Oberhausen. Zur Machtübernahme zeigt sich der Karnevalsprinz von Oberhausen gerührt. Narren feiern fröhlich. Ein mulmiges Gefühl bleibt - trotz 2G-Regeln.

Wer sein Hobby nicht nur liebt, sondern lebt, der kann wahrscheinlich erahnen, welche Gefühle explodieren, wenn man seinem Schaffen die Krone aufsetzen kann. Die Krone ist in diesem Fall eine Narrenkappe. Das Amt des Prinz Karneval nicht weniger als die Champions League unter Jecken. Die feuchten Augen konnte Jörg Becker (53) bei seiner Inthronisierung in der Luise-Albertz-Halle nicht verbergen.

Und doch ist am Samstagabend alles anders. Eigentlich wäre Becker schon längst durch. Doch die Corona-Pandemie bremste ihn im vergangenen Jahr mit gepackten Koffern und fertigen Programmen aus. Nur weil sein Prinzen-Nachfolger bereitwillig ein Jahr nach hinten trat, erfüllt sich der Traum vom Narrenthron in dieser Session doch noch.

Karneval in Oberhausen: 2G-Nachweis an der Tür kontrolliert

Und so wirken die ersten Minuten der mehrstündigen Sitzung als würden sich bei den Karnevalisten in ihrem sozialen Kokon nach fast zwei Jahren endlich die Türen öffnen. Großer Jubel schallt durch den bestuhlten Saal, der nahezu ausverkauft ist. Es ist die Rückkehr in einen gelebten Kamelle-Kosmos.

Ähnlich ist es in Diskotheken, bei Arena-Konzerten oder in Sportstadien längst passiert. Doch bei 940 Personen in der Stadthalle merkt man einzelnen Jecken das mulmige Gefühl angesichts der massiv ansteigenden Corona-Inzidenz trotzdem an. Die meisten wissen: Eine einfach Session wird es nicht.

Nur Geimpfte und Genesene durfen bei der Prinzenkürung mitfeiern. Der 2G-Nachweis wird mit dem Personalausweis an der Eingangstür kontrolliert.

Oberbürgermeister Daniel Schranz erhält den ersten Prinzenorden - wie es das Brauchtum fordert. Dass die Narren bei ihren Innenveranstaltungen die 2G-Regel festgelegt haben, findet bei ihm große Zustimmung. Das gelte auch für die im Sommer mit der Kampagne „Erst Impfen, dann Feiern“ initiierte Aktion der Kamelle-Szene, um die Impfquote zu verbessern.

Schranz nutzte die Bühne aber zugleich, um für die anstehenden Booster-Impfungen zu werben. Es sei wichtiger denn je, auch alle noch gar nicht Geimpften von der Wichtigkeit zu überzeugen.

Karneval in Oberhausen: Stadtprinz erhält neues Zepter

Das Programm - sehr abwechslungsreich: Beim Regenten werden die Augen feucht als Hagen Hoffmann (Hoppeditz) und Marko Krämer (IG Preußisches Rheinland) eine geheimnisvolle Kiste auf die Bühne tragen.

Jörg I. Becker darf als erster Prinz ein komplett neues Zepter tragen. 30 Zentimeter groß, mit handgedrechseltem Holzgriff, einem Gasometer aus Metall und einer Eule als Symbol für die närrische Weisheit als Krone. „Das ist eine besondere Ehre“, haucht Becker ins Mikrofon. Das alte Holzzepter war in den Jahrzehnten zuvor in die Jahre gekommen und wandert nun ins Karnevalsmuseum an der Sedanstraße.

„Wir alle… sind Karneval… sind Oberhausen… sind eine große Familie“ lautet das Prinzenmotto, das sich ausnahmsweise einmal nicht reimt. In der (scherzhaften) Proklamation fordert der Regent sein Volk auf, die Reste der Hamsterkäufe von Toilettenpapier und Nudeln an wohltätige Organisationen zu spenden.

Sehr sehenswert: Der Prinzentanz, bei dem sich mehrere Generationen der Ehrengarde der Stadt Oberhausen gemeinsam bewegen. Man sieht deutlich, welcher Aufwand in der Vorbereitung steckt. Zur maritimen Musik der Shanty-Popgruppe Santiano stapeln sich die Tänzerinnen und Tänzer sogar zu einem Segelschiff zusammen. Mit Prinz als Steuermann!

Karneval in Oberhausen: Selbstgemachtes punktet im Saal

Selbstgemachtes konnte im Saal mächtig punkten. Stellvertretend für die während des Lockdowns nur beschwerlich probenden Tänzerinnen, durfte Mariechen Julia ihr Können mit goldener Tanzuniform und Zylinder zeigen. Der Gemeinschaftstanz aller Oberhausener Garden und eine Elferratsshow stammte ebenfalls aus Oberhausener Eigen-Produktion.

Die Tuschs flossen flüssig! Und besonders der weibliche Anteil im Saal dürfte bei der rein männlichen Kölsch-Tanzgruppe Fauth Dance Gentlemen geklatscht haben.

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Prinz Jörg I. Becker hat sich als Minister Arndt Kasperowski und Hofmarschall Sebastian Wülfing an seine Seite geholt. Die Paginnen sind Carolin Dubbert, Kristin Pralle und Christina Feldhaus. Der Prinz arbeitet im zivilen Leben als Berufskraftfahrer und ist in der Event-Branche selbständig.

Als Fahrer fungieren Lothar Ströhmann und Peter Sickelmann, die das Team bis Aschermittwoch von Termin zu Termin fahren. Die Prinzengarde wird von Beckers Heimatverein, der Ehrengarde der Stadt Oberhausen gestellt.