Oberhausen. Den martialischen Look des kämpferischen Elfen hat das Theater Oberhausen abgerüstet: So bleibt das Gefecht mit Captain Hook ein Kinderspiel.

Peter Pan hat abgerüstet: Auf früheren Probenfotos wirkte Sophia Hankings-Evans als „der Junge, der nicht erwachsen werden will“ noch allzu martialisch im tarnfleckigen Outfit. Da ist so ein grünglänzendes Top zur silbrigen Pagenfrisur doch ungleich elfenhafter. Schließlich galt es im Theater Oberhausen ein Publikum jeden Alters zu bezaubern – ehe diese letzte Inszenierung von Intendant Florian Fiedler im März für etliche, bereits ausverkaufte Schulvorstellungen im Großen Haus sorgen wird.

Die ersten „Wows“ und Lacher gab’s zur Premiere aber nicht für den frechen Tomboy (der seinen langen Dolch immerhin behalten durfte) – sondern für den wunderbar plüschigen Sennenhund der Familie Darling: ein erster Auftritt der hier noch unerkannten „Tinkerbell“ Nina Karimy. Im überaus reinlich-weißen Kinderzimmer-Idyll der Familie Darling sind damit schon fast alle versammelt: Denn die liebenswürdig verspannten Eltern (Anna Polke, bei späteren Aufführungen im Wechsel mit Susanne Burkhard, und Klaus Zwick) sollten sich im Nimmerland in das köstliche Piratenduo aus Captain Hook und seinem Bootsmann Smee verwandeln.

Die Trickkiste ist für alle aufgeklappt: Links zeigt das Theater die „Bluescreen“-Akrobatik, rechts die nächtlichen Flugszenen hoch über dem Will-Quadflieg-Platz.
Die Trickkiste ist für alle aufgeklappt: Links zeigt das Theater die „Bluescreen“-Akrobatik, rechts die nächtlichen Flugszenen hoch über dem Will-Quadflieg-Platz. © Theater Oberhausen | Katrin Ribbe

Eigentlich ist Wendy (Samia Dauenhauer) in dieser Eröffnungsszene die Erwachsene: Ihre ängstlichen „kleinen“ Brüder (die beiden fabulös komödiantischen Schlakse Christian Bayer und Julius Janosch Schulte) hat sie sicher im Griff – ihre Eltern noch nicht so ganz. Der in großen Gesten, Posen und Worten fechtende Pan, der da plötzlich auf ihr Bett hopst und ihr unglaublich verwegene Taten vorspielt, ist eigentlich ein Spiegelbild: So frech und wild entschlossen – so könnte Wendy doch auch sein. So wird aus dem etwas mundfaulen Gemotze der ersten Momente rasend schnell ein tiefes Einverständnis.

Hergezeigte Tricks sind noch zauberhafter

Schließlich ist fast die komplette Inszenierung auf Rasanz ausgelegt (oder in mehr als einem Jahr seit den ersten Proben, Abbrüchen und Unterbrechungen immer mehr verdichtet worden). Aber es bleibt staunenswertes Familientheater, das mit seiner Kunstfertigkeit nicht bloß überrumpeln will – sondern ganz zauberhaft damit spielt. So macht die geteilte Bühne die „Bluescreen“-Technik für alle sichtbar: Links legen sich Peter Pan, Wendy und Tinkerbell bäuchlings aufs Blaue – rechts schweben sie über das nächtlich beleuchtete Theater hinweg in die Wolken. Diesen Trick, mit dem Actionfilme so gerne angeben, so einfach herzuzeigen, macht ihn sogar noch zauberhafter.

Mama und Papa als Freibeuter: Anna Polke und Klaus Zwick agieren als Hook und Smee gegen alle pädagogischen Regeln.
Mama und Papa als Freibeuter: Anna Polke und Klaus Zwick agieren als Hook und Smee gegen alle pädagogischen Regeln. © Theater Oberhausen | Katrin Ribbe

Dafür haben Regisseur Fiedler und Bühnenbildnerin Maria-Alice Bahra besonders begnadete Hände: Mit einfachen Mitteln für große Augen zu sorgen. So genügen ein baumhoher Fliegenpilz und ein paar riesenhafte Gummibaumblätter zu dschungelgrüner Beleuchtung, um aus Nimmerland eine ganz andere Welt zu machen. Dort reckt Anna Polke dann als grandios um seine furchterregende Aura besorgter Captain Hook immer wieder den schaurig-schönen Haken am rechten Arm in die Höhe. Und Klaus Zwick wirkt als halbschlau-schmieriger Smee, als hätte man mit ihm gerade die Kombüse aufgewischt.

Aus kleinen Katastrophen wird große Komik

Klar doch, das auf den Rest von Hook versessene Krokodil (auf Wendys Bett war’s noch ein niedliches Plüschtier) zeigt in den richtigen Momenten ein riesenhaftes Klappmaul: Dahinter steckt Martin Engelbach, der sonst als Musiker an Klavier und Gitarre seinen guten Teil zum Abenteuerflair beiträgt. Für Peter Pan geht’s ja immer aufs Ganze. Da braucht es schon die überzuckerte Elfe Tinkerbell (eine Traumrolle für Nina Karimy), um mit unverständlichen Piepslauten, panischem Hin-und-her-Geflatter und entgleister Mimik aus kleinen Katastrophen große Komik zu kitzeln: Sie hat das Format zum Publikumsliebling – und wird von Smee in einem blinkenden Glas gefangen (noch so ein zauberhafter Theater-Trick).

Gefangen: die Kinder der Familie Darling im Netz von Captain Hook.
Gefangen: die Kinder der Familie Darling im Netz von Captain Hook. © Theater Oberhausen | Katrin Ribbe

Die Kämpfe im Nimmerland sind Kissenschlachten und Tauziehen: Man ist auch auf dem Schiffsdeck unter hohem Himmel immer noch ein bisschen im trauten Kinderzimmer. „Frieden? Warum nicht?“ heißt es im Eifer des schwungvoll choreographierten Gefechts. Doch dann ist der Ausflug ins Nimmerland nach knapp 70 Minuten auch schon vorbei – und der Applaus ist so groß, wie er für ein zur Hälfte besetztes Großes Haus sein kann.

Karten gibt’s nur noch für zwei Sonntags-Termine

15 der 17 Vorstellungen von „Peter Pan“ sind bereits ausverkauft. Karten zu 5,50 Euro und 8 Euro gibt’s noch für die beiden Sonntags-Termine am 20. März um 18 Uhr und am 27 März um 16 Uhr, erhältlich unter 0208 8578 184 oder per Mail an besucherbuero@theater-oberhausen.de.Ein köstliches Schmankerl gibt’s an den Sonntagen 20. und 27. März: Dann sorgt zur Familienvorstellung von „Peter Pan“ der Jahrmarktstand „Broel’s süßer Jahrmarkt“ für das leibliche Wohl des Publikums.Fliegen lernen die Kinder zudem am 27. März bei einer Greenscreen-Fotoaktion: Die Kinder werden vor einem Greenscreen fotografiert, das Foto zum Flug im Bühnenbild bearbeitet. Diese Aktion ist kostenlos.