Oberhausen. In einer neuen Serie porträtiert die NRZ Menschen mit Behinderung, die im Berufsleben ihren ganz eigenen Weg gegangen sind – einfach war dieser selten. Viele Arbeitgeber begegnen Bewerbern mit Handicap noch immer skeptisch.

Alle reden über Schule – wenn’s um Inklusion geht. Aber was kommt danach? Was nützt die schönste Schulbildung, wenn man später auf dem Arbeitsmarkt nicht Fuß fassen kann, weil es im angestrebten Beruf keine Arbeitsstelle für Menschen mit Behinderung gibt und der Traum von der Unabhängigkeit wieder in weite Ferne rückt? In einer neuen Serie will sich die NRZ mit dem zentralen Inklusionsthema Arbeit befassen. Darin stellen wir Ihnen Menschen mit Behinderung und ihre Geschichten vor. Einige von ihnen haben ihre Nische im Job schon gefunden haben, andere sind noch auf der Suche. Denn Arbeit ist weit mehr als nur Broterwerb – dies gilt wohl für behinderte und nicht behinderte Menschen gleichermaßen.

Die Jobsuche gestaltet sich für behinderte Menschen allerdings oft weitaus schwieriger als für andere Arbeitnehmer. Nach Angaben der Agentur für Arbeit waren im September in Oberhausen 925 schwerbehinderte Menschen arbeitslos gemeldet – etwa 250 von ihnen sind unter 45 Jahre alt. Dabei verfügen 467 der als arbeitslos gemeldeten Personen über keine abgeschlossene Berufsausbildung.

Hartnäckige Vorurteile

Andreas Stahl, Leiter des städtischen Büros für Chancengleichheit, ist es deshalb wichtig, mit Vorurteilen aufzuräumen: „Viele Personalchefs glauben immer noch, dass Menschen mit Behinderung sich im Job nur für Hilfstätigkeiten eignen würden. Das ist natürlich Quatsch“, sagt Stahl. „Ich kann im Rollstuhl sitzen und trotzdem ein exzellenter Betriebswirt sein. Ich kann eine Spastik am Bein haben und trotzdem als Koch arbeiten.“ So wüssten viele behinderte Menschen gar nicht, welche beruflichen Optionen sie haben und welche Fördermöglichkeiten es dafür gibt.

Oft scheiterten berufliche Zielvorstellungen auch an schlechten Rahmenbedingungen, moniert Stahl. „Gerade Menschen, die schwerst- oder mehrfachbehindert sind, benötigen geschützte Arbeitsplätze, wo ihnen immer wieder längere Ruhephasen ermöglicht werden. Für diese Gruppe wird es immer notwendig sein, spezielle Arbeitsformen und Arbeitsplätze anzubieten“, so Stahl. Deshalb sei dieser Personenkreis heute in der Regel in einer Werkstatt für Behinderte beschäftigt, wo man sich sehr intensiv um sie kümmern kann. Stahl regt deshalb an, eine engere Zusammenarbeit zwischen den Werkstätten und anderen Firmen zu ermöglichen. „Gemeinsame Standorte oder ergänzende Dienstleistungen zwischen den Einrichtungen wären gut vorstellbar.“

Menschen mit Handicap haben Kampfgeist

Wer nun aber denkt, dass man es mit einer Behinderung auf der Karriereleiter nicht auch ganz nach oben schaffen kann, irrt. Denn oft verfügen Menschen mit Handicap über einen besonderen Kampfgeist und hohe Motivation, weiß Stahl – Qualitäten, die im Arbeitsleben äußerst wertvoll sind. „Ein guter Freund von mir ist schwerbehindert und arbeitet heute in der Öffentlichkeitsarbeit bei der Ruhrkohle AG in leitender Position. Es müssen nur die richtigen Voraussetzungen geschaffen sein.“

Der Grundstein für eine gelungene Berufsplanung junger Menschen mit Behinderung wird früh gelegt. „Die Eltern spielen für behinderte Menschen sowohl während der Ausbildung als auch später im Beruf eine wichtige Rolle. Deshalb sollten auch Eltern sich beraten lassen, damit sie ihre Kinder bestmöglich unterstützen können. Dann stehen ihnen fast alle Wege offen.“