Mülheim. Räder rollen, Beine stehen – so hat die Stadt die Ampelschaltung am Mülheimer Nachbarsweg „optimiert“. Warum Eltern vergeblich Tempo 30 fordern.

Wie sicher ist der Nachbarsweg für Schülerinnen und Schüler, auch für die Kinder der nahen Kindertagespflege? Von „haarigen Situationen“ und „Beinahunfällen“ an der Kreuzung „Am Bühlsbach“ in Saarn berichteten die Grünen in der Bezirksvertretung. Denn dort gilt kein Tempo 30. Und auch ansonsten hat die Stadt es mit Ampelschaltungen und Grünem Pfeil so eingerichtet, dass Räder rollen – und Beine stehen.

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Eltern berichten an der Kreuzung Bühlsbach von „kritischen Situationen“

„Wir müssen prophylaktisch handeln, bevor etwas passiert“, argumentierte der Grüne Fraktionsvorsitzende Carsten Voß und so stellte Schwarz-Grün einen Antrag auf Tempo 30 im Kreuzungsbereich. Für „Gefahren“ aber lägen keine Erkenntnisse vor – entgegnete die Verwaltung.

Mit den Beobachtungen von Eltern deckt sich das freilich nicht: Sie berichten, dass auf dem Nachbarsweg – eine gern genutzte, weil weitgehend Ampel freie Abkürzung zwischen Broich und Kölner Straße – häufig zu schnell gefahren werde. Besonders an der Kreuzung „Am Bühlsbach“ komme es immer wieder zu kritischen Situationen für Fußgänger und Radler.

Verlockend sei offenbar auch die Bus-Haltestelle Lindenhof. Sie liegt direkt an der Kreuzung, so dass Kinder auch bei Rot über die Straße rennen, um schnell noch den Bus zu erreichen.

Erst im Oktober hatte die Verwaltung Ampeln zum Vorteil des Autoverkehrs umgestellt

Unfälle, so die Antwort der Stadt, seien aber nicht bekannt und Geschwindigkeitsmessungen der Verkehrsüberwachung gäben offenbar keinen Anlass, um Maßnahmen „für eine streckenbezogene Geschwindigkeitsbeschränkung“ ergreifen zu können.

Doch erst im Oktober 2020 hatte die Verwaltung die Ampelsteuerung ausgerechnet so umgestellt, dass der Autoverkehr vom Nachbarsweg „Dauergrün“ hat – um „die Leistungsfähigkeit des Verkehrsablaufs zu optimieren“, argumentiert die Verwaltung. Es handle sich ja um eine „verkehrswichtige Kreisstraße“. Doch ob das „Dauergrün“ für Fahrzeuge die Verkehrssicherheit erhöht, wenn man also ungetrübt hier durchrasen kann?

Fußgänger warten an der „Bettel-Ampel“

Das Auto jedenfalls hat an der von Kindern stark genutzten Straße auch ansonsten Vorfahrt gegenüber den Fußgängern. So kann ein Fußgänger an der Kreuzung zwar „Grün“ anfordern – mancher spricht auch von einer „Bettel-Ampel“ –, um den Nachbarsweg überqueren zu können. Doch wenn kurz vorher ein Auto aus dem Bühlsbach den Kontakt ausgelöst hat, muss der Fußgänger auf „die ,feindliche’ Grünphase“ – so beschreibt es die Verwaltung – des Autos warten. Dies sei der Grund, warum die Fußgängerampel nicht auf Vorrang geschaltet werden könne.

Dabei haben Autos hier bereits Vorfahrt eingeräumt bekommen: Zumindest für Rechtsabbieger aus dem Bühlsbach und auch aus dem Nachbarsweg gibt es den Grünen Pfeil, der das Abbiegen auch bei Rot möglich macht.

Für den Grünen Fraktionssprecher Voß ist das wenig schlüssig: „Vor der Kindertagesstätte am Nachbarsweg gilt bereits Tempo 30.“ Es wäre sinnvoll, diese zumindest bis zur Bushaltestelle auszudehnen. Darauf will sich die Verwaltung nicht einlassen.

Der Kompromiss der Verwaltung: Die Ampel auf dem Nachbarsweg soll für Fußgänger immer dann Grün anzeigen, wenn auch die Autos vom Bühlsbach „Grün“ haben. Linksabbieger aus der Nebenstraße müssten also auf Fußgänger am Nachbarsweg achten. Diese eher geringe Wartezeit für das Auto hält die Verwaltung für „vertretbar“. Für Fußgänger ändert sich damit wohl wenig – sie warten in der Regel weiterhin auf das Auto.