Oberhausen. Schnarchen und Atemaussetzer: Schlafapnoe ist eine Volkskrankheit. Wie Betroffenen im Schlaflabor der Helios-Klinik Oberhausen geholfen wird.
Maskenpflicht? Die herrschte bei Dieter Buhren schon Monate vor Corona – und zwar ausschließlich im Schlafzimmer. Statt sich Mund und Nase mit einem Stück Stoff zu bedecken, ist bei dem 47-Jährigen jeden Abend „Düsenjägerpilot spielen“ angesagt, wie er es selbst scherzhaft formuliert.
Buhren schläft seit einem halben Jahr mit einer sogenannten CPAP-Maske, die durch leicht erhöhten Druck in den Atemwegen das Einatmen erleichtert. Ob die ihn gesund schlafen lässt, soll bei einer Übernachtung im Schlaflabor der Helios St.-Elisabeth-Klinik kontrolliert werden. Aber zunächst ein Jahr zurück.
Atemaussetzer in der Nacht: Schlafapnoe blieb fast unerkannt
Von seinen Atemaussetzern und dem lauten Schnarchen hatte höchstens Dieter Buhrens Frau etwas gemerkt. Seine Ehe setzte er damit zwar nicht aufs Spiel – aber beinahe seine Gesundheit. Als der Oberhausener im Herbst 2019 eine Routineuntersuchung beim Kardiologen antrat, zeigte sich: „Mein Herz erholt sich nicht gut, der Blutdruck war viel zu hoch. Und das kann ja auf Dauer nicht gesund sein.“ Der Arzt legte Buhren ein Schlaf-Screening nahe.
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In Oberhausen wird eine solche Schlafbeobachtung neben dem zertifizierten Labor der Helios-Klinik auch im Ameos Klinikum St. Marien angeboten. Für Buhren – selbst Mitarbeiter bei Helios – lag der Besuch von St. Elisabeth nahe. Bevor man sich dazu entschied, ihn hier zur Beobachtung übernachten zu lassen, musste er aber zunächst eine Nacht mit zwei Gurten, einem sogenannten Sättigungsfinger und Nasenbrille im eigenen Bett verbringen – „das kleine Schlaflabor“ nennt es Diana Lock, Leiterin des großen Schlaflabors der Helios-Klinik. „Gemessen werden mit den Geräten Werte wie Atemgeräusche, Herzfrequenz, Körperlage oder Sauerstoffsättigung im Blut“, erklärt sie. Dieter Buhrens Werte: Alarmierend. Die nahe liegende Diagnose: eine Schlafapnoe.
Schlafapnoe: Fast zehn Prozent der Menschen über 60 sind betroffen
Bei der Krankheit unterscheidet man zwei Formen. „Die obstruktive und die zentrale Apnoe“, erläutert Sahmir Kujovic, Chefarzt der Pneumologie und Schlafmedizin an der Helios-Klinik. Das zentrale Syndrom ist wesentlich seltener und beruht auf einer Störung im zentralen Nervensystem. Die obstruktive dagegen ist weitaus häufiger, wie der Experte erläutert. „Hier verschließen sich immer wieder für kurze Zeit die oberen Atemwege. Eine unterschätzte Volkskrankheit.“ Mit Übergewicht und dem Alter steigt das Risiko: Bei den 40-Jährigen hätten ein bis zwei Prozent eine diagnostizierte Schlafapnoe, bei den Menschen über 60 sind es laut Kujovic fast schon zehn Prozent. „Wobei die Dunkelziffer in Deutschland viel höher sein dürfte.“
Denn oft bleibt die Schlafkrankheit unentdeckt. Wie fast auch bei Dieter Buhren, der sich tagsüber – im
Gegensatz zu vielen anderen Betroffenen – ausgeruht fühlte. Aber nun hatte es Buhren schwarz auf weiß, wie ungesund sein Schlaf wirklich ist. Also musste er seine erste Nacht im Schlaflabor verbringen. Wurde an Stirn, Kinn, Schläfen und hinter den Ohren verkabelt, per Kamera beobachtet und musste erstmals mit Maske und angeschlossenem Niederdruckgerät schlafen. Träumen unter Vollkontrolle. Wie man mit all dem überhaupt schlafen kann? „Manche Menschen schlafen in der ersten Nacht hier schlecht“, erzählt Diana Lock. „Aber in der zweiten Nacht klappt dann meist alles.“
