Oberhausen. Die AOK Weiss-Rot hat in Oberhausen erstmals ein rein weibliches Trio als Karnevalsregentinnen vorgeschlagen. Doch damit kamen sie nicht durch
Das gab es bisher in der Oberhausener Karnevalsgeschichte noch nie: Soll bald ein rein weibliches Karnevalstrio im Oberhausener Karneval das Zepter schwingen? Bei den 19 Vereinen im hiesigen Karneval führt dieses Thema zu heftigen kontroversen Debatten.
Am Dienstagabend kam die Entscheidung: Die Alte Oberhausener Karnevalsgesellschaft (AOK) Weiss-Rot schlug den Delegierten aller hiesigen Karnevalsvereine für die Session 2023/2024 eine rein mit Frauen besetzte Spitze vor. Die geheime Abstimmung brachte ein eindeutiges Ergebnis, für Außenstehende ein durchaus überraschendes: Der Antrag wurde mit großer Mehrheit abgelehnt.
Denn von 54 Stimmberechtigten sprachen sich 40 gegen Prinzin, Hofmarschallin und Ministerin aus. Es gab nur elf Ja-Stimmen und drei Enthaltungen. Andrea Schacht, Christiane Moczygemba und Heike Althoff hatten sich vor dem Wahlgang persönlich den versammelten Delegierten vorgestellt. Von den 19 in Oberhausen organisierten Karnevalsvereinen konnte jeder bis zu drei Delegierte für die Wahl entsenden.
Karneval: Keine Mehrheit für Prinzin, Hofmarschallin und Ministerin
Bislang regieren in Oberhausen Karnevalsprinz, Hofmarschall und Minister trotz jahrzehntelanger Debatten um mehr Gleichberechtigung der Geschlechter traditionell als reine Männerwirtschaft. Frauen dürfen nur Paginnen sein. Eine Prinzessin gibt es hier ausschließlich beim Kinderprinzenpaar. In Nachbarstädten wie Essen regieren dagegen auch erwachsene Prinzenpaare, die aus Prinz und Prinzessin bestehen.
Oberhausener Vereine, die runde Geburtstage und närrische Jubiläen feiern (11 x irgendwas), haben das Vorrecht auf eine Nominierung. Gewählt und bestätigt werden muss der Regent aber von allen Delegierten der 19 Vereine.
Kurios: Damit über die närrischen Frauen überhaupt abgestimmt werden konnte, musste bei der Hauptausschuss-Jahreshauptversammlung zunächst die jecke Satzung geändert werden. Hier gab es aber keinen Widerstand, die Delegierten beendeten kurz und bündig die alte Tradition, dass nur Männer den Karneval regieren dürfen. Ab sofort können also auch weibliche Regenten vorgeschlagen werden - ein historischer Beschluss.
Dass Karneval manchmal alles andere als heiter, sondern hohe Politik ist, zeigt dann allerdings die intensive Kontroverse um das von der AOK vorgeschlagene Frauen-Trio für die übernächste Session - mit einigen Nebenschauplätzen. „Wir sind natürlich enttäuscht“, sagt Michael Schulz als Vorsitzender der AOK Weiss-Rot. „Offensichtlich ist es noch nicht die Zeit für unseren Vorschlag. Es gab eigentlich keinen Grund, der dagegen spricht.“
Für die Amtszeit der Frauen hätten schon viele Sponsoren zugesagt. Die AOK Weiss-Rot hatte die Nominierung intern sogar einstimmig beschlossen.
Karneval: AOK Weiss-Rot spricht von einer verpassten Chance
Andere AOK-Aktive sprechen von einer verpassten Chance. Oberhausen hätte es versäumt, eine überfällige Vorreiter-Rolle einzunehmen. Das Thema werde auch in Jecken-Hochburgen wie Köln, wo bislang nur Männer im Dreigestirn klatschen, bereits diskutiert.
Dass sich der Karneval in Oberhausen grundsätzlich gegen ein weibliches Narrentrio stellt, sieht Klaus Kösling, Geschäftsführer des Dachverbandes Hauptausschuss Groß-Oberhausener Karneval, aber keineswegs. „Hier geht es nicht darum, Frauen im Karneval zu verhindern. Vielen Karnevalisten hat allerdings die Art und Weise, wie die Nominierung verkündet wurde, gegen den Kopf gestoßen.“
Zahlreiche Narren fühlten sich überrumpelt. Die AOK Weiss-Rot hatte die Vereine erst in einem Schreiben vom 16. Mai 2022 über ihr karnevalsgeschichtlich revolutionäres Vorhaben informiert. Einige Delegierte sagen nun, dass sie sich in den wenigen Tagen bis zur Abstimmung kein Stimmungsbild innerhalb ihres Vereins hätten machen können.
Karneval: Delegierte fühlen sich durch Nominierung überrumpelt
Andere Karnevalsabgeordnete beteuern, dass ihre Vereinsfrauen die Nominierung zwar grundsätzlich gutheißen, sich hier aber nur als Notstopfen fühlen. Denn der AOK Weiss-Rot waren zuvor zwei aussichtsreiche männliche Kandidaten auf das Amt des Stadtprinzen abgesprungen.
Das Thema wird den Oberhausener Karneval weiter beschäftigen. Zunächst übernimmt aber der unstrittig gewählte Rainer Lettkamp in diesem November das Prinzenzepter für die Session 2022/2023.
>>> Hauptausschuss plant eine außerordentliche Sitzung
Nach dem abgelehnten weiblichen Narren-Trio der Alten Oberhausener Karnevalsgesellschaft (AOK) fehlt für die Session 2023/2024 ein Karnevalsprinz. Die AOK trifft sich in einer Woche zur Vorstandssitzung, um über die weiteren Schritte zu beraten. Dass ein Ersatzkandidat nachgereicht wird, gilt aber als unwahrscheinlich.
Der Hauptausschuss Groß-Oberhausener Karneval wird vor den Sommerferien die Delegierten der Vereine zu einer außerordentlichen Sitzung einberufen. Thema: die Prinzenfrage. Auch andere Vereine könnten nun eigene Kandidaten vorschlagen.