Oberhausen. Oberhausener Einzelhändler spüren: Corona verstärkt bislang die Bereitschaft, bei ihnen zu kaufen – und beeinflusst, was auf Wunschzetteln steht.
Offenbar hat die Corona-Pandemie sogar einen Effekt auf das Spielzeug, das die Eltern und Großeltern dieser Welt im Auftrag des Christkindes unter den Weihnachtsbaum legen: „Handpuppen und Gesellschaftsspiele, eben kommunikative Geschenke, sind dieses Jahr sehr beliebt“, sagt Ursula Lausberg vom gleichnamigen, stadtbekannten Spielzeugladen an der Langemarkstraße. „Das Miteinander wird dieses Jahr sehr gut gepflegt.“ Anscheinend, so Lausberg, weil es durch die Kontaktbeschränkungen in so vielen Lebenssituationen fehle.
Auch zahlreiche neue Gesichter habe Ursula Lausberg dieses Jahr in ihrem Laden begrüßen dürfen. „Manche betonen, dass sie den Einzelhandel vor Ort ganz gezielt unterstützen wollen, manche sind ganz baff, weil sie seit Jahren keinen richtigen Spielzeugladen mehr von innen gesehen haben.“ Jedes Jahr habe sie sich geärgert über Kunden, die Geschenkideen bei ihr im Geschäft sammeln und dann doch per Klick bei Amazon und Co. bestellen, manchmal sogar noch direkt am Smartphone in ihrer Filiale. „Dieses Jahr“, sagt sie, „gab es das aber kein einziges Mal“.
Buchhändler: Die Oberhausener suchen keine heile Welt
Auch in der Buchhandlung Zweitbuch in Schmachtendorf merkt man, wie Corona die Wunschzettel mitschreibt – allerdings nicht etwa, indem verstärkt Pandemie-Titel wie Albert Camus’ Klassiker „Die Pest“ oder Jean Gionos weniger bekannter Abenteuer-Roman „Der Husar auf dem Dach“ in Geschenkpapier eingewickelt werden. „Das war nur ein kurzer Effekt zum Anfang der Corona-Krise“, sagt Zweitbuch-Inhaber Lars Baumann. Vielmehr stelle er ebenfalls fest, dass Geschenke fürs Miteinander, also Gesellschaftsspiele, bei ihm vermehrt nachgefragt werden. „Die Leute spielen wieder – das ist toll.“
Was die Literatur angeht, seien hingegen wenig Auffälligkeiten zu beobachten. „Es gibt weder den Wunsch nach einer heilen Welt noch nach dystopischen Titeln“, sagt Baumann. „Die Leserschaft verschließt sich wegen der aktuellen Situation nicht vor einem Thema.“ Also sind es doch die typischen Bestseller-Titel, die stark nachgefragt werden – Charlotte Links „Ohne Schuld“, Dirk Rossmanns „Der neunte Arm des Oktopus“ oder Volker Kutschers „Olympia“.
Kollektion der „Grubenhelden“ ist besonders beliebt
Auffällig hingegen sei schon, dass viele Kunden bewusst mit dem Antrieb, den Einzelhandel vor Ort unterstützen zu wollen, bei ihm bestellen – nicht nur im Laden, sondern auch online. „Es gibt ja auch den Online-Käufer, der lokal kauft“, sagt Baumann. „Die Frequenz im Online-Shop ist bei uns sehr stark gestiegen.“ Die Unterstützung des Vor-Ort-Geschäfts allein durch Hilfeschreie antreiben zu wollen, hält Baumann offenbar für die falsche Haltung: „Durch den Lockdown ist ja auch klar geworden, wer die Steuern bezahlt, wer für die Kommunen da ist“, sagt er. Geschenktüten für einen guten Zweck zu sammeln, so wie es seine Buchhandlung pflege, könne man von den Internet-Riesen eben nicht erwarten.
