Oberhausen. Das Unternehmen GHH Radsatz in Oberhausen fürchtet wegen Corona Umsatzeinbußen. Die Spendenbereitschaft ist dennoch höher als in den Vorjahren.

Menschen verlieren ihre Jobs, andere sind in Kurzarbeit, der langfristige Schaden, den die anhaltende Coronakrise der Wirtschaft zufügt, ist nicht absehbar. Da könnte man meinen, die Spendenbereitschaft der Unternehmen sinkt in dieser so schwierigen Zeit. Doch trotz der großen Unsicherheit ist vielerorts das Gegenteil der Fall. So zeigt sich auch das Oberhausener Industrie-Unternehmen GHH Radsatz im Corona-Jahr 2020 spendabler als in den Vorjahren.

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Dem Betrieb an der Gartenstraße in Sterkrade geht es „relativ gut“, sagt dessen Geschäftsführer Ronald Seidelman. Er wird das Jahr trotz Coronakrise mit einem „zufriedenstellenden Ergebnis“ abschließen. „Deshalb möchten wir der Gesellschaft etwas Gutes tun, gerade in dieser Zeit, in der es anderen nicht so gut geht wie uns.“

GHH Radsatz spendet jedes Jahr zu Weihnachten. Und so freut sich auch in diesem Jahr die Oberhausener Tafel über den traditionellen Scheck über 2500 Euro. Für weitere 3000 Euro hat das Unternehmen in diesem Jahr Weihnachtstüten gefüllt, mit kleinen Geschenken und Gutscheinen. Sie gehen an die Bewohner zweiter Alten- und Pflegeheime in Oberhausen sowie an den Verein „Frauen helfen Frauen“ als Träger der Oberhausener Frauenberatungsstelle.

Coronavirus: Auswirkungen werden auch GHH Radsatz in Oberhausen treffen

Damit wäre die Geschichte erzählt: Oberhausener Unternehmen spendet für wohltätige Zwecke. Doch im Gespräch mit Geschäftsführer Ronald Seidelman wird deutlich, dass das soziale Engagement nicht selbstverständlich ist. Denn die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise werden auch GHH Radsatz treffen – mit zeitlicher Verzögerung. Für das zweite Quartal 2021 rechnet Seidelman mit deutlichen Umsatzeinbußen.

GHH Radsatz: Geschäftsführer Ronald Seidelman in seinem Werk an der Gartenstraße in Sterkrade. Das Foto wurde im Mai 2019 gemacht.
GHH Radsatz: Geschäftsführer Ronald Seidelman in seinem Werk an der Gartenstraße in Sterkrade. Das Foto wurde im Mai 2019 gemacht. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Das Unternehmen produziert Räder und Fahrwerke für Züge, Straßenbahnen und andere Schienenfahrzeuge für Verkehrsbetriebe. Doch der öffentliche Nahverkehr leidet unter den Folgen der Corona-Krise, die Zahl der Fahrgäste ist eingebrochen, Umsätze gehen zurück. Die Zahl der neuen Aufträge für GHH Radsatz hat sich während der Krise halbiert.

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Noch spüren dies die rund 280 Mitarbeiter an der Gartenstraße am eigenen Leib nicht. Bislang konnte Seidelman drohende Kurzarbeit abwenden. Bis zum Sommer füllten sich die Auftragsbücher, Arbeit ist noch ausreichend vorhanden. Dass dies auch 2021 so bleiben wird, kann der Geschäftsführer nicht versprechen; die Sorgen der Mitarbeiter sind dementsprechend groß. „Und das spüre ich auch“, sagt Seidelman mit bedrückter Stimme. „Ich hoffe, wir kommen mit einem blauen Auge davon.“

Wegen Coronavirus: Enkel seit März nicht in den Arm genommen

Dennoch möchte er den Blick auf das Gute richten. „Andere Länder wie Spanien oder Frankreich hat es viel härter getroffen als uns. Und wenn es einem selbst gut geht, sollte man etwas zurückgeben.“ Gerade jetzt in der Weihnachtszeit werde deutlich, wie schwerwiegend diese Krise ist, sagt Seidelman. Auch sein persönliches Weihnachtsfest wird in diesem Jahr ein ganz anderes – und wohl auch etwas traurigeres, sein als üblich.

Nicht verzagen

Unter dem Eindruck der Corona-Pandemie hat Radsatz-Geschäftsführer Ronald Seidelman auch die diesjährigen Weihnachtskarten des Unternehmens verfasst. Geschickt wurden sie an Kunden und Geschäftsfreunde.

„Wieder ist Weihnachten, wieder ein Jahr zu Ende. Noch im vergangenen Jahr haben wir uns Frieden, Glück, Gesundheit und vieles mehr gewünscht. Manches davon hat sich erfüllt, einiges jedoch nicht. Doch ist es nicht besser, sich an den wenigen guten Dingen zu erfreuen, als an den weniger guten zu verzagen?“

Seidelman hat eine große Familie, Weihnachten feiert er sonst im großen Kreis mit bis zu 30 Personen. „Daran ist in diesem Jahr natürlich nicht zu denken.“ Er feiert allein mit seiner Frau. Wenn er seine 89 Jahre alte Mutter besucht, dann nur mit Maske und Abstand. Seine drei Enkel hat er seit März nur aus der Ferne gesehen und ihnen zugewunken. „Es ist nicht schön, wenn ein Kind fragt, warum der Opa es nicht mehr in den Arm nimmt.“