Mainz. Die Oberhausener CDU-Fraktion hat Mängel des Wirtschaftsstandortes analysiert – und dringt darauf, junge Menschen für die Stadt zu begeistern.
Die bisherigen Anstrengungen, den Wirtschaftsstandort Oberhausen nach vorne zu bringen, reichen der Oberhausener CDU-Ratsfraktion nicht aus. Zwei Jahre anhaltende Pandemie, akuter Energie-Engpass, extrem steigende Preise und drohende Weltwirtschaftskrise im nächsten Jahr – da dringen die Christdemokraten auf eine Wirtschafts-Offensive für Oberhausen. Das hat die 19-köpfige Fraktion auf ihrer diesjährigen Klausurtagung in Mainz beschlossen.
Die Probleme Oberhausens unterscheiden sich nicht so sehr von anderen Ruhrgebietsstädten – und liegen auf der Hand: Es gibt zu wenige freie Areale, auf denen sich ansiedlungswillige Unternehmen festsetzen können, es fehlen allerorten Fachkräfte, es müssen mehr Existenzgründer gewonnen und junge Leute für Oberhausen begeistert werden. Und dabei muss nach Ansicht der CDU auch noch das Image der Stadt als lebenswerter bezahlbarer Ort mit attraktivem Freizeitangebot gestärkt werden.
CDU-Fraktionsvorsitzende Stehr: Oberhausen zieht an!
„Wir benötigen mehr Gewerbeflächen, eine intensive Förderung von Gründern und eine zugkräftige Ausbildung von Fachkräften“, formuliert CDU-Ratsfraktionschefin Simone-Tatjana Stehr die Ziele. „Gerade in Zeiten, in denen Krise auf Krise folgt, wollen wir konkrete Verbesserungen des Standorts erreichen. Unser Motto: Oberhausen zieht an und ist anziehend!“
Neue Töne aus der CDU-Fraktion, die bisher die Rathaus-Spitze, allen voran Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU), emsig gelobt hat? Ja und nein. Die CDU-Politiker begeistern sich unvermindert an den wirtschaftlichen Erfolgen der Stadt seit Amtsantritt von Schranz 2015: das Logistikzentrum von Edeka/Picnic mit 1000 bis 2000 Arbeitsplätzen östlich der A 3, viele Hundert Jobs in den Logistikhallen auf dem Segro-Gelände westlich der Autobahn, die Ansiedlung von Topgolf, der Umbau des alten Kaufhofs in ein Hotel und das Jobcenter-Bürogebäude mit exklusivem Dachgarten in der Innenstadt. Doch die CDU-Ratsfraktion hat nun, unterstützt und angefeuert von Wirtschaftsförderer Michael Rüscher wie dem Oberbürgermeister selbst, das Gefühl, dass man nach der Pandemie-Pause in Konkurrenz zu anderen Städten wieder mehr Gas geben muss.
23 Flächen im Stadtgebiet für Gewerbe aktivieren
So winkt die CDU das Konzept von Rüscher durch, 23 frühere bereits genutzte Flächen in der Gesamtgröße von 60 Hektar für Neuansiedlungen von Firmen zu aktivieren. Darunter befinden sich auch Flächen auf dem Stahlwerksgelände, auf dem MAN-Gelände, auf dem früheren Areal der Zeche Sterkrade und des früheren Maschinenbauers Newag.
Hoher Gewerbesteuersatz
Trotz stark steigender Kreditzinsen und einer Schuldenlast von fast zwei Milliarden Euro hält Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) mit der Oberhausener CDU-Ratsfraktion an dem Ziel fest, den Gewerbesteuersatz für Unternehmen abzusenken. Denn mit 580 Prozent müssen Unternehmen in Oberhausen so viel Gewerbesteuern zahlen wie in kaum einer anderen NRW-Stadt. Nur die Gemeinde Inden im Kreis Düren liegt mit 600 Prozent vor Oberhausen – und Mülheim mit ebenfalls 580 Prozent.
Schranz: „Der Gewerbesteuersatz ist zu hoch und schreckt ab.“ CDU-Fraktionschefin Simone-Tatjana Stehr: „Unser Ziel bleibt, die Gewerbesteuer zu senken. Aber dies hängt auch daran, ob Land und Bund uns helfen, das Problem der hohen Altschulden zu lösen.“
Ansiedlungswillige Interessenten gibt es nach Angaben von Rüscher genug. Oberhausen benötigt dafür zehn Hektar Freifläche im Jahr. Mangelnde Gewerbeflächen? Hat man da nicht voreilig so große Flächen im Norden (29 Hektar allein für Edeka) an Logistiker mit zu wenig Jobs abgegeben? Nein, sagt CDU-Fraktionsvize Denis Osmann: „Logistiker benötigen zwar große Flächen, haben aber in Oberhausen auch im Vergleich zu anderen Branchen pro Hektar sehr viele Arbeitsplätze geschaffen.“
Große Chancen rechnet sich die CDU-Ratsfraktion aus, den Zuschlag des Landes für einen Zukunftscampus der beruflichen Lehre zu schaffen – Oberhausen soll zur „Azubi-Stadt“ werden mit großer regionaler Ausstrahlung. „Es fehlen Fachkräfte, deshalb ist der Schlüssel zur Behebung des Mangels eine gute Ausbildung im dualen System“, analysiert Simone-Tatjana Stehr. Mit einem Oberhausener Zentrum für Azubis der Handwerks-, Bau- und sozialen Berufe soll die bei jungen Menschen im Vergleich zum Studium nicht mehr so sehr begehrte Lehre aufgemöbelt werden. Ähnlich wie beim gerade an der Marktstraße entstehenden Lehrer-Ausbildungszentrum hofft man, dass junge Leute aus der Region Oberhausen so gut kennen- und schätzen lernen, dass sie in die Stadt ziehen.
Erleichtern will die CDU sowohl Fachkräften aus dem Ausland als auch Existenzgründern, die Stadt zu entdecken. Sie sollen durch eine „Willkommens“-Politik von kundigen Oberhausenern an die Hand genommen werden, um diese durch den Bürokratiedschungel für Jungunternehmer und Ausländer zu lotsen – inklusive Wohnungsvermittlung.
Dass es nicht nur auf die harten Fakten ankommt, um Neubürger zu gewinnen, ist den neuen Kräften unter den Stadtverantwortlichen, Wirtschaftsförderer Michael Rüscher und Planungsdezernent Thomas Palotz (CDU), mit ihrer Sicht von außen nur allzu sehr bewusst. „Gerade jüngere Leute achten darauf, was die Stadt an Lebensqualität zu bieten hat. Und da müssen wir uns auch stärker um die scheinbar kleineren Themen kümmern. Mainz zeigt an diesem Wochenende, wie Plätze gestaltet sein müssen, um anziehend zu sein. Oberhausen hat hier noch unglaubliches Potenzial mit seinen historischen Gebäuden und Plätzen“, meint Palotz.