Oberhausen. In Oberhausen baut Edeka Rhein-Ruhr das größte, teuerste und technisch beste Logistikzentrum seiner Geschichte. Ein Vor-Ort-Besuch.

Ob man die Flächenzahl 288.000 Quadratmeter oder die umgerechnete Zahl 40 Fußballfelder nimmt – kein Normalbürger kann sich wirklich vorstellen, wie groß dieses Areal an der Sterkrader Waldteichstraße östlich der Autobahn A3 ist.

Teile der Lagerhallen werden bis zu 34 Meter hoch. Die größten Bereiche haben eine lichte Höhe von 15 oder 22 Metern.
Teile der Lagerhallen werden bis zu 34 Meter hoch. Die größten Bereiche haben eine lichte Höhe von 15 oder 22 Metern. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Erst wenn man mit seinem kleinen Privatwagen hinter einem Großlaster mit Fertig-Betonteilen über die Baustelle tuckert und Gefahr läuft, sich hier irgendwo zwischen Baucontainern, Radwaschanlage, Wiesenfläche und den hunderte Meter langen Rohbau-Hallen zu verfahren, begreift man richtig, wie gigantisch dieses Projekt des Lebensmittel-Händlers Edeka Rhein-Ruhr ist.

Und dann sieht man diese vielen vielen Türen, die auf den ersten Blick an den bereits fertiggestellten beiden riesigen Gebäudekomplexen mit einer lichten Höhe von 15 bis 22 Metern so klein wirken, aber der zügigen Entladung und Beladung von täglich 500 dicken Lastern dienen – 220 Türen werden es am Ende insgesamt sein.

200 Millionen Euro Investition ins Logistikzentrum

Seit zehn Monaten baut Edeka-Rhein-Ruhr auf dem Gelände der ehemaligen Kohlereservehalde sein mit 90.000 Quadratmetern Lagerfläche größtes Logistikzentrum für Lebensmittel und sonstige Waren, die bei Edeka-Händlern in der Region verkauft werden. Mit 200 Millionen Euro Investitionssumme ist es das größte Immobilienprojekt in der über hundertjährigen Geschichte des genossenschaftlich organisierten Lebensmittelhändlers.

Von Oberhausen aus werden ab Mitte 2022 rund tausend Lkw-Fahrten pro Tag dafür sorgen, dass Menschen genug Lebensmittel in 320 Edeka-Filialen finden und kaufen können. Von den durchschnittlich 25.000 bis 30.000 Artikeln in einem Edeka-Supermarkt werden 20.000 Artikel in Oberhausen umgeschlagen. Im Logistikzentrum wird es einen Bereich für trockene Lebensmittel, für Gefrierware und für Frischware wie Obst und Gemüse geben; ein Hallenteil wird dabei sogar eine lichte Höhe von 34 Metern erreichen.

Edeka-Logistik-Geschäftsführer Thomas Kerkenhoff (links) stellte den Baufortschritt des Logistikzentrums vor 30 Teilnehmern der CDU-Erfolgstour vor. Vorne sitzt Oberbürgermeister Daniel Schranz.
Edeka-Logistik-Geschäftsführer Thomas Kerkenhoff (links) stellte den Baufortschritt des Logistikzentrums vor 30 Teilnehmern der CDU-Erfolgstour vor. Vorne sitzt Oberbürgermeister Daniel Schranz. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Gigantische Zahlen, gigantische Räume – zum ersten Mal durfte eine Gruppe von Oberhausenern, allen voran Oberbürgermeister Daniel Schranz, die fertiggestellten Hallenbereiche betreten. Im Kommunalwahlkampf, derzeit auf „CDU-Erfolgstour“ durch Oberhausen, nutzt der Amtsinhaber die Chance, seine Vorzeigeprojekte zu präsentieren.

SPD-Kandidat Berg: Fläche verschwendet

Sein Herausforderer, Thorsten Berg (SPD), hatte bei seiner Kandidatur genau dieses Edeka-Projekt scharf angegriffen: Hier werde eine wertvolle Gewerbefläche an einen Logistiker verschwendet, der zwar große Areale benutzt, aber nur wenige Arbeitsplätze bringt. Die SPD-Fraktion im Rat hatte allerdings dem neuen Logistikzentrum in allen Gremien zugestimmt.

In der Halle selbst erinnerte Schranz daran, dass das Gewerbegebiet im Eigentum des Duisburger Unternehmens Logport seit sehr vielen Jahren brach gelegen habe – und Investoren dafür nicht gerade Schlange gestanden hätten. Man habe (zu) lange gewartet, ob der Bund noch eine Autobahn-Abfahrt der A3 zur Erschließung der Gewerbegebiete rechts und links bauen würde.

