Mülheim. .
Die Zahl der Bewerber auf einen Ausbildungsplatz hat abgenommen, aber auch bei den Ausbildungsstellen gibt es einen leichten Rückgang. Dennoch spricht Jürgen Koch, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Oberhausen/Mülheim, von einem „stabilen Ausbildungsjahr“.
1019 Ausbildungsplätze wurden der Agentur in den Betrieben für das Jahr gemeldet, 27 weniger als im vergangenen Jahr. Demgegenüber interessierten sich 1214 junge Leute für eine betriebliche Ausbildung, 33 weniger als im Vorjahr. Zum Stichtag 30. September waren 58 junge Leute ohne einen Ausbildungsplatz, zehn mehr als im Vorjahr – „58 unversorgte Jugendliche sind 58 zu viel“, so Koch.
Ende September waren noch 18 Lehrstellen in Mülheim unbesetzt, vor allem im Handwerk, im Verkauf und in der Gastronomie. Während die Kreishandwerkerschaft in Mülheim mit 276 Ausbildungsverträge im Handwerk etwas mehr junge Leute ausbildet als im Vorjahr, ging die Zahl der Ausbildungsplätze im Bereich der IHK (Industrie, Handel, Dienstleistung) in Mülheim um 12,2 Prozent oder 92 Ausbildungsstellen auf 663 zurück. Und damit viel stärker als in Essen oder Oberhausen.
Der Weg in den Job ist oft schwierig
In der Hauptschule am Hexbachtal ist man froh, auch den „schwierigen letzten Jahrgang“ gut versorgt zu haben, bilanziert Schulleiterin Ulrike Nixdorff. Mehr als die Hälfte der 77 Jugendlichen sind in betrieblicher oder schulischer Ausbildung oder auf dem Weg zum Abitur, die anderen im Berufsgrundschuljahr oder berufsvorbereitenden Maßnahmen. Das ist kein Zufall, sondern das Ergebnis der individuellen Begleitung jedes einzelnen Schülers beim Weg in den Job, unterstützt von Lehrern, Berufseinstiegsbegleitern, den Übergangsbegleitern des U 25-Hauses der Sozialagentur und auch der Ausbildungspaten.
Warteschleifen zwischen Schule und Beruf oder Ausbildungsqualifizierung gelte es zu vermeiden, betonte Klaus Konietzka, Leiter der Sozialagentur. „Kümmerer“ forderte Arbeitsagenturchef Jürgen Koch verstärkt auch in den ausbildenden Betrieben bei der Bilanz des Ausbildungsjahres 2014, zu dem man sich mit Vertretern von IHK, Handwerkerschaft, Sozialagentur und Gewerkschaft in der Schule am Hexbachtal getroffen hatte. Früh an den Schulen präsent zu sein, um Talente an sich zu binden, forderte Jürgen Koch von der Wirtschaft, die noch zu häufig klage, nicht genug Auszubildende zu finden: „Geben Sie auch den Jugendlichen eine Chance, die nicht ins Raster passen“, appellierte er an die Firmen. Und an die Jugendlichen, sich auch in anderen Städten zu bewerben.
Weniger Ausbildung im Einzelhandel
Das könnte sinnvoll sein, denn wie die Statistik der Industrie- und Handelskammer zeigt, wird in Mülheim weniger ausgebildet. Beispiel Handel: Während die Zahl der Ausbildungsverhältnisse in Mülheim im Vergleich zum Vorjahr um 12,6% zurückging, lag der Rückgang in Essen bei knapp 3%, in Oberhausen leicht über 1%. „Das betrifft vor allem den Einzelhandel“, führte Hans Michaelsen, bei der IHK für Aus- und Weiterbildung zuständig, aus. Bei Bürokaufleuten in kleineren Betrieben gab es in Mülheim gar einen Rückgang von 18 Prozent, in Essen und Oberhausen lag man im Plus. Warum das so sei, könne nur vermutetet werden. „Wir wissen es nicht wirklich“. Gute Schulabsolventen ziehe es im Kaufmännischen vielleicht eher nach Düsseldorf oder Essen. Und Betriebe verzichteten manchmal lieber, wenn sie nicht den Lehrling bekommen könnten, den sie sich vorgestellt haben. „Ich glaube, dass Betriebe sich damit keinen Gefallen tun“, so Michaelsen.
Schulleiterin Nixdorff kämpft noch an ganz anderen Fronten: Viele Eltern, vor allem in Migrantenfamilien, möchten lieber, dass ihre Kinder, anstatt einen Ausbildungsplatz anzunehmen, weiter zur Schule gehen, obwohl dadurch kein Vorteil entstehe. „Viele glauben, ein Hauptschulabschluss ist nichts wert. Das stimmt nicht. Ein guter Abschluss ist viel wert“, betont sie.