Oberhausen. Oberhausen will die Neue Mitte rund ums Centro, das einstige Montanindustrie-Areal, aufhübschen – und zu einem urbanen Wohnviertel entwickeln.
Die Neue Mitte rund ums Einkaufszentrum Centro soll in den nächsten 20 Jahren zu einem echten Stadtquartier entwickelt werden – mit mehr Wohnen, mit mehr urbaner Arbeit, mit mehr Forschung durch Institute wie Umsicht, mit mehr Grün und Aufenthaltsqualität.
Dieses Ziel visiert das erste Konzeptpapier mit groben Ideen der Stadtplaner des renommierten Frankfurter Architektur- und Planungsbüros Albert Speer und Partner AS + P im Auftrag der Oberhausener Rathaus-Spitze an. 20 Jahre nach dem ersten Masterplan für die Neue Mitte erarbeiten die gleichen Fachleute nun innerhalb eines Jahres bis Frühjahr 2022 den neuen Zukunftsplan für die einstige Herzkammer der Montanindustrie im Ruhrgebiet. Dabei betrachten sie ein insgesamt 570 Hektar großes Areal von der Autobahn A516 im Westen bis zum Haus Ripshorst im Osten.
Oberbürgermeister Daniel Schranz hat den weltweit arbeitenden Stadtplanern zwei Leitplanken auf den Weg gegeben: „Bitte groß denken!“ und „Innovation ist wichtig – vor allem nachhaltige Mobilität“. Und so legten AS-Prokurist Michael Denkel und Städtebauarchitekt Frank Höf los, nahmen sich erst einmal die heutigen Mängel des einstigen Gutehoffnung-Areals zur Stahlerzeugung vor – und skizzierten Lösungsideen.
Erstens:Die Mobilitätslage ist schon heute – Autofahrer wissen ein trauriges Lied darüber zu singen – höchst angespannt; in Zukunft soll die Nutzung der noch längst nicht gefüllten „Leerstelle im Herzen des Stadtgebiets nach der industriellen Nutzung“ aber noch intensiviert werden. Und dies zieht noch mehr Verkehr an. Spektakulärer Vorschlag der Planer: Ein neues Riesen-Parkhaus („Mobility Hub“) als auffällige architektonische Landmarke mit Strahlkraft, gebaut als Brücke über der nahen Autobahn A42, von dem aus Besucher der Neuen Mitte per Leihrad, E-Scooter oder zu Fuß über Kanal und Emscher zum Centro oder zur Köpi-Arena gelangen.
Dabei denken die Planer an einem derzeit beliebten Puzzle-Stück der Stadtarchitekten – eine Seilbahn vom Autobahn-Parkhaus über die Gewässer hin zum Einkaufszentrum, platziert zwischen der Tausendfüßlerbrücke und dem künftigen Radweg auf der Flachglas-Strecke. „Hier ergibt eine urbane Seilbahn wirklich Sinn, man kann sein Auto abstellen und bequem zur Neuen Mitte gelangen. Das ist besser, als mühsam mit seinem Auto ins Gelände hineinzufahren“, meint Denkel. Zudem soll die Verlängerung der Straßenbahn 105 von Essen zum Centro kommen – auf einem anderen Weg als ursprünglich mal vorgesehen war.
Zweitens:In Oberhausen fehlen angesichts steigender Nachfrage von Familien und Singles langfristig insgesamt mehrere tausend Wohnungen. Eine Bebauung mit Mehrfamilienhäusern als urbanes Viertel auf dem östlichen Stahlwerksgelände und mit kleineren Häusern auf dem früheren Newag-Gelände am Ripshorst-Gelände soll Wohnraum für mindestens 3500 Menschen schaffen. Zudem soll viel mehr Grün in der gesamten Neuen Mitte platziert werden und der Zugang zum Wasser (Kanal) verbessert werden.
Infoveranstaltung am Donnerstag
Im Rahmen des Masterplans „Neue Mitte Oberhausen“ 2040 lädt die Stadt Oberhausen interessierte Bürgerinnen und Bürger am Donnerstag, 24. Juni, von 18 Uhr bis 19.30 Uhr zu einer Online-Informationsveranstaltung ein. Oberbürgermeister Daniel Schranz hofft, dass „sich möglichst viele interessierte Oberhausener daran beteiligen“.
Schranz berichtet am Donnerstag gemeinsam mit dem Frankfurter Planungsbüro AS+P (Albert Speer + Partner) über den Stand der Masterplan-Ideen, der Anfang 2022 fertig sein soll. Jeder kann Fragen zu den Entwürfen und zum Planungsprozess zu stellen. Interessierte können sich ab sofort mit Angabe des Namens anmelden unter neuemitteob@icm.de. Diese erhalten von der Stadt dann einen Link zur Veranstaltung.
Drittens: Die bauliche Qualität der Gebäude, von Lidl über Spielhalle und Hotels, entlang der Essener und Osterfelder Straße entzückt die Stadtplaner nicht („unbefriedigende städtebauliche Gestaltung“). Da der Industrie-Gashersteller Air Liquide plant, die Lagerung von Gefahrgütern auf seinem Grundstück an der Ecke Essener Straße/Osterfelder Straße künftig lieber in Krefeld zu erledigen, bestehen neue Möglichkeiten. „Das Eingangstor zur Neuen Mitte sieht derzeit trist aus. Hier sollte man Akzente setzen und die Fläche nicht dem erstbesten anvertrauen, sondern warten, bis der richtige kommt.“
Denkel und Höf skizzieren an dieser Stelle ein „Innovations-Quartier“ – mit Forschern, Jungunternehmern und „Co-Working-Spaces“, vermietbaren Büroräumen als Ideenschmiede. Das in dieser Ecke liegende Fraunhofer Institut Umsicht habe bereits Interesse an einer Erweiterung auf die gegenüberliegende Straßenseite gezeigt. Setze man hier auf Qualität im Bau, sporne man auch andere Investoren in der Neuen Mitte an, qualitativ hochwertiger als bisher zu bauen.
Viertens: Das Centro erscheint den Stadtplanern als viel zu abgeschlossen. „Das entspricht dem einstigen Konzept, Kunden in die Mall zu locken und nicht mehr leicht herausfinden zu lassen.“ Denkel meint, dies sei heute nicht mehr zeitgemäß und Centro-Eigentümer Unibail-Rodamco habe ebenfalls ein Interesse daran, das Centro-Gebäude und die Parkhäuser mit ihren 14.000 Parkplätzen offener ins Gelände hinein zu gestalten und mit der Umgebung zu vernetzen. Die Parkhäuser könnten auf der obersten Ebene Grünpflanzen oder Solaranlagen erhalten – notfalls mit einem weiteren Stockwerk.
Fünftens: Die derzeit als Ausweich-Parkplätze nahe dem Gasometer genutzten Parkflächen P9 und P10 seien nicht ideal genutzt. Hier könne man Wohnungen mit tollem Ausblick oder moderne Büros schaffen.