Oberhausen. Im Corona-Jahr 2020 hat die Energieversorgung Oberhausen (EVO) wenig Strom, Gas, Fernwärme verkauft – und einen Kundenservice mit großen Mängeln.

Der warme Winter 2019/2020 und das Corona-Pandemiejahr 2020 haben die halb städtische Energieversorgung Oberhausen AG (EVO) finanziell härter getroffen, als es bisher bekannt.

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Allein der erste Corona-Lockdown kostete die EVO 2,7 Millionen Euro an Umsatz, weil vor allem Gewerbebetriebe, Einzelhandel und Gastronomie weniger Strom und Gas verbrauchten. Das milde erste Quartal 2020 verursachte weitere vier Millionen Euro an Einnahme-Minus. „Für einen Energiekonzern sind solche Temperaturen tödlich“, formuliert EVO-Vorstand Hartmut Gieske bei Vorstellung der Bilanz 2020 drastisch. Insgesamt sank der Verkauf von Gas, Strom und Fernwärme im Schnitt um zehn Prozent, der Umsatz fiel im gleichen Maße auf 182 Millionen Euro. Vor elf Jahren waren es noch 225 Millionen Euro.

Der neue Technische Vorstand der Energieversorgung Oberhausen (EVO), Christian Basler. Er ist Nachfolger von Bernd Homberg, der wegen einer schweren Erkrankung Ende des vergangenen Jahres aus dem Unternehmen ausscheiden musste.
Der neue Technische Vorstand der Energieversorgung Oberhausen (EVO), Christian Basler. Er ist Nachfolger von Bernd Homberg, der wegen einer schweren Erkrankung Ende des vergangenen Jahres aus dem Unternehmen ausscheiden musste. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Die Konsequenzen der EVO-Spitze, von Gieske und dem neuen Technischen Vorstand Christian Basler, sind einschneidend: Halbierung der Ausschüttungen von sonst jährlich elf Millionen Euro an die Anteilseigner Stadt und RWE auf 5,6 Millionen Euro, Reduzierung des Sponsorings um 100.000 Euro auf 140.000 Euro sowie ein Spar- und Restrukturierungsprogramm im eigenen Haus. Die Kosten müssen runter, die Führungskräfte besser werden: Eine ganze Führungsebene schneiden die beiden EVO-Vorstände heraus, die Vollzeit-Mitarbeiterkapazität wird von 416 auf 390 heruntergeschraubt. Vor zwei Jahrzehnten waren es noch 670 Vollzeit-Stellen.

Denn auch das war auf der Bilanzpressekonferenz bemerkenswert – in schonungsloser Offenheit gestand der seit 17 Jahren das Unternehmen leitende Hartmut Gieske ein, dass der örtliche Energieversorger gute Preise für die Produkte Strom, Fernwärme und Gas nehmen muss, aber „gravierende Fehler und Missstände“ beim Kundenservice hat. Drastisch aufgefallen ist das wohl erst so richtig, als Abschlagszahlungen mehrmals falsch berechnet wurden.

Kein Verantwortlicher bei EVO-Fehlern zu entdecken

„Wir haben die Verantwortung der Prozesse vom Zähler bis zur Abrechnung auf drei Schultern verteilt, niemand war plötzlich für die Fehler verantwortlich, einer schob es auf den anderen. Das ist menschlich, aber jetzt ist Schluss mit lustig. Es gibt künftig nur noch einen Verantwortlichen vom Zähler bis zur Abrechnung“, kündigte Gieske an. Bis Mitte 2022 soll diese interne Strukturreform abgeschlossen sein, die für erhebliche Unruhe unter der Belegschaft sorgt. „Das ist schmerzvoll, aber nicht für die Mannschaft, sondern für die Führungskräfte. Es gibt jedoch keine Entlassungen und wir gehen ihnen nicht ans Geld.“ Gieske räumte ein, dass der EVO-Vorstand sich in der Vergangenheit in erster Linie mit der Verbesserung von Prozessen beschäftigt hat – und nicht mit den Fehlstrukturen, die sich durch das veränderte Marktverhalten der Kunden nun als ineffizient erwiesen hätten.

Hartmut Gieske (Kaufmännischer Vorstand) auf der Bilanz-Pressekonferenz der EVO in Oberhausen.
Hartmut Gieske (Kaufmännischer Vorstand) auf der Bilanz-Pressekonferenz der EVO in Oberhausen. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Einen Vorteil hat die Pandemie für die EVO: Der Wettbewerbsdruck hat nachgelassen – trotz der über 270 Strom- und knapp 190 Gasanbieter vor Ort. „Unsere Wettbewerber sehen zunehmend ein, dass es nichts bringt, Angebote unter dem Einkaufspreis zu machen.“ Insgesamt hätten sich die Preisspannen zwischen den günstigsten und teuersten Anbietern verringert. „Wir haben zu Unrecht das Image, ein teurer Energieversorger zu sein. Punktuell mag das so aussehen, aber über zwei bis drei Jahre gerechnet sind wir relativ günstig.“

Die seit vielen Jahren steigende Förderung der erneuerbaren Energien durch Preisaufschläge bei den Stromkunden (EEG-Umlage) hält Gieske für ungerecht. „Der nicht auf Geldsäcken gebetteten Stadt Oberhausen werden durch die EEG-Umlage im Jahr gut 40 Millionen Euro entzogen. Davon profitieren Niedersachsen und Schleswig-Holstein mit ihren Windkraftanlagen und im Süden Baden-Württemberg sowie Bayern mit ihren Solaranlagen auf landwirtschaftlichen Gebäuden.“ Oberhausen habe mangels freier Flächen gar nicht die Chance, EEG-Umlagen durch den Bau von Windrädern und Solaranlagen in großem Maße abzuschöpfen. „Da muss ein vernünftiger Ausgleich gefunden werden.“

Oberbürgermeister Daniel Schranz, EVO-Aufsichtsratsvorsitzender, lobte die auf eine lokale Historie von 120 Jahren blickende EVO für ihr anhaltendes soziales Engagement: „Kein anderes Unternehmen engagiert sich so stark in unserer Stadt. Die Bürger erzielen mit der EVO eine mehrfache Rendite.“ Die Sponsoring-Summe bleibt allerdings nach Angaben der EVO auch 2021 bei 140.000 Euro, die Anteilseigner sollen wieder elf Millionen Euro erhalten.

EVO rechnet mit höheren Strompreisen

Die Stromkunden in Deutschland müssen sich nach Angaben des Vorstandes der Energieversorgung Oberhausen (EVO) auch in den nächsten Jahren auf weiter steigende Strompreise einstellen. Vor allem die Entgelte für die Netznutzung werden nach Schätzung von EVO-Vorstand Hartmut Gieske kräftig anziehen.

„Im Norden stehen fertige Windkraftanlagen, die nicht ans Stromnetz angeschlossen werden können, weil die Stromtrassen in den Süden fehlen. Diese Verbindungen müssen erst noch gebaut werden – die Kosten dafür werden wohl die Stromkunden zahlen müssen“, sagte Gieske. „Und ich finde, die Strompreise in Deutschland sind jetzt schon hoch genug. Da wird es in den nächsten Jahren noch so manchen Aufschrei geben.“