Oberhausen. Einzelne Läden öffnen, andere liefern und manche sind einfach dicht. Wie sich die Marktstraße in Oberhausen zum Corona-Lockdown verändert hat.
Der Samstagvormittag ist die Königsdisziplin für Einkäufer. Und so kurz vor Weihnachten erst recht. Normalerweise ist die Innenstadt von Oberhausen jetzt die freie Wildbahn für hektische Einkaufstüten-Träger. Doch an diesem letzten Wochenende vor Heiligabend und dem erstem nach dem neuen harten Corona-Lockdown mutet das Bild zur Rushhour eigentümlich an: Nicht komplett leer, aber auch nicht voll – die Marktstraße fühlt sich seltsam an.
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„Ein bisschen was darf ja öffnen“, findet Hermann Wrobel. „Auch wenn ich die Logik nicht immer begreife.“ Er meint damit die vielen Ausnahmen in den Lockdown-Vorschriften, aber auch wie diese von den Händlern in der Praxis ausgelegt werden. Manchen Handyladen hat er schon geöffnet gesehen. Oder Haushaltsläden im weiteren Sinne, in denen ein Teil der Waren mit Absperrband abgetrennt war. Notwendiger täglicher Bedarf sei schon ein dehnbarerer Begriff. Da kann man es einer älteren Frau mit Rollator nicht verdenken, dass sie gerade irritiert an der verriegelten Tür vor der Woolworth-Filiale rüttelt.
Corona-Lockdown: Mini-Tannenbäume in Rollregalen, Paprika in der Tüte
„Aber, wenn es der Wirtschaft hilft“, sagt Hermann Wrobel, zuckt mit den Schultern und rückt schnell in seinem Gesicht die FFP2-Maske aus der Apotheke zurecht. Aus der gelben Supermarkt-Einkaufstüte lugen abgepackte Paprikaschoten und kleine Tomaten. „Ich muss los, sonst schimpft meine Frau!“
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So genau schaut er gar nicht hin, als er zurück auf die Einkaufsstraße biegt. Die Gefahr, auf der Marktstraße jemanden versehentlich anzurempeln, ist diesmal auch gering. Kurz vor der Mittagszeit sind vereinzelt Menschen unterwegs. Viele schauen eher entspannt aus als vorweihnachtlich gestresst. Statt um Geschenke geht es um die Nahversorgung. Lebensmittelgeschäfte wie Edeka und Netto heißen die Ziele. Kurz vor zwölf, das Essen muss auf den Tisch.
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An den Blumenläden bleiben einige stehen, diese haben geöffnet. „Etwas Schönes für die Feiertage...“, murmelt eine Kundin an einem Haufen gebundener Tannenzweige, die für 2,50 Euro zu haben sind und auf dem Boden lagern. Viele mit weißem Sprühschaum gepuderte Mini-Tannenbäume stehen noch kerzengerade mit dem 6,99-Euro-Preischild in Rollregalen vor dem Laden. Daneben parken kleine Pflänzchen mit eingestecktem Weihnachtsmann-Kopf in der Blumenerde. Nachschub? Jau, ist noch da!
Corona-Lockdown: Einrichtungshaus nutzt Beratung per Laptop und Webcam
Dem Handel fehlt der Endspurt im Weihnachtsgeschäft schmerzlich. Jetzt ist es höchstens ein gemächlicher Spaziergang. Am Inneneinrichtungshaus Hülskemper steht noch das große „20 Prozent Rabatt“-Schild im Schaufenster. Die Tür ist geschlossen. Und doch hat das etablierte Geschäft einen pfiffigen Weg gefunden, die Corona-Auflagen komplett einzuhalten und die Kunden trotzdem nicht ratlos zurückzulassen.
Das Haus spricht mit den Kunden über das Internet. Innenarchitektin Anja Schröer-Hülskemper beantwortet per Webcam und Laptop die Stilfragen. „Auch so kann man Kunden anhand von Grundrissen, Farben und Stoffmustern kompetent und zugleich sicher auf Distanz beraten“, schreibt das Unternehmen auf seiner Facebook-Seite. Und: Durch einen Abhol-Drive-in im Innenhof können vorher bestellte Artikel mit dem Auto kontaktlos abgeholt werden.
