abgelehnt haben.
In Erwartung ihrer Abwahl hat Elke Münich bereits in den letzten Wochen Urlaub genommen; bis zum Ende ihrer Amtszeit am 31. Dezember 2021 erhält sie den Großteil ihrer Besoldung (B4, etwa 8500 Euro brutto im Monat).
Undiplomatisch im Umgang mit Interessengruppen
Wie zu hören war, liegt der eigentliche Grund für die Abwahl nicht darin, dass Elke Münich einen schwerwiegenden Fehler gemacht oder gar das Gesetz gebrochen hat, sondern allein darin, dass sie sich als wenig diplomatisch im Umgang mit verschiedenen politischen Interessengruppen erwiesen und als überfordert in einigen Bereichen ihres Mega-Aufgabengebiets gegolten hat. Zudem wurden ihr extrem hohe Kostensteigerung bei der Betreuung schwieriger Familien zur Last gelegt.
Dezernentin Münich hätte gerne weiter gemacht
Münich selbst wollte sich zu dem Anfang April bekannt gewordenen Abberufungsplan von SPD und CDU nicht äußern. Sie sagte damals nur auf Nachfrage der Redaktion: „Ich würde gerne meine Arbeit bis zum Ende meiner Amtszeit weiterführen.“
Nach der Abwahl von Elke Münich genehmigte der Rat mit breiter Mehrheit (acht Gegenstimmen) die Ausschreibung zweier Spitzenpositionen in der Stadtführung. Danach werden die Amtsbereiche Soziales und Schule wieder getrennt. Man sucht nun einen Dezernenten für die Aufgaben Kinder, Jugend, Schule, Integration und Sport in der Besoldungsstufe B4,
In der gleichen Gehaltsstufe wird eine Beigeordnetenstelle für Ordnung, Bürgerservice, Personal, Immobilien, Computer-IT und Feuerwehr ausgeschrieben.
Ordnungsdezernent künftig Sozial-Beigeordneter
Jetzt noch nicht im Rat, aber schon in der Planung: Ordnungs- und Rechtsdezernent Frank Motschull soll sich künftig um Soziales kümmern. In einem weiteren Schritt soll Umwelt-, Gesundheits- und Planungsdezernentin Sabine Lauxen (Grüne) wohl den Bereich Stadtplanung abgeben. Wer diese Aufgabe erhält, ist noch nicht abschließend geklärt.
>>>INFO: Linke kritisieren „elende Postenschieberei“
Im Stadtrat warfen die Linken der SPD während der Debatte um die Ausschreibung der zwei Beigeordneten-Stellen „elende Postenschieberei“ vor. „Sie will nur vor Wahlen viele Claims retten.“ Albert Karschti (OfB) verurteilte die „Hinterzimmer-Politik“. Hans-Otto Runkler (FDP) kritisierte, dass nun zwei teure Beigeordneten-Stellen statt einer Beigeordneten-Stelle geschaffen werden.
Übrigens: Mit der Abberufung als Beigeordnete verliert Elke Münich auch Funktionen als städtische Vertreterin in Versammlungen der Stadtfirmen „Beschäftigungsförderungsgesellschaft (BFO)“, den städtischen Altenheimen ASO und für das mit der Arbeitsagentur betriebene Jobcenter. Auch dies hat der Rat mit breiter Mehrheit am Montag entschieden