Oberhausen. Mit dem Sturm auf die Burg Vondern ist der Karneval in Oberhausen für dieses Jahr beendet. Doch wie geht es im nächsten Corona-Jahr weiter?

Eine weiße Brücke haben sie den närrischen Eroberern gebastelt. Über diese kann Stadtprinz Jörg I. Becker flankiert vom Kinderprinzenpaar Emma und Ben-Henri, nach einem kurzen verbalen Hin und Her, die Burg Vondern gegen tapfere Verteidiger doch noch erobern. Der Sturm auf das alte Gemäuer funktioniert wie ein karnevalistisches Freiluft-Theaterstück. Das Rütteln am Burggitter endet friedlich - alle Jahre wieder!

Doch am Samstag ist vieles anders. Die Remise der Burg bleibt diesmal geschlossen. Die Ritter fechten mit Mund-Nasen-Maske. Die Karnevalssession steht so wackelig da, wie die kleine Deko-Brücke am Torbogen. Die Corona-Inzidenz klettert auf Rekordwerke. Von Politikern wird ein neuer Lockdown nicht mehr ausgeschlossen.

Karneval in Oberhausen: Narren wollen über neues Jahr beraten

Bei aller Freude für den Moment beim Prinzen und Gefolge auf der schmuckvoll dekorierten Mini-Bühne. Im Burghof mit seinem Winterbiergarten ist die aktuelle Lage der Pandemie am Samstag in vielen Gesprächen ein Thema. Es wirkt leerer als sonst.

Die Narren aus Düsseldorf sind vor einigen Tagen vorgeprescht - und hatten einen Rosenmontagszug im Frühjahr statt im Winter angeregt. Wenn sich Karnevalisten bei Sommerfesten sowieso wieder treffen, wären dann nicht auch gleich Sitzungen und Karnevalsumzüge für Oberhausen eine Option?

In anderthalb Wochen treffen sich Delegierte aller Oberhausener Vereine, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Dabei geht es explizit auch um die Karnevalszüge Ende Februar 2022, die zehntausende Narren anlocken. 

Doch ein deutliches Stimmungsbild kann man heute schon vernehmen: „Einen Karnevalszug im Sommer kann ich mir nicht vorstellen“, sagt Ludger Decker, Präsident im Hauptausschuss Groß-Oberhausener Karneval. Auch Geschäftsführer Klaus Kösling lehnt dies ab. „Der Karneval endet am Aschermittwoch. Die Regularien sind eindeutig.“ Soll heißen: Wenn Karnevalszüge wegen der pandemischen Lage nicht möglich sind, fallen sie ersatzlos aus.

Karneval in Oberhausen: Entscheidung über Umzug fällt kurzfristig

Der Dachverband begründet dies nicht nur mit der Tradition, sondern auch damit, dass im Sommer bereits andere Groß-Veranstaltungen, wie die Fronleichnamskirmes, im Kalender der Stadt stehen. Bei Sommerfesten gebe es zudem kein traditionelles Programm. Kein Helau, keine Orden, keine Kostüme. Zuletzt warben die Karnevalisten dort mit der Kampagne "Erst impfen, dann feiern" offensiv für den Corona-Schutz-Piks.

Auch auf Bundesebne gibt es Reaktionen: Der Bund Deutscher Karneval (vertritt 2,6 Millionen Narren, 5700 Vereine) ist den Düsseldorfern Narren bereits in die Parade gefahren und beharrt auf die Vorgaben des Brauchtums. Gerade in der jecken Konkurrenz-Hochburg Köln traf der Düsseldorfer Vorstoß auf Unverständnis.

Klar ist: Eine Entscheidung, wie es weiter geht, muss kurzfristig fallen, da der Wagenbau bereits jetzt läuft und Geld in mögliches Wurfmaterial investiert wird, das womöglich gar nicht benutzt werden kann. Es geht um Zehntausende Euro.

Unklar bleibt auch der Saalkarneval, der im Januar startet: Nach aktueller Verordnung gilt dafür „2G plus“ (geimpft oder genesen - und dazu zusätzlich aktuell getestet). Die Vereine hatten sich schon zu einem früheren Zeitpunkt für strengere 2G-Regeln ausgesprochen, als noch "3G" erlaubt war. Hier spürt man ebenfalls einen Meinungstrend: Wenn Sitzungen nicht möglich sind, werden sie nicht in die Zeit außerhalb der Session verschoben, sondern fallen aus.

Karneval in Oberhausen: Vereine sehen Sommer-Karneval skeptisch

Auch Michel Hilgert von der KG Eisenheim Zick-Zack kann sich ein Ausweichen in den Sommer nicht so recht vorstellen. Man warte ab und wolle sich an allen Vorgaben orientieren. Die kleine Gesellschaft stellt in diesem Jahr das Kinderprinzenpaar. „Gerade für kleine Vereine geht es in der Pandemie ans Eingemachte, da es kaum finanzielle Rücklagen gibt.“  

Die Planungen laufen, aber in den Vorständen wird diskutiert. Stefan Diebels von der Großen Osterfelder Karnevalsgesellschaft (GOK): „Wir werden im Vorstand darüber sprechen, wie wir mit unserer Sitzung verfahren. Saalveranstaltungen sehe ich nach aktuellem Stand der Pandemie mit Bauchschmerzen.“

Andrea Hesshaus von den Styrumer Löwen blickt auf die Delegierten-Versammlungen aller Vereine. „Dort wird sich Vieles entscheiden.“ Ein Problem: Viele Gesellschaften sind bei ihren Veranstaltungen finanziell in Vorleistung gegangen. Sagen sie selbst ab, wenn eine Sitzung gesetzlich erlaubt wäre, müssen Künstler und Miete wohl trotzdem bezahlt werden.

Die 1. KG Königshardt hatte ihren Senatorenempfang Mitte November bereits abgesagt.

>>> Freiluft-Karneval: Kein Murren bei 2G-Armbändchen

Bei den verpflichtenden Armbändchen am Zugangsweg zur Burg Vondern gab es am Samstagabend kein Murren. An der Eingangsschleuse klebten die Organisatoren blaue Papierbändchen um Handgelenke der Besucher, nachdem Handy-Displays mit digitalen Zertifikaten und gelbe Impfbücher gezückt wurden.

Die 2G-Kontrollen für den Sturm auf die Burg Vondern nahmen die Besucher locker. Im Gegensatz zu lauten Internet-Stimmen, die sich zuletzt gegen eine ähnliche Bändchen-Vergabe beim Centro-Weihnachtsmarkt echauffiert hatten.