Oberhausen. Für neun Sommerwochen verheißt das Kürzel „MuC“ (Museum under Construction) volles Kreativ- und Konzertprogramm im neu aufgemöbelten Schlosshof.

Vom erzwungenen Lockdown zur selbst auferlegten Schließung: Wären wichtige Sanierungsarbeiten an Klima- und Sicherheitstechnik im Schloss Oberhausen leichter umzuplanen – die Ludwiggalerie hätte zweifellos andere Termine zusammengestellt. So aber heißt es nach dem Ende der Ausstellungen „Art about Shoes“ und „Kuro – Künstler, Karikaturist, Kulturlegende“ während neun Sommerwochen „Museum under Construction“.

Und anders als „MoMA“ (New Yorks Museum of Modern Art) oder „Mumok“ (Wiens Museum moderner Kunst) war das putzige Kürzel „MuC“ noch nicht vergeben: Willkommen also auf der Kunstbaustelle, denn das kleine und große Schloss mögen vom 27. Juni bis 29. August zwar geschlossen bleiben – doch dazwischen befindet sich ja ein Innenhof, dessen Schauplatz-Qualitäten bisher noch längst nicht hinreichend ausgespielt worden waren.

Sonnige Malerei in XXL auf Baugerüsten: Ursula Meyer aus Argentinien (re., neben ihrer Kollegin Machela Liefeldt) muss sich im Schlosshof allerdings mit kleineren Formaten bescheiden.
Sonnige Malerei in XXL auf Baugerüsten: Ursula Meyer aus Argentinien (re., neben ihrer Kollegin Machela Liefeldt) muss sich im Schlosshof allerdings mit kleineren Formaten bescheiden. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Fragile Gemälde, Grafiken und Foto-Originale sollten zwar tunlichst nicht unter freiem Himmel zur Schau stehen – doch es gibt ja großartige Kunst für draußen. „Großformatige Malereien von Ursula Meyer hüllen die Ludwiggalerie in ein neues Gewand“, versprechen die rührigen Gastgeberinnen, „und die Wunschmaschine von Aaron St. in Form einer Murmelbahn lädt zum Träumen, Hoffen und Staunen ein“. Fast jeder Revierbürger hat schon Werke der beiden gesehen, auch wenn die Namen nicht geläufig sein sollten. Schließlich hat die Aktion „Weltbaustellen“ hier schon einige triste Betonwände und Brandmauern vollends verwandelt.

Bunker als unübersehbare Visitenkarte

Denn die 33-jährige Ursula Meyer aus San Juan in Argentinien arbeitet für ihre leuchtend farbige Street Art ebenso selbstverständlich auf Baugerüsten wie der 40-jährige Oberhausener Aaron St. (Stratmann). Seine Signatur begleitet jene der Bretonin Katja Bot auf dem Bunker an der Sedanstraße: Das wuchtige Domizil des Oberhausener Karnevalsmuseums glänzt seit September mit blauen Flügeln, fallenden Sternen und dornigen Ranken, dazu die Slogan-Banderole: „So wie es ist, wird es nicht bleiben.“

Die unübersehbare „Visitenkarte“ des Oberhausener Künstlers Aaron St. (Stratmann): Mit der bretonischen Künstlerin Katja Bot aus Rennes verwandelte er im September 2020 den zuvor so tristen Bunker an der Sedanstraße gegenüber vom Theater Oberhausen.
Die unübersehbare „Visitenkarte“ des Oberhausener Künstlers Aaron St. (Stratmann): Mit der bretonischen Künstlerin Katja Bot aus Rennes verwandelte er im September 2020 den zuvor so tristen Bunker an der Sedanstraße gegenüber vom Theater Oberhausen. © FUNKE Foto Services | Franz Naskrent

Als Schlosshof-Verwandler nennen sich die beteiligten Künstler allerdings „Prise Salz Crew“. Die Kreativen wollen projektbezogen zusammenarbeiten und die unterschiedlichste Herangehensweisen miteinander verbinden. Das relativ kleine Karree, fast vollends umbaut und damit trotz der nahen Konrad-Adenauer-Allee selbst als klassischer Konzertort schon praxiserprobt, soll „zu einem neuen Zentrum der kulturellen Begegnung werden“, verspricht die enterfreudige „Prisencrew“ (in der christlichen Seefahrt waren das noch jene Freibeuter, die den Bauch braver Handelsschiffe leerräumten).

