Oberhausen. Mit neun Projekten von der Theater-Spiel-Gruppe bis zur Korrespondenz in echten Briefen hofft die Theaterfaktorei auf viele Anmeldungen.

Kontaktlose Theaterpädagogik – in Pandemie-Zeiten ist dies eine besondere Herausforderung. Doch Amira Bakhit hat als Leiterin der Theaterfaktorei unverdrossen neun Projekte zusammengestellt: „Jetzt hoffen wir auf viele Anmeldungen.“ Der Spielzeit-Pressekonferenz soll bald ein eigenes Programmheft der Faktorei folgen. Schließlich soll auch die „Akademie der lauten Gedanken“ – konzipiert zur Rundum-Öffnung des Theaters Oberhausen – nicht nur in digitaler Form wieder aufleben.

Ronja Oppelt – hier fürs Programmbuch des Theaters als Mary Poppins auf Wolken schwebend –  startet mit Daniel Rothaug und Alice eine „Reise durch den Nonsens“.
Ronja Oppelt – hier fürs Programmbuch des Theaters als Mary Poppins auf Wolken schwebend – startet mit Daniel Rothaug und Alice eine „Reise durch den Nonsens“. © Theater Oberhausen | Katrin Ribbe

Ein genialer Coup der viktorianischen Literatur, über Jahrzehnte bestaunt als Text gewordener Laudanum-Rausch oder als Kinderliteratur gebändigt, passt nach 155 Jahren, als wär’s für diese verwirrende Zeit geschrieben: Lewis Carrolls „Alice im Wunderland“ inszenieren Ronja Oppelt und Daniel Rothaug als Audio-Walk – „kontaktlos“, versteht sich. Die jungen Teilnehmer erwartet „eine Reise durch den Nonsens, das bodenlose Unglück auf der Flucht vor dem Stillstehen der Zeit“. Auf die Teeparty darf man gespannt sein.

Auf eine positive Utopie setzen – eine, die hörbar ist

Noch ein Klassiker, der in diesen Monaten „viral“ gehen könnte, ist Franz Kafkas „Prozess“. Schließlich hat der arme Josef K. nichts Böses getan und sieht sich einer Verleumdungsmaschinerie ausgesetzt. Für Teilnehmer von 16 bis 22 Jahren inszeniert Leonie Rohlfing ein digitales Projekt zum Spannungsfeld von Gerechtigkeit, Selbstbestimmung und Willkür.

Die Sechs- bis Neunjährigen dürfen sich im Theater-„Aquarium“ im Rangfoyer treffen. Romi Domkowsky verspricht ihrer Theater-Spiel-Gruppe: „Alles ist möglich, denn mittwochs ist Traumstunde“. Los geht’s mit der bunten Welt des Theaters am 26. August.

Für etwas Ältere (ab 15 Jahren) mit wortwörtlich offenen Ohren bietet Sarah Fartuun Heinze ein digitales Hörspiel, genannt „UtopienSoundSuche“. In einer Welt im Umbruch erscheint die Gegenwart immer mehr wie eine Dystopie. Doch gegen das negative Zukunftsbild will das Theater eine positive Utopie setzen – eine, die hörbar ist. Darum sind die Ohren das wichtigste Werkzeug dieser theatralen Forschungsreise. Sie startet am 9. September. Die Gruppe probt mittwochs von 17 bis 19 Uhr auf Jitsi.

Vielseitig von der Theater-Spiel-Gruppe mit Sechsjährigen bis zum mexikanischen „Tag der Toten“: Die Theaterfaktorei mit Amira Bakhit (re.) und Dramaturgin Romi Domkowsky.
Vielseitig von der Theater-Spiel-Gruppe mit Sechsjährigen bis zum mexikanischen „Tag der Toten“: Die Theaterfaktorei mit Amira Bakhit (re.) und Dramaturgin Romi Domkowsky. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Eine Woche später, am 15. September, öffnet Dominik Busch wieder seine Schreibwerkstatt: Der Autor der in Oberhausen mit gutem Kritikerzuspruch uraufgeführten Lateinamerika-Dramen „Das Recht des Stärkeren“ und „Alles ist wahr“ lädt ein, im Online-Webinar gemeinsam Kurzgeschichten zu schreiben. Die Gruppe trifft sich dienstags um 17 Uhr auf Zoom.

Das „Versuchslabor Liebe“ sucht ein Serum

„Man trifft sich in einem leeren Raum“ – so startet Anke Weingartes digitales Inszenierungsprojekt für Zehn- bis 16-Jährige am 1. Oktober. „Ist dies das Ende oder ein Anfang? Was kann man hier besser machen, was die Welt draußen verbockt hat?“ Antworten gibt’s donnerstags von 16.30 bis 18 Uhr.

Weder Chats noch Mails – sondern eine Korrespondenz in „echten“ Briefen eröffnet Alexandra Glanc am 6. Oktober mit ihrem Projekt „Un-Endlichkeit“. Die Gruppe geht in einen brieflichen Austausch über Leben und Tod, sammelt Reflexionen und Biografisches, Artefakte und Alltagsgeschichten. Die Briefe gehen zweiwöchentlich montags auf die Reise.

Kein Skype, keine Mails, kein Chat – sondern echte Briefe: So will sich Alexandra Glanc mit ihrer Gruppe über die „Un-Endlichkeit“ austauschen.
Kein Skype, keine Mails, kein Chat – sondern echte Briefe: So will sich Alexandra Glanc mit ihrer Gruppe über die „Un-Endlichkeit“ austauschen. © Theater Oberhausen

Die Freude am Analogen kultiviert tags drauf, am 7. Oktober, auch Anke Weingarte mit ihrem „Theater mit viel Abstand“ – wo eigentlich kein Abstand sein sollte: Schließlich geht’s im „Versuchslabor Liebe“ ums Allerinnigste. Die Gruppe will ein Liebesserum destillieren – und konsultiert dafür die verliebtesten Paare aus Film und Fernsehen, Märchen und Literatur. Dass die Versuchsreihen zum amourösen Erfolg führen, will Anke Weingarte aber nicht versprechen.

Das kostenlose Theater-Laboratorium

Als „Experimentierwerkstatt - Laboratorium - Spinnerei“ versteht sich die Theaterfaktorei: Sie beherbergt Projekte und Werkräume für alle, die Theater nicht nur als Zuschauer erleben möchten. In den Projekten können sie unter der Leitung von Künstlern des Theaters eine eigene Inszenierung erarbeiten.

Wer schon selbst viel Theater gespielt hat, kann sich im Inszenieren ausprobieren und mit künstlerischer Unterstützung ein eigenes Projekt starten.

Alle Angebote der Theaterfaktorei sind kostenlos. Wer mitmachen will, sollte sich aber anmelden per Mail an theaterfaktorei@theater-oberhausen.de.

Zum bei uns so stillen November verheißen Romi Domkowsky und Andrea Barba schließlich einen grellbunten Werkraum nach mexikanischer Tradition: „Dia de los muertos“ am 31. Oktober und 8. November. Ob’s dann auch Totenschädelchen aus Zuckerguss gibt? Ein knackiges Programm in Fülle.