Essen. Die Inklusion, der gemeinsame Unterricht für Kinder mit und ohne Behinderungen an regulären Schulen, macht den Essener Grundschulen erhebliche Probleme. Es gibt zu wenig sonderpädagogisches Personal und kaum geeignete Räume, klagen Gewerkschaft und Praktiker. „Die Bedingungen haben sich in diesem Schuljahr erheblich verschlechtert“, heißt es aus den Schulen.
Die Inklusion, der gemeinsame Unterricht für Kinder mit und ohne Behinderungen an regulären Schulen, stellt besonders die Grundschulen in Essen vor erhebliche Probleme. Ein Viertel der Essener Grundschulen haben in diesem Schuljahr Kinder mit besonderem Förderbedarf aufgenommen, erhalten aber neuerdings keinerlei Unterstützung durch geschulte Sonderpädagogen. Das berichtet die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). „Die Bedingungen haben sich in diesem Schuljahr erheblich verschlechtert“, bestätigen Grundschulen im Stadtgebiet. „Wir werden völlig allein gelassen.“
Seit diesem Schuljahr gilt ein neues Gesetz, das besagt, dass Eltern von Kindern mit Behinderungen mit Recht ihr Kind an einer regulären Schule anmelden können. Dieser Vorgang wird landläufig unter dem Begriff „Inklusion“ verstanden. Knapp 20 Grundschulen in Essen galten schon Jahre zuvor als so genannte „GU“-Schulen („Gemeinsamer Unterricht“) und waren darauf spezialisiert, auch Kinder mit Behinderungen zu unterrichten. Mit dem neuen Gesetz sind spezielle „GU“-Schulen nicht mehr vorgesehen.
Mangel an geeigneten Räumen in Schulgebäuden
„Das neue Gesetz hat das Recht der Eltern, ihr Kind auf eine möglichst wohnortnahe Schule zu schicken, erheblich gestärkt“, erklärt Regine Möllenbeck, Leiterin der Essener Schulverwaltung. Entsprechend sei jede Schule laut Gesetz offen für Kinder oder Jugendliche mit Behinderungen.
Das kritisiert die GEW als Täuschung der Eltern: „Es werden jetzt Schulen als offen für Inklusion bezeichnet, die weder die Ressourcen noch die Erfahrung haben“, kritisiert Jörg Kuhlmann, Mitglied des Leitungsteams des GEW-Stadtverbandes Essen.
Ein Viertel der Schulen ohne Unterstützung
An 23 der 85 Grundschulen in Essen sind keine Schüler mit sonderpädagogischem Förderungsbedarf.
Ein weiteres Viertel hat einen bis drei solcher Schüler und erhält keine Unterstützung. Die anderen Schulen haben mehr solcher Kinder.
Erst ab vier Schülern ist eine halbe sonderpädagogische Kraft pro Klasse vorgesehen.
Ganz davon abgesehen: Die Zahl der Pädagogen, vom Land zur Verfügung gestellt, sei ohnehin viel zu knapp bemessen. Die Stadt versäume es aber, mit diesem Mangel klug umzugehen.
Die Folge: Grundschulen, die weniger als vier Kinder mit sonderpädagogischen Förderbedarf aufnehmen, erhalten in diesem Schuljahr keinerlei personelle Unterstützung – was im Alltag für erhebliche Schwierigkeiten sorgt.
Außerdem, so die Kritik, gebe es einen Mangel an geeigneten Räumen in Schulgebäuden. Pädagogen seien überfordert, vor allem im Umgang mit schwierigen Schülern. In Aussicht gestellte Zeit für Fortbildungen müssten die Schulen vom eigenen Stundenplan abknapsen. „Entlastungsstunden bekommen wir nicht“, sagt eine Schulleiterin zerknischt. „Ein richtiges Konzept sieht anders aus.“