Neue Straße schließt mehrere Gewerbegebiete an

Erst mit der zum Teil durch Landesmittel finanzierten neuen Verbindungsstraße von der A3-Anschlussstelle Holten seien die wertvollen Flächen östlich (Edeka) und westlich der A3 (Leckerland, Segro) erschlossen worden. „Die neue Straße hat Vorteile für Anwohner, für die meisten wird der Verkehrslärm reduziert; das Edeka-Logistikzentrum bringt dringend notwendige Arbeitsplätze für Oberhausener“, sagt Schranz. „Denn ein hochtechnisiertes Lager lässt sich nicht ohne Beschäftigte, darunter auch viele hochqualifizierte IT-Techniker und Mechatroniker, fahren.“

Keine Solaranlage, kein Dachgrün

Im Kommunalwahlkampf ist immer wieder kritisiert worden, dass Edeka auf den großen Dachflächen weder Solaranlagen zur Stromerzeugung installiert noch Begrünungen geplant hat. „Wir haben das von externen Sachverständigen überprüfen lassen, aber das war wirtschaftlich nicht darstellbar“, sagt Peter Meis, Expansions-Abteilungsleiter von Edeka. Ein Teil des Dachs werde bereits durch Leitungen und Hallen-Anlagen genutzt; durch eine höhere Belastung hätte aus statischen Gründen die Zahl der Hallenpfeiler kostenträchtig aufgestockt werden müssen.

Edeka handele aber gerade hier in Oberhausen umweltfreundlich – durch die Installation eines Blockheizkraftwerkes. Durch die Nutzung von Abwärme der Maschinen sei kaum Energie für Heizung, Lüftung oder Kühlung des Gebäudes notwendig. Zudem gibt Edeka an, dass durch das neue Logistikzentrum in Oberhausen 11.000 Lkw-Fahrten im Jahr, insgesamt 2,2 Millionen Kilometer, eingespart werden, weil Umwege vom Lager Hamm aus entfallen.

Tatsächlich versichert Edeka-Logistik-Geschäftsführer Thomas Kerkenhoff, dass Edeka sich an sein Versprechen hält. „Wir schaffen hier in Oberhausen 1000 Arbeitsplätze. Durch Automatisierung und Digitalisierung fällt zwar monotone und harte Knochenarbeit weg, aber viele Aufgaben können nicht durch Computer und Roboter ersetzt werden. Denn was Hände bei empfindlichen und sperrigen Gütern erledigen können, ist durch Technik nicht leistbar.“

In diesen Hallen sollen künftig 1000 Beschäftigte arbeiten. Die Tore unten dienen der schnellen Abfertigung der Lebensmittel-Laster.
In diesen Hallen sollen künftig 1000 Beschäftigte arbeiten. Die Tore unten dienen der schnellen Abfertigung der Lebensmittel-Laster. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Gesucht werden in Oberhausen IT-Techniker, Mechatroniker, Elektriker, Kfz-Mechaniker, Fahrer, Lagerarbeiter, Maschinenführer. Allerdings schafft Edeka an der Waldteichstraße nicht 1000 vollkommen neue Jobs – geschätzt etwa 350 bis 400 Beschäftigte werden wohl ab Mitte 2020 vom alten Lager-Standort Moers nach Oberhausen wechseln.

Potenzial an mehr Arbeitsplätzen

Theoretisch hat Edeka in Oberhausen auch noch Ausbau-Potenzial – und sieht durchaus intern Chancen für insgesamt 1500 bis 2000 Arbeitsplätze. Doch Kerkenhoff ist vorsichtig: „Wir haben 1000 Arbeitsplätze zugesagt und dabei bleibt es. In unserem Logistikzentrum Hamm, 2006 in Betrieb genommen, haben wir allerdings mit 500 Beschäftigten begonnen – und jetzt sind es 1200.“ Denn das in Moers sitzende Unternehmen wächst seit vielen Jahren kräftig: Von 2004 bis 2018 stiegen die Verkaufserlöse von zwei auf fünf Milliarden Euro im Jahr.

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Bemerkenswerte Lobeshymnen sang Kerkenhoff beim „Erfolgstour“-Termin auf die Oberhausener Stadtverwaltung: „Wir bauen viele Immobilien. Wir haben aber noch in keiner Stadt erlebt, dass wir eine Baugenehmigung inklusive Bimschg (Bundes-Immissionsschutzgesetz) für ein großes Bauvorhaben innerhalb von nur sechs Monaten in der Hand hielten.“

Peter Meis (Edeka Abteilungsleiter Expansion) und Thomas Kerkenhoff (Edeka-Logistik-Geschäftsführer) in den ersten fertig gestellten Hallen des Logistikzentrums.
Peter Meis (Edeka Abteilungsleiter Expansion) und Thomas Kerkenhoff (Edeka-Logistik-Geschäftsführer) in den ersten fertig gestellten Hallen des Logistikzentrums. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Schranz konnte beim Besuch ebenfalls Lob loswerden: „Was seit dem Spatenstich innerhalb von zehn Monaten hier auf der Baustelle mit einer schier unglaublichen Geschwindigkeit geleistet wurde, ist verblüffend.“ Mitte 2021 sollen erste Hallenteile in Betrieb gehen, ab Mitte 2022 läuft das Lager unter Volldampf – dank einer Baustelle, auf der vorproduzierte Fertigteile sofort bei Anlieferung durch Lkw verbaut werden. Trotz Corona-Pandemie konnte der Zeitplan bisher eingehalten werden.