Oberhausen. Die im Bund überlegte allgemeine CO2-Steuer auf Heizung, Sprit und Strom könnte nach Ansicht von Energiemanager Gieske normale Familien treffen.

Die Energieversorgung Oberhausen (EVO) hat die Politik gewarnt, mit einer zusätzlichen Bepreisung des klimaschädlichen Kohlendioxid-Ausstoßes zu versuchen, die Bürger zu mehr Klimaschutz zu bewegen. Der dazu notwendige Aufschlag auf den Strom-/Heizöl-Preis führe zu erheblichen sozialen Verwerfungen. Das je zur Hälfte der Stadt und Innogy SE gehörende Unternehmen sieht die Gefahr, dass die Kosten im Kampf gegen den Klimawandel vor allem arme Familien und Rentner tragen müssen.

EVO-Vorstand Hartmut Gieske warnt die Politik davor, mit weiteren Steuern Gas und Strom zu einem Luxusgut zu machen.
EVO-Vorstand Hartmut Gieske warnt die Politik davor, mit weiteren Steuern Gas und Strom zu einem Luxusgut zu machen. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

„Wir müssen aufpassen, dass wir die Gas- und Strompreise nicht so weit durch Steuern und Abgaben verteuern, dass sich normale Familien keine warme Wohnung oder keinen elektrischen Backofen mehr leisten können“, sagt EVO-Vorstand Hartmut Gieske im ausführlichen Interview mit der Redaktion. „Ich habe schon vor einigen Jahren vor einer Entwicklung gewarnt, die Energie zum Luxusgut werden lässt. Dieser Trend darf sich gerade in Städten wie Oberhausen nicht fortsetzen, wo viele Bürger nicht mit allzu großer Kaufkraft gesegnet sind. Diese haben auch ein Anrecht auf Strom und Wärme.“

Bund überlegt Einführung der CO2-Steuer

Der Bund prüft derzeit, ob es sinnvoll ist, eine Abgabe auf CO2 auch auf den Straßenverkehr, den privaten Energieverbrauch und auf die Landwirtschaft zu erheben. Bisher gibt es solch einen Preis für den Kohlendioxid-Ausstoß nur für die Industrie und für Kraftwerke.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat ausgerechnet, dass für einen Temperaturanstieg von immerhin noch drei Grad im Mittel ein CO2-Preis von 30 Euro notwendig wäre – dieser Preis würde bereits Gas um 27 Prozent verteuern, Strom um 17 Prozent und Benzin um sechs Prozent. Grüne und SPD setzen sich deshalb für einen sozialen Ausgleich ein: Niedrigverdiener, die meist keine großen Autos und Wohnungen haben, erhalten so angeblich mehr zurück als sie zahlen.

Grüne wollen 40 Euro pro Tonne CO2

Mit 40 Euro pro Tonne wollen die Grünen den Ausstoß von Kohlendioxid besteuern. Zugleich sollen diese Einnahmen als Energiegeld an die Bürger zurückverteilt werden. Europaabgeordneter Sven Giegold hat im Interview mit n-tv beschrieben, was das für eine Familie bedeutet: „Das führt dazu, dass eben Menschen mit geringen und mittleren Einkommen, die seltener SUVs fahren, kleinere Wohnungen haben, nicht so häufig mit dem Flieger zum Shopping reisen, weniger bezahlen, aber mehr zurückbekommen.“

In Zahlen sieht das nach Giegolds Rechnung so aus: Eine vierköpfige Familie bekäme ein jährliches Energiegeld von 1200 Euro. 25.000 Kilometer mit einem ineffizienten Auto zu fahren, kostet 240 Euro CO2-Steuer. 4000 Kilowattstunden Strom ergeben 80 Euro, hinzu kämen noch 25.000 Kilowattstunden Erdgas, das wären 250 Euro Steuer. „Da wäre dann noch eine Menge Luft zum Pendeln, für Konsumgüter oder Urlaub, bis man als Familie wirklich draufzahlt.“

Der Oberhausener Energieversorger schlägt als Alternative zu einer neuen Steuer auf CO2 für Privathaushalte vor, Förderprogramm für moderne Heizungen in Altbauten voranzutreiben: „Mit Bestrafung kann man nicht viel erreichen, sondern wir müssen stärker mit Anreizen arbeiten, um Erfolge beim Klimaschutz zu erzielen“, sagt Gieske. Die Bevölkerung sei oftmals einsichtiger als viele glaubten – beim sinkenden Verbrauch von Plastiktüten sehe man, dass die Bürger auch ohne Bestrafungsaktionen umweltfreundlicher würden.

Doppelmoral der Klimaschützer

Zugleich warf der EVO-Vorstand vielen Bürgern und Politikern aber auch vor, beim Thema Klimaschutz mit gespaltener Zunge zu sprechen. Einerseits wollten viele mehr Umweltschutz, sobald es aber darum gehe, selbst einen Beitrag beizusteuern, klafften Worte und tatsächliches Handeln schnell auseinander: „Über Umweltschutz sprechen sie alle, aber wenn jeder einzelne dann dazu einen Beitrag leisten soll, wird es sehr, sehr dünn. Wenn ich die Autos auf den Straßen betrachte, sind sie nicht kleiner, sondern größer geworden“, beobachtet der Betriebswirt.