Mülheim. Die Proteste gegen das Mathe-Abi haben zigtausend Unterstützer. Auch der Petitionsausschuss des Landtags ist aktiv geworden. So geht es weiter.
Die Mülheimer Abiturientin Joy-Mariella Donisch lernt gerade für ihre mündliche Prüfung in Philosophie. Mit ihrem Protest gegen die Mathe-Grundkursklausur am 4. Mai hat sie aber auf jeden Fall schon gepunktet. Er zieht weite Kreise.
Bislang haben fast 11.900 Menschen ihre Online-Petition unterschrieben. Darin fordert die 19-Jährige, die aus ihrer Sicht „unverschämt schwere“ Klausur milder zu bewerten oder nachschreiben zu lassen.
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Es laufen noch weitere Aktionen gegen diesen Teil des Zentralabiturs unter Corona-Bedingungen. Großen Zuspruch gibt es etwa für den Online-Aufruf von Anton K. aus Mönchengladbach, der innerhalb einer Woche knapp 7400 Mal unterzeichnet wurde.
Mülheimerin wendet sich an den Petitionsausschuss des Landtags
Die junge Mülheimerin Joy-Mariella Donisch, die die Waldorfschule besucht, hat sich mit ihrem Anliegen auch an den Petitionsausschuss des NRW-Landtags gewandt. Dieser hat sich am heutigen Dienstag, 11. Mai, bereits mit dem Mathe-Abitur befasst, bestätigt der Ausschussvorsitzende Serdar Yüksel (SPD) auf Anfrage dieser Redaktion. „Wir haben das Schulministerium um Stellungnahme gebeten, sogar mit einer verkürzten Frist.“
Petitionsausschuss prüft Ungerechtigkeiten
Wer sich von Ämtern oder Behörden ungerecht behandelt fühlt, kann sich an den Petitionsausschuss des NRW-Landtags wenden. Dieses Recht haben ausdrücklich auch Kinder und Jugendliche.
Dem Petitionsausschuss gehören 21 Abgeordnete an.
Im vergangenen Jahr gingen dort rund 6100 Bürgerbeschwerden ein (2019 waren es etwas mehr als 5300), davon hatten rund 1300 einen Bezug zur Corona-Pandemie.
Innerhalb von vier Wochen soll das Ministerium sich äußern. Yüksel erwartet aber, dass deutlich früher eine Stellungnahme vorliegt. „Auf dieser Grundlage werden wir dann bewerten, ob die Klagen gerechtfertigt sind. Im allerschlimmsten Fall muss die Prüfung wiederholt werden.“
Ausschussvorsitzender: „Im allerschlimmsten Fall muss Prüfung wiederholt werden“
Denkbar sei auch, dass es zu einer „angepassten Bewertung“ kommt. Das eine wie das andere kann der Petitionsausschuss aber nicht anordnen. Auch das Ministerium werde nicht alleine entscheiden, erläutert Yüksel, sondern Gutachten von externen Fachleuten einholen. Bislang hatte das Schulministerium die gestellten Aufgaben verteidigt: Sie seien auch „bezüglich des Anspruchsniveaus und des Bearbeitungszeitrahmens grundsätzlich angemessen“.
Schülersprecher: Sogar Lehrer hatten Probleme, die Aufgaben zu verstehen
Genau das bezweifeln aber viele, auch die Bezirksschülervertretung Mülheim. „Die Mathe-Grundkursklausuren waren bei uns ein Riesenthema“, sagt deren Sprecher Samuel Bielak. „Einige Aufgaben waren so kompliziert formuliert, dass sogar Lehrer Probleme hatten, sie zu verstehen.“ Viele Abiturienten hätten berichtet, dass die Zeit einfach nicht ausreichte, um die Klausur zu schaffen.
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In diesem Sinne unterstützt auch die Lehrergewerkschaft GEW den Protest der Abiturienten und teilt deren Eindruck, dass die Klausuren zu schwierig waren, die Bearbeitungszeit zu knapp war.
Die Online-Petition von Joy-Mariella Donisch, die jetzt seit einer Woche im Netz steht, wird weiter lebhaft geklickt. Die Kommentare machen deutlich, dass zahlreiche betroffene Jugendliche unterzeichnet haben und hart über die Aufgaben urteilen, bis hin zu diesem Satz: „Die Abiturprüfung war unmenschlich.“ Andere Unterstützer geben sich als Eltern zu erkennen, deren Kinder mit den Klausuren - im Grundkurs oder auch im Leistungskurs - hoffnungslos überfordert gewesen seien. „Ein ganzes Jahr Verzicht und Zurückhaltung“, schreibt eine Mutter bitter, „und als Belohnung ein Aufgabenpaket, das vermutlich für die meisten nicht zu bewältigen war.“
Online-Kommentar einer Mathelehrerin: „So etwas grenzt schon an Frechheit“
Auch eine Mathematiklehrerin meldet sich zu Wort, deren Grundkurs mit der Klausur zu kämpfen hatte. Über die Aufgabenstellung sei sie „mehr als entsetzt“ gewesen. „So etwas grenzt schon an Frechheit.“ Von ihren mehr als 40 Schülerinnen und Schülern sei nur ein einziges Mädchen mit der Arbeit fertig geworden. Kaum jemand sei zur Toilette gegangen und wenn doch, wurde gerannt, um keine Zeit zu verlieren.
Vorschlag der Lehrerin, die die Petition unterschrieben hat: „Die Notenverteilung so ändern, dass 90 Punkte 100 Prozent entsprechen.“ Sie drückt den Jugendlichen jedenfalls die Daumen: „Hoffentlich wird etwas zu Gunsten der Abiturienten verbessert.“