Oberhausen. . Seit 40 Jahren gibt es die Frühförderung der Lebenshilfe. Viel hat sich in vier Jahrzehnten gewandelt, nur das Ziel ist noch das gleiche: frühe Hilfe

Häufig gibt der Kinderarzt den Anstoß: Wenn sich bei einer der U-Untersuchungen herausstellt, dass ein Baby zum Beispiel im vierten Monat noch nicht selbstständig den Kopf halten kann oder kaum auf Umgebungsgeräusche oder optische Reize reagiert, liegt der Verdacht nahe, dass seine Entwicklung zumindest langsamer verläuft als bei anderen.

Um eine schnelle und frühzeitige Förderung des Kindes zu ermöglichen, damit sich bestehende Defizite gar nicht erst zu größeren Problemen auswachsen, kommt in solchen Fällen häufig die Frühförderung ins Spiel. Seit 40 Jahren schon ist sie ein wichtiger Teil des Angebots der Lebenshilfe Oberhausen. Jahr für Jahr erfahren dort im Schnitt 130 kleine Kinder Unterstützung in ihrer motorischen, emotionalen, sozialen und kognitiven Entwicklung.

„Spiel ist unser Medium“

Das Ziel – frühe Hilfe – ist noch heute das gleiche wie 1974. Die Arbeit, die Zusammensetzung des Teams und nicht zuletzt auch die Zusammensetzung der kleinen „Kundschaft“ hat sich in den vergangenen vier Jahrzehnten jedoch sehr verändert. In den Anfangsjahren – gestartet ist die Frühförderung als „Ein-Frau-Betrieb“ – hatten 40 bis 50 Prozent der Kinder in der Frühförderung eine diagnostizierte Behinderung, aktuell ist das nur noch bei sieben Prozent der Kinder der Fall. „Mittlerweile fördern wir mehr Kinder mit einer drohenden Behinderung, die von Entwicklungsstörungen, -gefährdungen und -beeinträchtigungen inklusive seelischer Störungen betroffen sind“, erklärt Elisabeth Thon, die Leiterin der Interdisziplinären Frühförderung, die selbst schon seit 30 Jahren zum Team der Einrichtung gehört: „Viele unserer Kinder sind nicht behindert, sondern sie werden in ihrer Entwicklung behindert – durch die belastenden Verhältnisse, in denen sie aufwachsen“, sagt die Einrichtungsleiterin mit Blick auf die psychosozial schwierigen Lebensbedingungen vieler Familien. Wo Armut, Arbeitslosigkeit, Trennung oder Scheidung oder schlicht Überforderung den Alltag der Eltern bestimmen, zeigen Kinder häufig Auffälligkeiten in Bewegungs-, Spiel- und Sprachverhalten.

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Im Vordergrund der Behandlung steht die Heilpädagogik, eine Disziplin, die sich nicht isoliert um Defizite kümmert, sondern den ganzen Menschen in den Blick nimmt – mit seinen Fähigkeiten, Problemen, Ressourcen sowie seinem sozialen Umfeld. „Das ist die Basis für alle Fördermaßnahmen“, erklärt Thon. „Die Eltern sind dabei für uns ganz wichtige Kooperationspartner. Sie müssen wir ermutigen und in ihrer Elternkompetenz fördern und stärken.“

"Wir freuen uns über jeden Fortschritt"

Dazu gehört auch, dass die Mitarbeiter schon mal zu Hausbesuchen kommen, wenn die Eltern es nicht schaffen, in die Frühförderstelle zu kommen – etwa, weil ein Geschwisterkind krank ist.

„Aufgesattelt“ auf die Heilpädagogik werden dann die zusätzlich nötigen Therapien, etwa Sprachtherapie oder Ergotherapie.

„Spiel ist unser Medium. Die Kinder müssen bei der Förderung Spaß haben, dann lernen sie. Unter Druck und Zwang geht gar nichts.“

Ein- bis dreimal wöchentlich kommen die Kinder in die Einrichtung – und merken im besten Fall nicht einmal, dass außer Spiel und Spaß noch etwas stattfindet. Ihre „Spielpartner“ aber registrieren jeden kleinen Fortschritt ihrer Schützlinge: „Wir freuen uns über jeden kleinen Erfolg, über jedes Kinderlachen“, sagt Thon: „Das gibt uns die Energie für die Arbeit.“