Mit der Maske ist es wie mit Wanderschuhen
Dieter Buhren ist da kein Problemfall gewesen. Auch heute nicht, bei seiner zweiten Nacht im Schlaflabor. Schließlich hat er ja sein „Lieblingsteil“ dabei, witzelt er und zeigt auf seine Maske. Denn die störe ihn beim Schlafen überhaupt nicht. Dass das nicht alle Patienten so sehen, habe vor allem damit zu tun, dass sich viele mit der erstbesten Variante zufriedengäben, sagt Diana Lock. „Mit einer CPAP-Maske ist es aber ähnlich wie mit falschen Wanderschuhen. Wenn man zwei Meter damit läuft, kann noch alles gut sein – erst auf einer längeren Strecke merkt man, wo es wirklich drückt.“
Mindestens fünf Stunden müssen Buhrens Werte in der Nacht aufgenommen werden. Kontrolliert werden unter anderem Hirnströme, Sauerstoff, Puls und die Augenbewegung. Die Ergebnisse geben dann Aufschluss darüber, wie das Überdruck-Beatmungsgerät eingestellt werden muss. Beobachtet wird Buhren heute durch „seine Privatschwester“ – weil immer noch Bettenkapazitäten wegen der Corona-Pandemie vorgehalten werden, sind die anderen drei Betten im Schlaflabor derzeit nicht belegt.
Buhren lässt den Fernseher noch etwas laufen – und verkabelt sich dann selbst noch mehr. Mit Kopfhörern, für das „Drei Fragezeichen“-Hörspiel. „Die perfekte Einschlafhilfe.“
Kontrollergebnisse zeigen: Die Therapie wirkt
Am nächsten Morgen. Etwas ruhiger hätte die Nacht schon sein dürfen, gibt Buhren zu. „Man wird ja doch oft wach, weil man beim Drehen etwas vorsichtiger ist mit den ganzen Messgeräten.“ Trotzdem: Genug Tiefschlafphasen hatte er. Das offenbaren die Diagramme, die ihm der Chefarzt nach dem Frühstück zeigt.
2,7 Atemaussetzer hatte Buhren pro Stunde. „Das ist völlig normal“, sagt Sahmir Kujovic. „Bis zu fünf in der Stunde kommen auch bei gesunden Menschen vor.“ Wenn sich Atemprobleme androhten, dann ausschließlich in der Rückenlage. „Dann sind die oberen Atemwege enger, da muss das Gerät mehr Druck aufbauen. Das hat sich bei Herrn Buhren dann aber auch in Bruchteil von Sekunden erledigt.“
Die Therapie: Also ein Erfolg. Für Dieter Buhren bleibt alles wie gehabt. Eine lebenslange Maskenpflicht. Aber das, meint der 47-Jährige, sei besser als seine Gesundheit aufs Spiel zu setzen.
Operationen und Kosten
Können auch Operationen bei einer Schlafapnoe helfen? „Da mehrere anatomische Strukturen die Atempausen verursachen, garantiert beispielsweise eine operative Kürzung des Gaumensegels und Gaumenzäpfchen oder eine Nasen-OP keine anschließende Beschwerdefreiheit“, erklärt Sahmir Kujovic, Chefarzt der Schlafmedizin an der Oberhausener Helios-Klinik. Eine Alternative könne die Behandlung mit einem Zungenschrittmacher sein. Betroffenen lege man daher das Schlafen mit Maske und Überdruckgerät nahe.
Um Masken von den Krankenkassen finanziert zu bekommen, müssen sie auch regelmäßig getragen werden. Denn die Kassen fragen die Betriebsstunden in regelmäßigen Abständen ab. Verbände von Schlafapnoe-Betroffenen kritisierten in der Vergangenheit oft, dass die Kassen nur für standardisierte Masken bestimmter Hersteller aufkommen. Inzwischen seien die Kassen hier aber flexibler, heißt es aus dem Helios-Schlaflabor.