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Dass die wiedergewonnene Liebe zum lokalen Einzelhandel auch dafür sorgt, dass die Weihnachtskäufer mehr lokalpatriotische Geschenke mit Bergbausymbolik mitnehmen, wäre hingegen ein Irrglaube. So hört man es zumindest aus der Touristinfo, wo Souvenirs mit Oberhausener-Bezug „nicht stärker nachgefragt werden als in den Jahren zuvor“. Erfolgreich hingegen sei die aktuelle Kollektion des Gladbecker Modelabels „Grubenhelden“, die man inzwischen auch in der Tourist-Info anbiete, sagt Verkäuferin Annika Salomon.
Händler unterstützen sich gegenseitig
Das Handgefertigte aus dem Pott hat auch „Made of Steel“ an der Bergstraße in Osterfeld zur revierweit beliebten Adresse für stählerne Dekoration und Wandschmuck gemacht. „Besonders beliebt sind individuelle Anfertigungen, persönliche Geschenke, eben nicht das von der Stange“, sagt Geschäftsführerin Alexandra Viefhaus, die für diese Saison keine Weihnachtsdekoration angefertigt hat – vor allem, weil sie dieses Jahr nicht auf dem Weihnachtsmarkt am Centro verkaufen kann.
Alternativ hat sie jetzt ihren Laden an der Bergstraße verlängert geöffnet, auch samstags und mittwochs. „Und die Leute kommen tatsächlich“, sagt sie. „Wir haben deutlich mehr Bestellungen aus der Umgebung – Bochum, Duisburg, Essen – zu verzeichnen. Die Leute wollen in der Tat vermehrt den Einzelhandel unterstützen“, meint sie. Wichtig sei aber auch, dass sich die Händler selbst gegenseitig unterstützen und ihre Reichweiten teilen. Viefhaus schlägt deshalb zum Beispiel die Werbetrommel für den Feinkostladen von Van der Knokke in der Innenstadt.
Feinkostenladen setzt auch mal auf regionale Produzenten
Dankbar für die Unterstützung sagt Inhaber Jan René van der Knokke: „Man kann auch mit einem guten Beispiel vorangehen und als Einzelhändler selbst in Oberhausen einkaufen.“ Viele seiner Kunden täten es ihm gleich. „Sie sagen durchaus, dass sie bereit sind, regionale Händler zu unterstützen.“ Bei vielen Geschenksuchenden besonders beliebt: Essig und Öle, klassische Liköre, edler Wein und Schokolade.
Was regional verkauft wird – und das hat Corona mit zahlreichen unterbrochenen Lieferketten ebenfalls stark problematisiert –, das wird jedoch in den seltensten Fällen regional produziert. „Ich selbst bemühe mich, da einen Mittelweg zu finden“, sagt Jan René van der Knokke: „Ich habe Senf und Gin aus dem Sauerland, aber will den Kunden auch etwas Exotisches wie Gewürze aus Indien bieten.“ Und letztendlich seien das, solange man keine Alleinregentschaft in der Küche pflege, ja auch sehr kommunikative Geschenke.
Zufrieden mit dem Weihnachtsgeschäft
Bislang zeigen sich die Oberhausener Händler, mit denen wir für diesen Artikel gesprochen haben, recht zufrieden mit dem Weihnachtsgeschäft. Kundschaft, die durch die coronabedingte Zurückhaltung fehle, werde durch die Bereitschaft anderer, mehr vor Ort kaufen zu wollen, größtenteils ausgeglichen, heißt es.
Durch einen zweiten harten Lockdown vor Weihnachten, den NRW-Ministerpräsident Armin Laschet nun beabsichtigt, dürfte die Stimmung allerdings wieder kippen. Auch der Oberhausener SPD-Landtagsabgeordnete Stefan Zimkeit hat bereits gefordert, Geschäfte wieder zu schließen – allerdings nach Weihnachten.