Oberhausen. Kurz vor Aschermittwoch haben die Narren in Oberhauen die Session emotional verabschiedet. Termine gab es kaum. Der kommende Prinz steht fest.

Manch einer zuppelt sich die Jacke zusammen. Tagsüber war es noch sonnig, aber am späten Veilchendienstag wird es auf Burg Vondern schattiger. Erst recht in luftiger Karnevalsuniform. Die Narren sind es gewohnt. Der Abschied von Stadtprinz Jörg I. (Becker) und dem Kinderprinzenpaar Emma I. und Ben-Henri I. dagegen: Alles andere als Routine.

Die letzten Worte der Session am Dienstagabend fallen emotionaler aus als in den vergangenen Jahren. Erst die Corona-Pandemie, dann der Krieg in der Ukraine: Die Hürden lagen hoch. Noch einen Tag zuvor hatten Oberhausener Karnevalisten bei einem Treffen im Burghof eine Schweigeminute eingelegt. Als karnevalistisches Friedenszeichen in Kriegszeiten.

„Ich bin wohl der am längsten designierte Stadtprinz mit der anschließend kürzesten Session“, sagt Jörg I. (Becker), der wieder bürgerlich ist. 2020/2021 durch die Corona-Krise war er so gut wie beschäftigungslos. In der Folgesession wurde es für den Karnevalisten der Ehrengarde nur tröpfchenweise besser.

Karneval: Besuche auf Distanz in den Höfen der Altenheime

Immerhin nahm Jörg I. im November 2021 in einer fast ausgelasteten Stadthalle das neu gestaltete Prinzenzepter entgegen. "Ein Erlebnis, das man nicht vergisst." Kürung ja, doch die wahre Kür, die vielen Prunksitzungen und Karnevalszüge, fehlten. Die Pandemie zog den närrischen Stecker. 

Als der Prinz im Burghof zum Mikrofon greift, kullern schnell die Tränen. Der Karneval fast ohne Session hat das große Team samt Fahrer und Tanzgarde zusammengeschweißt. „Wir danken für jede Sekunde, in der ihr uns ein wenig Prinzen-Feeling gegeben habt.“

Neben dem „Närrischen Altmarkt“ zur Weiberfastnacht blieben einzelne vereinsinterne Empfänge sowie private Geburtstage übrig. Und: Das Prinzenteam machte kurzfristig einen durch die Pandemie stillgelegten Karnevalswagen flott. Sie rollten damit in die Höfe der Altenheime und Kindertagesstätten. Viele Senioren winkten aus ihren Fenstern. Ein Karnevalsprinz aus der Distanz - eine willkommene Ablenkung in düsteren Zeiten.

Karneval: Kinderprinzenpaar bleibt beim Abschied ehrlich

Monate an Vorbereitung, gelernter Reden, mühsam einstudierter Tänze, bestellter Orden - vieles war nur bruchstückhaft sichtbar. Das gilt ebenfalls für Emma I. und Ben-Henri I. als Kinderprinzenpaar. Die Tränen kullern auch bei den Kindern. Als das Zepter übergeben wird und Hauptausschuss-Moderator Wolfgang Heß nach dem Wohlbefinden fragt, bleiben sie ehrlich: „Doof!“ 

Die Zwölfjährigen durften wie der Stadtprinz ihre Narrenspielzeit um eine Session nach hinten verschieben. Sie wollten Bühnenerfahrung sammeln, vor großen Besuchermengen sprechen und Frohsinn in die Säle bringen. Doch es blieb nur bei wenigen jecken Happen.

Zu ihrer kleinen Kürung im Zentrum Altenberg freuten sie sich noch über eine sorgsam dekorierte Torte. Ein Ronaldo-Double zeigte dem begeisterten Fußballer Ben-Henri und Tanzmariechen Emma seine Tricks. Gerne hätte sie sich beim Narrenvolk beim großen Kinderkarnevalszug mit Kamelle bedankt. Auch dieser Kostüm-Umzug fiel aus. Dort, wo sie konnten, meisterten sie ihre Auftritte hervorragend. 

Karneval: Ehemaliger Chef der Lebenshilfe wird nächster Prinz

Während die Tränen trocknen, steht ein neuer Prinz in den Startlöchern. Rainer Lettkamp übernimmt in der kommenden Session für die Blauen Funken das Zepter.

Im Burghof zeigt er sich als Stadtprinz in spe zum ersten Mal. „Mein Vorgänger hat viel Pech gehabt. Das tut uns sehr leid“, sagt der 64-Jährige. „Unsere Vorbereitungen sind zu 90 Prozent abgeschlossen. Wir freuen uns sehr.“ Der gelernte Sozialpädagoge und ehemalige Geschäftsführer der Lebenshilfe soll im November 2022 in der Stadthalle gekürt werden.

Am Ende steigen Luftballons in den Himmel - als Zeichen des Abschieds. Und sicher auch als Hoffnungsschimmer für bessere Tage.

>>> Hoppeditz verabschiedet sich bis zur nächsten Session

Am Elften im Elften war der Hoppeditz als närrische Galionsfigur auf dem Friedensplatz erwacht. Hagen Hoffmann thematisierte bei seiner Hoppeditz-Rede die damals heißen gesellschaftlichen Themen - von Corona-Pandemie bis Fridays for Future.

Im Burghof von Vondern verabschiedete sich der Hoppeditz (häufig auch Bacchus genannt) bis zur nächsten Session. Die 2G-plus-Veranstaltung vom Hauptausschuss Groß-Oberhausener Karneval ersetzte erstmals das Fischessen am Aschermittwoch in der Stadthalle.