Oberhausen. Am Sterkrader Tor bewundert Künstler Heiner Meyer die Skulptur „Red Heels“ für die Ludwiggalerie. Franken Apparatebau kennt ganz andere Aufträge.
Wer die 163 Meter der Franken’schen Werkhalle abschreitet, dürfte auf dem Weg stille Zweifel hegen: Ob sich eine sechs Meter hohe Skulptur hier vor den gewaltigen Werkstücken der Apparatebauer behaupten kann? Nun, den „Red Heels“ von Heiner Meyer gelingt selbst dort der große Auftritt, wo im Hintergrund Kontaktkessel und Wärmetauscher aufragen – nicht zuletzt auch ein Erfolg des knalligen Ferrarirot für diese Komposition aus sieben hochhackigen Schuh-Silhouetten.
Doch während Christine Vogt, die Direktorin der Ludwiggalerie, sich in einer Geste schönster Ergriffenheit ans Herz fasst, bewahrt der Künstler kühle Contenance: „Ich habe sie mir kleiner vorgestellt“, sagt Heiner Meyer mit fast britischem Understatement. Das lässt sich wohl so übersetzen: Auch der 67-jährige Pop-Art-Künstler aus Bielefeld ist beeindruckt von der dreidimensionalen Umsetzung jener Skizzen, die er der Ludwiggalerie für eine neue Außenskulptur vor dem Schloss Oberhausen geschenkt hat.
Raumwirkung aus zweidimensionalen „Scherenschnitten“
Aus den Skizzen wurde zunächst ein tischkleines Modell, das Heiner Meyer aus mit Schaumstoff gefülltem Papier formte. „Das hier hat eine ganz andere Dimension“, sagt der Protagonist der „Art about Shoes“-Ausstellung in der Ludwiggalerie denn doch mit Nachdruck. Der Künstler weiß: Längst nicht immer lassen sich Entwürfe glücklich 1:10 übertragen „ohne dass es verliert“.
Noch zeige sich kleine Teilflächen des Werkes in mattem Stahlgrau: Es sind jene kritischen Punkte, an denen sich die sieben Schuhe dieses Stiletto-Turms an nur wenigen Zentimetern berühren. Es ist eine trotz ihrer sechs Tonnen Gewicht fragil wirkende Gestaltung, für die der Statiker Christoph Diekmann leistungsstarke 3D-Modellierungs-Software einsetzte. Im Detail musste daher Heiner Meyer nachjustieren, betont aber: „Wir sind sehr dicht an dem ursprünglichen Entwurf.“
Dem Bildhauer und Maler war’s wichtig, seinem dreidimensionalen Werk aus zweidimensionalen „Scherenschnitten“ eine Raumwirkung zu geben „ohne Schokoladenseite“: Leichtigkeit trotz Größe und Gewicht: „Wenn Sie drum herum gehen, kriegen die Schuhe eine Abstraktion.“
An der Konrad-Adenauer-Allee avancieren die „Red Heels“ damit am 19. März zum Nachfolger des (nach der Tonnage) noch etwas gewichtigeren „Head through Belly“-Stahlwerks von Keith Haring. „Erstaunlich“, sagt Heiner Meyer angesichts seines nach Höhenmetern bisher überragendsten Werkes, „dass alles trotz Corona so gut geklappt hat: Alle Beteiligten sind bei der Stange geblieben.“
Materialersparnis ist eine Selbstverständlichkeit
Es ist der Chef der Apparatebauer, Wilhelm Franken, der prägnant auf die Gabe von Jutta Kruft-Lohrengel als „Türöffnerin“ verweist: Die Vorsitzende des Freundeskreises der Ludwiggalerie und IHK-Präsidentin „hat uns alle Wege geebnet“, ergänzt Christine Vogt.
War’s ein besonderer Auftrag für die Apparatebauer am Sterkrader Tor? „Nach Gewicht und Technik war’s keine besondere Beanspruchung“, sagt Wilhelm Franken. Mit computergesteuerter Präzision holten die Experten für Spezialaufträge die sieben topmodischen, aber höchst unregelmäßigen Schuhformen aus einer quadratischen Stahlplatte. „Bei uns wird jeder Handschlag auf seine Wirtschaftlichkeit geprüft“, betont der Geschäftsführer: Da sei Materialersparnis eine Selbstverständlichkeit.
Und auch dem Abtransport der „Red Heels“ am Freitag, 19. März, in aller Frühe sieht Franken gelassen entgegen. „Von hier aus gingen schon Apparate in die weite Welt“ – darunter ein 188 Tonnen schwerer Wärmetauscher für ein Kraftwerk in Neukaledonien. Leider kamen aus dem Südpazifik noch keine Wartungsanfragen – Wilhelm Franken hätte diese Dienstreise gerne angetreten.
Die „Red Heels“, meint der Chef von 108 Mitarbeitern, könnten „was den Stahl betrifft die nächsten beiden Generationen“ in ungeschmälerter Schönheit bewundern. Heiner Meyer hört’s und meint geradezu übermütig: „Bei meinen Bronzen gebe ich nie mehr als 400 Jahre Garantie.“