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Woanders nennt sich eine ähnliche Variante „Click & Collect“, also anklicken und selbst abholen. Im Internet wird gebucht, und an den Länden wird die Ware dann abgeholt. Im Spielzeugladen Lausberg an der Langemarkstraße kann man natürlich nicht wie sonst nach Geschenken stöbern, aber es öffnet der DHL-Postpaket-Schalter. Und vorbestellte Spielwaren? Ja, eine Abholung ist auch hier möglich.
Corona-Lockdown: Liefer- und Abholservice für Sportkleidung
Darauf vertrauen Händler tatsächlich häufiger. „Gehen Sie raus, unternehmen Sie Spaziergänge, atmen Sie frische Luft, tanken Sie Kraft und Zuversicht“, empfiehlt am Altmarkt im Schaufenster vom Sportgeschäft Wonsyld ein verziertes Plakat. Für Kleidung, Schuhe und Ausrüstungen gibt es im geschlossenen Geschäft einen Liefer- und Abholservice. Die Fragen werden per Telefon beantwortet. „Das Jahr geht zu Ende. Corona leider noch nicht!“
Und weiter geht es: Ein Optiker bietet einen hohen Rabatt auf Homeoffice-Brillen. Er darf öffnen. Und vor dem Eingang zur Targo-Bank ziehen die Kunden ihre Geldkarten. Allerdings dürfen nur drei Personen das Foyer vor den Geldautomaten auf einmal betreten. Schlangen gibt es vereinzelt dann doch wieder – aber sonderlich lang sind sie nicht. Die Kunden warten vor Bäckern und Apotheken. „Brötchen und Masken!“ Über diese begehrte Kombination hätte man im vergangenen Jahr wohl nur gestaunt.
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Äpfel und Birnen kann man doch miteinander vergleichen. Zumindest im Mali-Supermarkt an der oberen Marktstraße. Jede Menge Obst liegt hier in halbschräg aufgestellten Kisten vor dem Laden. „Nein, voll ist es nicht. Aber die Menschen kommen rege nacheinander“, hat man hier beobachtet. In Corona-Zeiten werde der Kühlschrank eben gerne mit Vitaminen aufgefüllt.
Corona-Lockdown: Party-Würstchen in Riesendosen – für die Zeit ohne Party
Einzelne Schausteller auf der Marktstraße
Die Weihnachtsmärkte sind im Corona-Jahr ausgefallen. Sowohl das Centro Oberhausen als auch der Altmarkt in der Innenstadt waren betroffen. Einzelne Schaustellerstände öffnen mit weitem Abstand auf der Marktstraße. Hier geht es um Süßigkeiten wie Popcorn und gebrannte Mandeln sowie Bratwürste und Schweinesteaks.
Als Ersatz für den ausgefallenen Weihnachtsmarkt hatte Oberhausen bis zum 20. Dezember das Weihnachtsleuchten mit 200 LED-Lichtern an Plätzen und Gebäuden gestartet. Unter anderem illuminierten die Macher dafür die Platanen am Friedensplatz.
Dort, wo sich Marktstraße und Nohlstraße treffen, öffnet ein Geschäft für Lebensmittel-Sonderposten. Auf den Paletten stapeln sich die Blechdosen. Eine Kundin staunt. „60 Brühwürstchen für fünf Euro?“ 3000 Gramm Fleisch sollen sich in der runden Verpackung befinden. Diese wirkt so groß, als könne man damit problemlos die Einfahrt zu seiner Garage planieren. „Party-Würstchen“ steht auf dem Werbeschild. Aber ohne Party? Da benötigt der Haushalt wohl einen großen Appetit.
Kurz bevor einzelne Passanten zur Elsässer Straße abbiegen, spielt noch ein einsamer Geiger vor den abgeklebten Scheiben der geschlossenen Eisdiele ein leises „Ave Maria“. Vor einem Corona-Weihnachtsfest, an dem die Festgottesdienste über die Feiertage ausfallen werden.