Mülheim. Die Petition einer Mülheimerin gegen das Mathe-Abi („unverschämt“) scheitert. Betroffene denken über Klagen nach. So geht es jetzt weiter.

Der Auftritt von Bildungsministerin Yvonne Gebauer im Schulausschuss des Landtags hat am Mittwochmorgen viele Hoffnungen zunichte gemacht. Sie äußerte sich zum umstrittenen Mathe-Abitur, nannte die Aufgaben „angemessen, fair und nicht fehlerhaft“. Schüler könnten ja freiwillig in die mündliche Prüfung gehen, wenn sie ihre Note verbessern wollen, so Gebauer.

Mülheimerin reichte Petition kurz nach der Klausur ein

Damit ist der landesweite Protest, den die 19-jährige Mülheimerin Joy-Mariella Donisch angestoßen hat, erfolglos geblieben. Sie musste sich am 4. Mai selber durch die Mathe-Grundkursklausur an der Waldorfschule kämpfen. Als „unverschämt schwer“ und „unfair“ bewertete sie die Aufgaben, daher sollte die Klausur milder bewertet oder gleich neu geschrieben werden.

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Joy-Mariella Donisch initiierte nicht nur eine Online-Petition, die mittlerweile mehr als 14.400 Menschen unterzeichnet haben, sondern wandte sich auch an den Petitionsausschuss des NRW-Landtags, der am 11. Mai über ihre Beschwerde beriet. Der Ausschuss bat das Schulministerium um eine Stellungnahme, mit verkürzter Frist. Binnen vier Wochen, also spätestens bis zum 8. Juni, sollte das Ministerium von Yvonne Gebauer sich äußern. Auf dieser Grundlage werde der Petitionsausschuss die Sache dann bewerten, kündigte dessen Vorsitzender Serdar Yüksel an. Eine Anhebung der Noten sei beispielsweise denkbar. „Im allerschlimmsten Fall muss die Prüfung wiederholt werden.“

Dazu wird es nun sicher nicht kommen. Das Schulministerium hat die Frist bis zum allerletzten Tag ausgeschöpft, ehe sich Gebauer dann im Ausschuss äußerte. Joy-Mariella Donisch reagierte am Mittwoch relativ entspannt auf die Nachricht. Sie will sich jetzt mit anderen Betroffenen in Verbindung setzen, von denen es genug gibt: Landesweit haben 45.000 Abiturienten die Mathe-Klausur geschrieben.

Abiturientin hat Antwort des Ministeriums abgewartet, „bevor ich einen Anwalt finanziere“

Die junge Mülheimerin hatte am 11. Mai noch ein Update veröffentlicht. „Statt bloß weiterhin zu hoffen“ wäre es sehr hilfreich, wenn mehrere Eltern, Schüler oder Lehrer gegen das Ministerium eine Klage formulieren würden, schreibt sie. Denn der Landtag habe ihr schriftlich mitgeteilt, „dass der Rechtsweg durch die Petition nicht gegeben ist und es allen Beteiligten frei steht, diesen zusätzlich zu gehen“.

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Juristische Schritte habe sie noch nicht unternommen, erklärt die 19-Jährige. Sie wisse aber, dass einige Betroffene dazu bereit seien. „Bevor ich einen Anwalt finanziere, wollte ich erst mal abwarten, was das Schulministerium sagt“, so die Mülheimer Abiturientin. Nun weiß sie es und kennt Leute, die tatsächlich klagen wollen. Was aus ihrer Sicht, neben dem finanziellen Risiko, dagegen spricht: „So ein Prozess dauert lange. Und man muss sich ja schon im Sommer bewerben.“

Abweichungen zur Vornote sind offenbar sehr uneinheitlich

Sind die Klausuren wirklich so unterirdisch ausgefallen? NRW-weit ist das Bild sehr uneinheitlich. So berichtet Jochen Ott, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag, die Klausuren seien inzwischen „größtenteils bewertet und sorgen weiter für großen Unmut“. Mancherorts seien die Abweichungen zur Vornote „immens“, andernorts seien sie unproblematisch.

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Den Abiturienten der Mülheimer Luisenschule wurden am Dienstag die Klausurergebnisse mitgeteilt. Das Ergebnis sei gemischt, berichtet eine Schülerin. Sie selber habe sich um drei Punkte gegenüber der Durchschnittsnote verschlechtert, auch einige andere hätten schlecht abgeschnitten. „Es gibt aber auch welche, die eine Eins geschafft haben“, so die 18-Jährige.

Drei Online-Proteste laufen

Mindestens drei Online-Petitionen wurden gegen die Mathe-Klausuren in NRW gestartet.

Neben der von Joy-Mariella Donisch aus Mülheim (bis Mittwochmittag mehr als 14.400 Unterzeichner) laufen die Proteste von Anton K. aus Mönchengladbach (knapp 7600 Stimmen) und Amina Hammoud aus Iserlohn (knapp 5900 Unterstützer).

Das NRW-Schulministerium hat die Mathematikaufgaben schon am 5. Mai, dem Tag nach den Klausuren, in einer Stellungnahme verteidigt.

Zugleich hatte das Ministerium erklärt, es sei „ausdrücklich gewünscht“, dass die Lehrkräfte ihren Beurteilungsspielraum „im Zweifel im Sinne der Schülerinnen und Schüler nutzen“.

Es gibt auch Einser-Klausuren

Die Abiturienten der Gustav-Heinemann-Schule haben ihre Noten schon am 1. Juni bekommen. Zur Frage, ob es auffällig starke Abweichungen in Mathe gab, möchte Schulleiter Thomas Ratz nichts sagen. Nur so viel: „Unsere Schüler haben keinen Protest gegen die Abiturklausuren initiiert, aber einige haben sich an den Online-Petitionen beteiligt.“

Joy-Mariella Donisch bekommt ihr Ergebnis am Freitag und will danach weitersehen. „Wenn die Noten insgesamt einigermaßen okay ist, sagt man vielleicht: „Blöd gelaufen, aber nicht mehr zu ändern...“