Mülheim. Das Neubauprojekt am Saarner Lindenhof kommt gut voran. Fast alle Wohnungen sind vergeben. Für die Alteingesessenen ist es jedoch nur „der Klotz“.
Der „Klotz“ ist in der Nachbarschaft inzwischen zum geflügelten Wort geworden. An der Saarner Waldbleeke, am Schneisberg und am Lindenhof wissen viele sofort, was gemeint ist: die Neubauten auf dem ehemaligen Kirchengelände der Christuskirche. Rund anderthalb Jahre nach dem Baustart um das entweihte, aber denkmalgeschützte Gebäude ist noch Unmut zu spüren. Die 39 Eigentumswohnungen hingegen sind bis auf sechs verkauft, drei davon sind aber reserviert.
In dieser Hinsicht ist das Projekt mit „exklusiven Neubau-Eigentumswohnungen zwischen Villenviertel und Saarner Dorf“ ein großer Erfolg. Und es hat auch seinen Preis: 299.900 Euro kostet die 72-Quadratmeter-Wohnung im Dachgeschoss mit zwei Zimmern, 599.900 Euro dagegen werden für vier Zimmer und 136,69 Quadratmeter fällig. Wer im Erdgeschoss wohnt und einen Garten möchte, legt zwischen 9000 und 12.000 Euro drauf, der Platz in der Tiefgarage macht 20.000 Euro extra aus.
Nahezu alle Eigentumswohnungen am Lindenhof sind verkauft
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21 Monate Bauzeit hat der Investor Concept Wohnungsbaugesellschaft veranschlagt, der das Grundstück von dem vormaligen Eigentümer Vesteo erwarb. Neun Monate sind rum. „Der Rohbau und das Dach sind fertiggestellt“, sagt ihr Sprecher, der aufwendigste Teil – der Innenausbau – stehe noch bevor. „Wir sind aber im Plan.“
Bei der Frage, ob das „exklusive Wohnen am Lindenhof“ sich somit auch finanziell bezahlt gemacht hat, ist der Investor dennoch vorsichtig, denn „die Baukosten sind deutlich gestiegen, das ist schwer einzuschätzen“.
Schwer einzuschätzen war lange Zeit auch, wie die Zeichnungen auf dem Reißbrett des beauftragten Architekturbüros in der Realität wirken würden. Besonders umstritten: die Wirkung der Bauhöhe der dreieinhalb Geschosse plus Tiefgarage sowie der künftige Blick auf die Kirche.
Bezirksbürgermeisterin: Lückenschluss besser als im Grünen zu bauen
Bezirksbürgermeisterin Elke Oesterwind hatte von Anfang an bei diesem Projekt genauer hingeschaut – schon deshalb, weil die Bedenken von Anwohnern groß waren und die Verwaltung zunächst ohne Einbezug der Politik dem Bauvorhaben nach Bauparagraf 34 zugestimmt hatte. „Die Häuser wirken durch die Hanglage zunächst einmal massiv und wuchtig, es sieht aber aus wie auf der Darstellung“, wägt sie ab. Auch der Blick auf die denkmalgeschützte Kirche sei so wie gezeigt.
Rein rechtlich und in der Ausführung habe man sich an die Vorgaben gehalten, auch sei der „Lückenschluss“ zwischen den Häusern am Lindenhof und am Schneisberg an dieser Stelle die richtige Abwägung, weil es ökologisch besser sei, in der Stadt nachzuverdichten, als auf der grünen Wiese zu bauen, erläutert die Bezirksbürgermeisterin.
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Ihre Meinung teilen jedoch nicht alle alteingesessenen Anwohner. „Es ist ein Klotz direkt vor unserer Nase“, zeigt Sigrid Großmann den Hügel hoch zu den Bauten. Felix Blasch hatte 2020 noch als Leiter des Amtes für Stadtplanung gegenüber Politik und Anwohnern deutlich gemacht, der Grundcharakter der Siedlung mit Spitzdächern und der eher lockeren Bebauung mit „dörflichem Charakter“ bleibe erhalten.
Alteingesessene stören sich an zu hoher und zu dichter Bebauung
Großmann, die direkt gegenüber wohnt, kann davon wenig erkennen: „Es passt nicht. Man guckt nur auf die Häuser und sieht die Kirche kaum noch.“ Gegen Ein- oder Zweifamilienhäuser hätte sie nichts. So war es auch einmal geplant. Doch das ...?
„Wie hier gebaut wurde, das ist nicht mehr meine Welt: zu hoch, zu eng, es erschlägt einen“, sagt auch Reiner Klassen, ein Ur-Saarner, der am Nachbarsweg groß geworden ist und vor Jahren an die Waldbleeke zog. Er verweist auf die umliegenden Altbauten. Die haben kein zweites Obergeschoss und auch keine Tiefgarage, die das Haus in die Höhe schnellen lässt. Von „lockerer Bebauung“ und gleicher Höhe könne bei drei Vollgeschossen plus Dach und Tiefgarage aus seiner Sicht keine Rede sein.
Und etwas anderes wundert ihn: Die Kirche ist denkmalgeschützt. Es gebe doch auch Regeln, wie die Umgebung von solchen historischen Bauten zu gestalten sei. „Wie kann eine Behörde diese nahe Bebauung hinnehmen?“, fragt Klassen.