Oberhausen. . Der 19-jährige Lukas Kösling hat eine schwere Gehbehinderung. Aufhalten lässt er sich davon aber nicht, so ist Lukas in seiner Freizeit in zahlreichen Brauchtumsvereinen aber auch beim THW aktiv. Im August startete seine Ausbildung beim Landschaftsverband Rheinland.
Sein Bein zieht er etwas hinterher, der Gang ist leicht ruckartig: Der 19-jährige Lukas Kösling hat seit seiner Geburt eine schwere Gehbeeinträchtigung, ist zu 100 Prozent schwerbehindert. Doch lässt er sich das im Alltag nicht im geringsten anmerken. „Es ist natürlich klar, dass ich nie einen Marathon laufe werde“, sagt er mit einem Lächeln im Gesicht. „Aber ansonsten habe ich keine Probleme, im Alltag zurecht zu kommen.“ Anfang August startete sein Berufsleben – Lukas trat eine Ausbildung zum Verwaltungsbeamten im mittleren Dienst beim Landschaftsverband Rheinland (LVR) an. „Ich habe nur zwei Bewerbungen geschrieben. Es ist super, dass es beim LVR geklappt hat.“
Zwei Monate kam Lukas im November 1995 zu früh zur Welt. „Die ersten fünf Tage musste er auch beatmet werden“, so Mutter Anja Kösling. Seine Gehbehinderung sei in den ersten Wochen und Monaten zunächst gar nicht aufgefallen. „Erst als Lukas knapp ein Jahr alt war, ist uns bewusst geworden, dass er nicht wie alle anderen Kinder langsam anfing zu laufen“, ergänzt Vater Klaus Kösling. „Er ist weiterhin auf seinen Knien rumgerutscht.“ Die Eltern wollten nicht länger abwarten und gingen mit ihrem Kind zum Arzt – die Diagnose: Spastische Diplegie. „Lukas hatte wohl kurz nach seiner Geburt eine Blutung im Gehirn, dort wo das Bewegungszentrum gesteuert wird.“
Drei Monate in einer Spezialklinik
In der Folge entwickelten sich Sehnen und der gesamte Muskelapparat nicht richtig. „Die Sehnen waren zu kurz oder zu lang“, so Lukas. Zunächst hieß das für den jungen Oberhausener wöchentlich mehrmals Physiotherapie und das Tragen von Orthesen, um die Entwicklung des Bewegungsapparates zu unterstützen. Über Umwege, Lukas war inzwischen drei Jahre alt, wurden die Köslings auf eine Spezialklinik am Chiemsee aufmerksam. Dort kam Lukas auch unters Messer. „Die Operation war notwendig geworden, da er durch das Rutschen auf den Knien eine Hüftschädigung davon getragen hat.“ Ohne den Eingriff wäre seine weitere motorische Entwicklung stark in Gefahr gewesen.
Drei Monate lang verbrachte Lukas dort, an seiner Seite auch seine Mutter, die in dieser Zeit in einem Ferienhaus unterkam. „Ohne die Unterstützung unserer beider Familien hätte das nicht funktionieren können“, so Vater Kösling. Finanziell, aber auch emotional boten Lukas Großeltern ihre Hilfe an. „Sie waren zeitweise mit am Chiemsee.“ Mehrmals im Jahr ist Lukas weiterhin für Kontrolluntersuchungen in der Spezialklinik zu Gast. „Dabei wird überprüft, wie es aktuell mit meiner Hüfte aussieht.“ Denn durch die Fehlentwicklungen werden die Hüftgelenke falsch belastet – so könnten auch Abnutzungserscheinungen auftreten, die ihm in späteren Jahren Probleme bereiten könnten. „Doch momentan ist alles in Ordnung und ich fühle mich gut.“
Lukas besuchte in der Folge mit der „Schatzkiste“ einen Kindergarten, der integrative Gruppen anbietet – Kinder mit und ohne Behinderung werden zusammen betreut. „Uns war es wichtig, dass Lukas zum einen Kontakt mit ‘normalen’ Kindern hat. Zum anderen sollte er aber erfahren, dass es auch Kinder gibt, denen es noch schlechter geht als ihm.“
Inklusion in der Vergangenheit noch kein Thema
Nach der Grundschulzeit musste die Familie einige Kämpfe austragen, damit Lukas an eine Regelschule wechseln konnte. „Damals war das noch nicht die Regel, das Thema Inklusion war längst noch nicht so weit wie heute“, erklärt Vater Kösling. Doch konnten alle Zweifel und Widerstände überwunden werden – an der Friedrich-Ebert-Realschule erlangte Lukas die mittlere Reife . „Natürlich habe ich schon mal einen doofen Spruch zu hören bekommen, doch im großen und ganzen wurde ich von meinen Mitschülern so aufgenommen, wie ich bin“, so Lukas.
Am Hans-Böckler-Berufskolleg hat der junge Mann im Juni die Fachhochschulreife erreicht – und sich danach Gedanken über die Zukunft gemacht. „Mir war schon seit längerer Zeit klar, dass ich eine Karriere in der Verwaltung einschlagen will.“ Lukas schrieb Bewerbungen an den Bundestag und den LVR. „Ich wurde sogar nach Berlin zum Vorstellungsgespräch eingeladen, geklappt hat es dort leider nicht.“ Diesen Rückschlag hat Lukas, der in seiner Freizeit in zahlreichen Brauchtumsvereinen aber auch beim THW aktiv ist, verwunden. „Dass ich beim LVR genommen wurde, ist wirklich toll.“ Momentan pendelt Lukas täglich nach Köln. „Das geht meist problemlos mit der Bahn.“ In die Metropole am Rhein zu ziehen, ist derzeit nicht geplant. „Dafür lebe ich zu gerne in Oberhausen.“ Darum freut er sich schon auf eine seiner zukünftigen Ausbildungsstationen: das Rheinische Industriemuseum.