Oberhausen. . Gemeinsamer Unterricht mit Förderschülern birgt große Herausforderungen. Die Schule betont: Wir wollen Inklusion, aber brauchen eine Pause und Hilfe.

Sie waren mutig vor zwei Jahren am Elsa-Brändström-Gymnasium und haben gesagt: „Ja, wir machen das, wir nehmen Schüler mit besonderem Förderbedarf auf und richten eine gemeinsame Klasse ein.“ Wohl wissend, dass es nicht einfach sein würde, Förderschüler im Gymnasium, das aufs Turbo-Abitur vorbereiten soll, zu beschulen.

Aber die Aufgabe Inklusion stand im Raum, ein Gymnasium im Oberhausener Süden musste einsteigen, und bevor die Verordnung von oben kam, hat sich das „Elsa“ darauf eingelassen. Dabei vertrauten Schulleitung und Kollegium darauf, nach einem, spätestens aber nach zwei Jahren pausieren zu können. „So lautete die Zusage der Bezirksregierung“, sagt Direktorin Brigitte Fontein.

Schock per Dienstanweisung

Und nun der Schock per Dienstanweisung: Im kommenden Schuljahr soll das „Elsa“ eine weitere gemeinsame Klasse einrichten. Die zwei schon bestehenden Klassen mit aktuell vier Schülern im Jahrgang sechs und drei Schülern im Jahrgang fünf (alle Förderschwerpunkt Lernen) laufen natürlich weiter. „Das ist nicht zu stemmen, das ist eine massive Überforderung“, sagt Direktorin Brigitte Fontein ganz klar. Vor allem in personeller Hinsicht. In den Klassen mit gemeinsamem Unterricht gibt es in fast jedem Fach eine Lehrer-Doppelbesetzung in den Stunden. „Das ist notwendig, macht aber die Personaldecke sehr eng.“

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Fontein und Kollegen beschreiben die handfesten Probleme, die mit der Inklusion verbunden sind. „Die Konzeption im Hintergrund fehlt, es müssen spezielle Bücher angeschafft, Förderpläne geschrieben, Räume gefunden und Eltern überzeugt werden.“

Quadratur des Kreises

Denn die Eltern der Regelschüler treibt die Sorge um, dass ihre Kinder weniger lernen als die in den Klassen ohne Förderschüler. Im Unterricht gilt es, die Förderschüler einzubinden, aber gleichzeitig dafür zu sorgen, dass sie nicht ständig Rückschläge erleiden und mutlos werden. Sie haben ein anderes Lerntempo und ein anderes Lernziel. Und es hapert an kleinen Dingen, die das Unterrichten zur Quadratur des Kreises machen. Fontein: „Wenn ich zum Beispiel in Englisch die Uhrzeit durchnehme und feststelle, dass die Förderschüler die Uhr nicht lesen können, dann wird’s haarig.“

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Und es gibt auch soziale Probleme. Die Förderschüler merkten ja, dass sie schulisch weit hinter den anderen zurück sind. Die Regelschüler wiederum gehen damit nicht immer nett um. Private Kontakte – das geht nur über Aktivitäten außerhalb des Unterrichts, da ist ganz viel Betreuung und Begleitung nötig. „Ins kalte Wasser geworfen, lernen wir gerade schwimmen“, sagt ein Lehrer und fordert eine Pause, „um die Erfahrungen zu sortieren und auszutauschen“.

Mit Engagement bei der Sache

Dabei betonen Leitung und Lehrer des „Elsa“ glaubhaft, dass sie sich nicht gegen das Projekt Inklusion oder gar gegen die Förderschüler aussprechen. Sie sind mit Engagement bei der Sache, „aber es ist nicht einzusehen, warum das System nicht in die Breite getragen wird“, sagt Fontein. Heißt: Warum die anderen Gymnasien im Oberhausener Süden, das Bertha-von-Suttner und das Heinrich-Heine, nicht auch mit im Boot sind.

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Die Bezirksregierung verweist auf das Schulrechtsänderungsgesetz vom August 2014. Vorher habe ein rollierendes System gegolten, was bedeutete, dass sich die Schulen bei der Aufnahme von Förderschülern abwechseln konnten. Nun gilt: „Die Schulaufsicht hat entschieden, dass es unter schulfachlichen Aspekten besser ist, wenn man die rollierenden Systeme aufgibt und die sonderpädagogischen Lehrkräfte, die sonst an mehreren Schulen beschäftigt wären, lieber bündelt. Nur so kann eine personelle Kontinuität und ein systematischer Aufbau von Wissen im Umgang mit Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf erreicht werden.“