Oberhausen. LVR-Industriemuseum und Soziokulturelles Zentrum beweisen sich als gute Nachbarn. Beide wollen die Top-Lage als Tagungszentrum ausbauen.
„Wir sind noch da!“ Christoph Kaiser wünscht sich etliche Ausrufezeichen hinter diesen Satz – auch wenn das markante Portal der Zinkfabrik Altenberg zur Hansastraße seit Monaten einen ganz anderen Eindruck macht: Gitter versperren den direkten Zugang, und Schilder verweisen Fußgänger auf einen fünfminütigen Umweg, um das Soziokulturelle Zentrum via Altenberger Straße zu erreichen.
Der Vorstandssprecher der sieben Soziokulturellen Vereine unter den Fabrikdächern und die Leitung des Museums – derzeit Verursacher von Bauzäunen und Umwegen – sprechen gemeinsam über Wege zu einer neuen, wie bisher gemeinsam genutzten Zinkfabrik Altenberg. Und die hat eine selbst für das Ruhrgebiet einzigartige Tradition, wie Museumsleiter Burkhard Zeppenfeld betont: Die Gründung der belgischen Gesellschaft „Vieille Montagne“, die hier seit 1855 Bleche produzierte, „ist die einzige Fabrik, die in dieser Geschlossenheit seit der Kaiserzeit erhalten ist“.
Da dauert auch die Umrüstung in ein zeitgemäßes Museum etwas länger. Das LVR-Industriemuseum mit seinen sieben Standorten vom Kraftwerk in Engelskirchen bis zur St. Antony-Hütte in Osterfeld hatte seine umfassende Erneuerung unter dem Motto „Vision 2020“ propagiert – als Jahreszahl eine gewagte Prognose. „Damit waren alle sieben Schauplätze gemeint“, erklärt Zeppenfeld. „An den anderen Orten ist schon viel umgesetzt.“
Dampfhammer schwebt am Schwerlastkran
In der Zinkfabrik sah es noch derbe nach Baustelle aus, als sich im März kurzzeitig ein Teil der langgestreckten Halle für das Medienkunstfestival „Futur 21“ öffnete – noch so ein zukunftsfroher Slogan. In Kürze steht erst einmal ein – auch logistischer – Kraftakt an: Im Juli soll der gewaltige Dampfhammer umgesetzt werden, das gewichtigste Exponat neben jener Dampflokomotive, die bereits 2019 am Schwerlastkran aus der Halle schwebte. Inzwischen nannte Museumsdirektor Walter Hauser dem Kulturausschuss Ende 2024 als – längst nicht gesichertes – Eröffnungsdatum.
Unwägbarkeiten seien eben „normal beim Bauen im historischen Bestand“, erklärt Christoph Kaiser – zwar wenig begeistert, aber verständnisvoll. In seiner Zeit beim nahen Druckluft-Zentrum habe er das selbst erlebt. „Konfliktpotenzial“ sieht Kaiser während der langen Bauzeit beim Fabrikhof – und der Wegeführung dorthin: „Da müssen sich alle Seiten absprechen.“ Das Zentrum Altenberg steht schließlich nicht nur für die bekannt vielfältige Kultur: vom Walzenlager-Kino über Live-Konzerte und Disco-Abende im Eisenlager bis zu hochklassigen Ausstellungen des Vereins für aktuelle Kunst (VfaKR) in der Klempnerei.
„Hier sind sieben große Vereine vor Ort“, betont Kaiser – von Terre des Hommes über die Geschichtswerkstatt bis zum Magischen Zirkel. Von den Lockdown-Phasen mal abgesehen, herrscht rund um den Fabrikhof reger Publikumsverkehr: seien es Musikschüler oder Klienten der „Starthilfe“. Dem Sprecher des Soziokultur-Verbundes ist es „auch finanziell wichtig, dass alle Vereine hier arbeiten können“. Schließlich muss das Zentrum Altenberg alljährlich mehr als eine Million Euro erwirtschaften. „Wir haben keine Grundförderung“, so Christoph Kaiser. Über eine finanzielle Bestandssicherung wollen die Vereine endlich mit der Stadt ins Gespräch kommen.
Der Ausstellungssaal als Multifunktionshalle
Enge Abstimmung braucht dann auch das zweite Großprojekt nach dem Museumsumbau: Schließlich wünschen sich alle die Klempnerei, die bisher allein der VfaKR mit seinen feinen Ausstellungen bespielt, als teilbare Multifunktionshalle – in die dann auch Rocko e.V. zu zugkräftigen Gigs mit bis zu 800 Fans einladen könnte. „Bisher gibt es nur die Machbarkeitsstudie“, erklärt Kaiser. Die Bauplanung „bis in einzelne Gewerke“ bedeute jetzt noch reichlich Arbeit. Der LVR, ergänzt Burkhard Zeppenfeld, habe dagegen „eine eigene Bauabteilung im Hintergrund“. Frühestens 2025 könnte der Umbau der Klempnerei beginnen – womöglich genau zu dem Zeitpunkt, wenn das Industriemuseum wieder eröffnet.
Dann dürften die Museumsleute schwer über die benachbarte Baustelle seufzen – statt umgekehrt. Beide Seiten links und rechts des Fabrikhofes sehen übrigens im Tagungs-Business eine Säule ihrer guten Nachbarschaft. „Das Kesselhaus und die E-Zentrale“, sagt Maja Lange, die stellvertretende Museumsleiterin, „ist nach wie vor mietbar“.
Viele Nachfragen zur Noch-Dauerbaustelle
Das Zentrum Altenberg hat für manche Wochenenden mehr Vermietungsanfragen als es bedienen kann. „Wir haben definitiv höheren Platzbedarf“, sagt Christoph Kaiser. „Zentral und attraktiv“ – und noch dazu historisch einzigartig: So könnte sich die Noch-Dauerbaustelle „Vieille Montagne“ vermarkten lassen.