Der Poet unter den Comiczeichnern: Für Ulf K. (Keyenburg) hatte die Ludwiggalerie schon 2012 eine eigene Ausstellung eingerichtet.
Der Poet unter den Comiczeichnern: Für Ulf K. (Keyenburg) hatte die Ludwiggalerie schon 2012 eine eigene Ausstellung eingerichtet. © FFS | Tom Thöne

Am Rand des Kaisergartens heißt das: Außergewöhnliche Sitzgelegenheiten erschaffen einen Ort zum Verweilen und Themenhütten wollen entdeckt werden. Ein umfangreiches Programm begleitet immer dienstags, mittwochs und freitags die Sommergäste durch die „MuC“-Wochen. Die Ludwiggalerie will ihren vier Lieblingsthemen Comic, Pop Art, Fotografie und Landmarkenkunst jeweils zwei Wochen Spielzeit im Innenhof widmen.

Aufleben der Konzertkultur im Kleinstformat

Zu den namhaften Gästen für Vorträge, Talks und Interaktion am „Artist Tuesday“ zählen Ulf K. (Keyenburg), der Poet unter den Comiczeichnern, und Amina Falah aus Moers, die als Fotografin die modischen Vorlieben im Ruhrgebiet zu inszenieren weiß. „Workshop Wednesdays“ nennt sich das eigens für die Kunstbaustelle entwickelte museumspädagogische Programm, offen für Kinder, Familien, Jugendliche. So entstehen In der Kritzelhütte etwa Comic-Aliens oder Pop-Art-Buttons, oder man bricht auf zu Erkundungstouren rund um Schloss und Kaisergarten.

Hoffen auf ein letztes Ausstellungswochenende

Ob die Ludwiggalerie dank der sinkenden Corona-Inzidenz am Pfingstwochenende öffnen darf, klärt die Museumsleitung derzeit mit dem städtischen Krisenstab. Regulär wäre für „Art about Shoes“ Pfingstmontag der letzte Öffnungstag; für „Kuro – Künstler, Karikaturist Kulturlegende“ wäre es Sonntag, 30. Mai. Verlängerungen sind nicht möglich.

Anmeldung erforderlich: Info-Line und Buchungen unter 0208 41249 28 und ludwiggalerie@oberhausen.de. Für alle Angebote gilt der Vorbehalt: Sie können nur stattfinden, wenn es die aktuellen Coronarichtlinien erlauben. Veranstaltungen entfallen bei sehr schlechtem Wetter.

Im Kleinen Schloss zeigt der Kunstverein Oberhausen bereits während der letzten „MuC“-Wochen, nämlich vom 8. August bis zum 26. September, in seiner Reihe „Parallel“ die beiden Künstler Benjamin Nachtwey und Klaus Sievers mit der Ausstellung „Ins Grüne, ins Blaue, ins Schwarze“.

Der „Lounge Friday“ schließlich dient dem entspannten Kunstgenuss mit Longdrink, Liegestuhl und DJ Beats. Als Verbündeter der „Prise Salz Crew“ bringt sich der musikalisch hochkompetente Indie Radar Ruhr ins Spiel – und möchte hier Bands auftreten lassen, die womöglich die sommerabends am Altmarkt verordnete Stille von 50 Dezibel übertreffen könnten. Möge auch die Konzertkultur im Kleinstformat wieder aufleben dürfen.