Oberhausen. Zwei Arbeitstage brauchen Experten aus Duisburg, um das zweitschwerste Exponat des Oberhausener Industriemuseums ins Freie zu bugsieren.

Der erste Eindruck in der weiten, leergeräumten Halle der Zinkfabrik ist Verblüffung: Wie soll dieser insgesamt 53 Tonnen schwere, neun Meter hohe und acht Meter breite Trumm durchs freigelegte Dachfenster passen? Muss er auch nicht. Der historische Dampfhammer – von Ausmaßen und Gewicht das zweitgrößte Exponat des LVR-Industriemuseums an der Hansastraße – schwebt in mehreren Teilen durch die Decke. Dabei sind selbst Hammer, Amboss und die beiden wuchtigen Schenkel der Konstruktion für sich schon imposant.

Den speziellen Auftrag im Gewichtheben übernahm die Duisburger Restaurierungsfirma „Die Schmiede“ – als angesehene Experten in dem hochspeziellen Metier, industrielle Großexponate sicher und konservatorisch korrekt von A nach B zu bewegen. Die Experten mit Sitz im Landschaftspark Nord haben auch schon Plastiken des hoch gehandelten US-Bildhauers Frank Stella unter ihre Fittiche genommen. „Die Schmiede“, sagt Burkhard Zeppenfeld, „hatte schon 1997 erste Aufträge von uns, da war die Firma gerade gegründet“.

Schon das „Anschlagen“ der Werkteile an den Kran bedeutet aufwendige Präzisionsarbeit.
Schon das „Anschlagen“ der Werkteile an den Kran bedeutet aufwendige Präzisionsarbeit. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Der Historiker und Leiter der Zinkfabrik Altenberg erklärt den Hintergrund des beträchtlichen Aufwands, für den die Techniker zwei Tage veranschlagen: Der Dampfhammer soll auch in der künftigen Dauerausstellung der Zinkfabrik „eine tragende Rolle“ erhalten. Allerdings sind die Räume für Tagungen, Sonder- und Dauerausstellungen in der langgestreckten Fabrikhalle künftig neu verteilt. Und das gewaltige Schmiedewerkzeug vom Ende des 19. Jahrhunderts wird einen neuen Standort (näher zur Hansastraße) erhalten – um dort erneut als Blickfang zu wirken.

Halle wäre zu zerbrechlich für Dampfhammerschläge

Den Zwei-Ständer-Dampfschmiedehammer fertigte die Firma J. Banning AG aus Hamm – wie passend. Er diente beim Bochumer Verein für Bergbau- und Gussstahlfabrikation zur Herstellung von großen Schmiedestücken wie Achsen, Wellen oder Rädern. Später gehörte das Bochumer Werk zur Vereinigte Schmiedewerke GmbH, von der das LVR-Industriemuseum den Hammer schließlich 1989 übernommen hat. Die naive Frage, ob das 53 Tonnen schwere Teil noch funktionstüchtig ist, beantwortet der Museumsleiter mit einem Wink zu den vergleichsweise zarten Stahlträgern der immerhin 166 Jahre alten Produktionsstätte der „Vieille Montagne“. Man sei ja in einer Zinkfabrik: „Diese Halle würde die Erschütterungen durch den Dampfhammer nicht aushalten.“

Von der Vorbereitung bis zur sicheren „Landung“ des ersten Bauteils ist bereits ein halber Arbeitstag vergangen.
Von der Vorbereitung bis zur sicheren „Landung“ des ersten Bauteils ist bereits ein halber Arbeitstag vergangen. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Burkhard Zeppenfeld erinnert sich an Filmaufnahmen aus dem Bochumer Verein: „Kollegen haben einen baugleichen Dampfhammer gefilmt und man konnte sehen, wie die Kamera vibrierte. Das zeigt, wie stark die Kräfte sind, die dort wirken.“ Die Schlagkraft des Großexponats betrug sechs Tonnen. Eine erfahrene Schmiedemannschaft aus bis zu zwölf Arbeitern konnte mit diesem Hammer sehr präzise Räder oder Wellen herstellen.

Künftig ein Museum des Industriezeitalters

Für die vor drei Jahren ebenfalls per Kran aus dem Museum bewegte Dampflokomotive plant das Industriemuseum einen noch größeren Auftritt: Die Güterzug-Lok Nr. 2429 soll aus der Halle nach draußen durchbrechen – mit einem „Bild, das sich einbrennt“, wie Dr. Zeppenfeld sagt. Die in den Fabrikhof hinausragende schwarze „Schnauze“ des 80-Tonners verspricht den ultimativen Hingucker. Und doch, betont der Museumsleiter, werde sich die neue Dauerausstellung grundlegend wandeln – wenn sie denn im Herbst 2024 eröffnen kann. „Wir werden dann kein Branchenmuseum mehr sein,“ so Burkhard Zeppenfeld. „Wir wollen die Geschichte der Menschen zeigen – den Wohlstand, den das Industriezeitalter geschaffen hat, aber auch die Brüche.“

Bauzäune, Umweg und Abkürzung

Neben dem Aus-„Flug“ des Dampfhammers stehen im Multi-Millionen-Projekt Zinkfabrik Altenberg weitere Arbeiten an. „Die Gewerke sind voneinander abhängig“, sagt Museumsleiter Burkhard Zeppenfeld. Als nächstes saniert der Metallbau das Stahlskelett der Walzhalle, zudem wird der „Medienkanal“ im Fußboden fertigstellt. Zusätzlich beginnen die Dachsanierung und umfangreiche Arbeiten an der Fassade.

Im Außengelände hat dies eine neue Baustelleneinrichtung samt Bauzaun zur Folge. Der direkte Durchgang von der Hansa- zur Altenberger Straße ist gesperrt. Wer das Zentrum Altenberg erreichen will, muss einen Umweg über die Familienstraße gehen – oder man entdeckt eine Abkürzung rund um die Direktorenvilla. Diese Passage ist allerdings als Kiesweg und mit einigen Treppenstufen nicht barrierefrei.

Die neue Sammlung ist noch nicht abgeschlossen. Museumswürdig sind heute selbst frühe Spielkonsolen und andere digitale Statussymbole. Und der Dampfhammer? Der wird während des Sommers – „gut verpackt“, so der Museumsleiter – auf seinen Wiedereinzug warten. Und auch für den Rückweg wird das gewaltige Exponat aus Hamm wieder durchs Dach in die Zinkfabrik einschweben.

Das Museumsteam informiert laufend über den Umbau der Zinkfabrik Altenberg in seinem Blog: https://zinkfabrikaltenberg.blog/