Oberhausen. . Der Vorstoß von Bundesgesundheitsminister Bahr, in den Schulen regelmäßige medizinische Untersuchungen durchführen zu lassen, stößt in Oberhausen nur auf verhaltene Zustimmung. Bei der konkreten Ausgestaltung der Pläne sehen Schulen noch Gesprächsbedarf.
Das Prinzip hat sich bewährt: Regelmäßig schaut in den Klassenzimmern der Zahnarzt in die Münder, um zu kontrollieren, wie es um die Zahngesundheit der Jüngsten bestellt ist. Da schien es Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) nur konsequent, dieses Modell auf eine allgemeine medizinische Voruntersuchung in den Schulen auszuweiten – wohl wissend, dass Erscheinungen wie Übergewicht und motorische Störungen bei Kindern auch Ergebnisse mangelnder Vorsorge sein können.
Doch erntet Bahr in Oberhausen gerade mal verhaltenes Wohlwollen statt frenetischen Applaus für den Vorstoß. Vor allem an den Schulen selbst sieht man noch viel Gesprächsbedarf über die konkrete Ausgestaltung der Untersuchungen – auch, wenn kaum jemand den Ansatz grundsätzlich in Zweifel zieht.
Klaus Nieswand, Leiter des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums, mahnt etwa an, durch schulische Untersuchungen nicht in die Zuständigkeit der Eltern einzugreifen. „Eltern müssen in ihrer Verantwortung gefordert werden“, so Nieswand. „Ich halte es für gefährlich, wenn die Schule für immer mehr Lebensbereiche in die Pflicht genommen wird. Wir können nicht alle Probleme auffangen.“ Schulische Vorsorgeuntersuchungen seien dennoch eine sinnvolle Ergänzung in der gesundheitlichen Versorgung von Kindern und Jugendlichen, so lange der normale Schulbetrieb nicht darunter leide. Ähnlich sieht es Christel Ostermann, Leiterin der Brüder-Grimm-Schule in der Innenstadt. „Gerade bei Kindern aus sozial schwachen Familien, von denen wir bei uns viele haben, wären solche Untersuchungen dringend notwendig“, sagt die Lehrerin. Besonders die regelmäßige Überprüfung des Seh- und Hörvermögens sei eine vernünftige Maßnahme. „Manchmal muss auch ein Lehrer die Eltern darauf hinweisen, dass ihr Kind zum Beispiel eine Brille benötigt. Sonst passiert da nichts.“
Dr. Michael May, Kinderpsychologe und Vorsitzender des hiesigen Kinderschutzbundes, sieht die Diskussion zu sehr auf körperliche Symptome beschränkt: „Untersuchungen in den Schulen sind gut und schön, aber sie sind nur sinnvoll, wenn man Körper und Seele als eine Einheit betrachtet. Ich will gar nicht wissen, wie viele Kinder beim Hausarzt nicht als Opfer von Gewalt auffallen, weil der Allgemeinmediziner seinen Blick nur auf den Körper richtet.“ Was die Finanzierungsfrage von Voruntersuchungen betrifft – ob etwa der Bund oder die Kommunen für die Kosten aufkommen sollen – ist May sich in einem Punkt sicher: „Es ist günstiger, einen Rauchmelder einzubauen, als das ganze Haus zu löschen.“
Hans-Henning Karbach, Leiter des Gesundheitsamtes, sieht durchaus einen Bedarf an schulischen Untersuchungen, auch wenn die Schuleingangsuntersuchungen bislang gezeigt hätten, dass die gesundheitliche Situation von Kindern und Jugendlichen in Oberhausen „insgesamt nicht besorgniserregend“ sei. Einige Bereiche, zu denen Karbach auch die Sprachentwicklung von Kindern zählt, seien noch verbesserungswürdig. „Man muss einen guten Mittelweg finden, um Eltern mit diesem Angebot zu entlasten und sie nicht zu entmündigen.“