Oberhausen. Der Online-Riese Amazon möchte einen Logistik-Standort neben dem Centro Oberhausen errichten. Neue Pläne stoßen auf massive Kritik der Politik.
Der milliardenschwere US-Onlinehändler Amazon plant einen neuen Logistik-Standort in bester Oberhausener Lage: Direkt neben dem Centro stehen ehemalige Werkshallen der Firma Thyssen leer. Mc-Fit-Gründer Rainer Schaller wollte hier mit The Mirai die weltgrößte Fitness-Halle errichten, doch der Traum ist längst geplatzt. Dass in den Hallen künftig keine Hanteln und Powerdrinks auf Sportler, sondern Pakete mit im Internet bestellter Ware auf den Versand warten sollen, stieß bereits auf Kritik. Nun wurden weitere Pläne des Online-Riesen bekannt – und Teile der Oberhausener Lokalpolitik sind entsetzt.
Amazon habe die Idee geäußert, die alten Industriehalle eventuell nicht im Bestand nutzen zu wollen, sondern abzureißen, um eine neue Logistikhalle zu bauen, berichtete Oberhausens Planungs- und Strategiedezernent Ralf Güldenzopf jüngst den Mitgliedern des Planungsausschusses. Und denen blieb fast die Spucke weg. „Das müssen wir mit allen Mitteln verhindern“, sagte etwa Grünen-Ratsherr Andreas Gadde. Sein SPD-Kollege Ulrich Real meinte, man dürfe das Filet-Grundstück nicht mit einem Logistiker zupflastern. „Alle Visionen, die wir für die Neue Mitte haben, werden mit einem Schlag kaputt gemacht.“
Masterplan Neue Mitte Oberhausen versus Logistik durch Amazon
Real spielte damit auf den im selben Ausschuss vorgestellten neuen Masterplan für die Neue Mitte an. Wie berichtet denkt die Stadt hier tatsächlich groß, innovativ und visionär. In den kommenden 20 Jahren soll sich die Neue Mitte rund um das Centro in ein ganz neues Stadtviertel verwandeln, mit modernen Wohngebieten und einer möglichen Seilbahn über dem Kanal, um dem drohenden Verkehrskollaps zu entgehen.
Frank Höf vom weltweit renommierten Architektur- und Planungsbüro Albert Speer + Partner aus Frankfurt stellte die Pläne im Ausschuss vor. Und sagte explizit: Flächen in der Neuen Mitte solle man „nicht an den erstbesten Logistiker vergeben.“ Die Visionen seines Büros stellte der Fachmann gleich zu Beginn der Sitzung vor. Als rund zwei Stunden später die Amazon-Ansiedlung Thema wurde, saß Höf bereits wieder im Zug Richtung Heimat.
Logistik am Centro Oberhausen ist rechtlich zulässig
Auch die CDU übte Kritik an den neuerlichen Plänen von Amazon, wenn auch deutlich leiser als SPD und Grüne. Sollte der US-Konzern tatsächlich die Hallen abreißen und neue aufbauen wollen, „dann müsste man noch einmal neu denken“, sagte CDU-Ratsherr Denis Osmann. Dabei stand allen voran die CDU der grundsätzlichen Ansiedlung des Logistikers bislang offen gegenüber. „Aus unserer Sicht ist es schade und unprofessionell, mit einem Federstrich eine Ansiedlung vom Tisch zu wischen, die geschätzte 800 Arbeitsplätze nach Oberhausen bringt,“ sagte Osmann noch im März – Richtung SPD, die da bereits Kritik an einer möglichen Amazon-Ansiedlung geäußert hatte.
Verkehrsgutachten soll Mitte Juli vorliegen
Für den Abbruch der alten Thyssenhalle in der Neuen Mitte liegen der Stadt bislang keine Anträge vor. Amazon hat die Möglichkeit jedoch mündlich bereits als Alternative ins Spiel gebracht. Der Eigentümer der Hallen hat laut Planungsdezernent Ralf Güldenzopf derweil signalisiert, die Hallen zumindest nicht komplett abreißen lassen zu wollen. Die Fassade sollten nach Möglichkeit erhalten bleiben.
Für die Genehmigung der Logistik-Pläne von Amazon fehlt nun noch das Verkehrsgutachten. Dies soll voraussichtlich Mitte Juli im Rathaus eintreffen.
Die Stadt steckt derweil in einem Dilemma: Die Thyssenhallen gehören einem privaten Eigentümer, der das Recht hat, die Hallen zu vermieten. Logistik ist an diesem Standort grundsätzlich erlaubt. Amazon hat auch bereits einen entsprechenden Antrag gestellt. Rein rechtlich müsste und werde die Stadt diesen Antrag also genehmigen, wie Güldenzopf sagte („Wir gehen nach Recht und Gesetz vor“) – wenn denn alle Voraussetzungen erfüllt sind.
Und genau da bleibt den Gegnern der Ansiedlung womöglich ein Restfünkchen Hoffnung: Amazon muss noch ein schlüssiges Verkehrskonzept vorlegen. Und die Situation vor Ort sei bekanntlich „nicht einfach“, wie Güldenzopf es ausdrückte. Lange Staus in der Neuen Mitte sind seit Jahren ein großes Problem, Anwohner laufen immer lauter Sturm gegen die Luft- und Lärmbelastung.