Oberhausen. . Die Güterzug-Lok Nr. 2429 aus dem Zentrum Altenberg berührt erstmals seit 1994 wieder Gleise. Bis 2022 bleibt sie im Landschaftspark Duisburg.
„Die Männer wissen ganz genau, was sie tun“, sagt Ingrid Trocka-Hülsken, blickt ein wenig müde und dennoch gebannt Richtung schwebender Lok. Per Funk gibt ein Mitarbeiter der Kranfirma kurze Infos an seine beiden Kollegen weiter, die jeweils einen Autokran steuern. Nur vereint ist die Last der 80 Tonnen schweren Dampflok zentimetergenau zu manövrieren. Es ist bitterkalt am Mittwochmorgen und LVR-Pressesprecherin Ingrid Trocka-Hülsken ist froh, wenn die geschichtsträchtige Zug-Spitze erst auf den Gleisen sitzt: Damit wäre ein großes Stück Arbeit vor dem Umbau des LVR-Industriemuseums Zinkfabrik Altenberg geschafft.
20 Millionen kostet die Neugestaltung der Halle und der Dauerausstellung insgesamt und eigentlich soll 2021 alles fertig sein. Doch: „Es wird wohl ein Jahr länger dauern als ursprünglich angenommen“, bestätigte Schauplatzleiter Burkhard Zeppenfeld. Eine Mammut-Aufgabe wie den Schwertransport müsse und wolle er natürlich begleiten. Die Leitung des Unterfangens überließ das LVR-Team aber echten Profis auf diesem Gebiet.
„Mit der Schnauze“ durch die Wand
In drei Phasen setzt „Die Schmiede“, ein Restaurierungsunternehmen aus Duisburg, haargenau alles um, damit das schwerste und eines der letzten Exponate aus der Ausstellung des Industriemuseums den Weg in sein Übergangsquartier findet. In Phase eins wurde die Lok am Dienstag aus dem Museum schon einmal ins Schlepptau zweier gigantischer Autokräne genommen und auf einen Tieflader verladen. Phase zwei startete mitten in der Nacht zu Mittwoch, um dem Verkehr rund um den Oberhausener Bahnhof aus dem Weg zu gehen.
Begleitet wurde der Tross übrigens von zahlreichen Schaulustigen und Eisenbahn-Liebhabern, die trotz der frühen Morgenstunden fleißig fotografierten und Videos drehten. Ein Kamerateam des LVR filmte natürlich auch – für eine spätere Dokumentation zum Umbau.
Auf der Hansastraße kam der Transport ab 3 Uhr bis zum Betriebsgelände der Deutschen Bahn zwar nur langsam voran, jedoch rangierte die Lok per Tieflader und dank gleich neun Achsen sowie Fernsteuerung relativ flott ans Gleis. Dieses Ungetüm in Schwarz-Rot ohne Schäden aufs Gleis zu befördern, erforderte noch deutlich mehr Geduld und Fingerspitzengefühl von den Männern im Kran und am Funkgerät. Um 6.30 Uhr war es soweit: Das erste Mal seit 1994 berührte die Dampflok vom Baujahr 1942 wieder echte Eisenbahn-Gleise.
In den Landschaftspark Nord
Selbständig fahren wird die Lok allerdings nicht mehr: Spezialisten der Bocholter Eisenbahn schieben und ziehen die alte Lok mit einer neuen, 2000 PS-starken Diesellok erst nach Duisburg und in Phase drei schließlich über Werksgleise von Thyssen in den Landschaftspark Nord rund um das stillgelegte Hüttenwerk in Meiderich. Dort darf die Lok trocken und sicher in einer Halle verschnaufen.
Dass die 1942 zu Rüstungszwecken gebaute Nr. 2429 wieder Besucher in die Zinkfabrik Altenberg locken wird, steht außer Frage, sagt die LVR-Pressesprecherin. Bis dahin sollen die Sanierungsarbeiten voranschreiten. Trennende Wände werden eingerissen. Sogar die komplette obere Etage im Museum muss weichen. Während die Bauarbeiter hämmern und sägen, arbeitet das LVR-Team am neuen Konzept. Eines ist bereits klar: Die Lok wird wieder eine große Rolle spielen. Sie soll als spektakulärer Hingucker „mit der Schnauze nach draußen“ die Fassade durchbrechen.
>>> Bis in die 1970er Jahre im dampfenden Einsatz
Die seit 1939 gebauten Güterzuglokomotiven der Baureihe 50 mit einer führenden Laufachse und fünf Kuppelachsen zählen zu den gelungensten Konstruktionen der Deutschen Reichsbahn. Bis 1948 wurden 3164 Maschinen gebaut. Die auf 80 Kilometer pro Stunde ausgelegten Lokomotiven hatten Schlepptender, in denen ein Vorrat an Wasser und Brennstoff mitfuhr.
Die Dampflok des LVR mit der Nummer 2429 beendete Mitte der 1970er Jahre ihren Dienst. Trotz der Kriegsverluste waren 1945 noch sehr viele Maschinen übrig geblieben. So übernahm die Bundesbahn 2159 einsatzfähige Lokomotiven, welche lange Zeit (mit der Reihe 44) das Rückgrat des Güterverkehrs bildeten und auch noch im Personenzugverkehr eingesetzt wurden.