Mülheim. . Tengelmann, Siemens, Brenntag: Mülheim droht der Verlust von mehr als 1000 Arbeitsplätzen. Auch das Werk von Presta Steer Tech ist gefährdet. Nach der Woche der schlechten Wirtschaftsnachrichten muss Mülheim erst einmal tief Luft holen.

Diese Woche ist nicht leicht zu verdauen für den Wirtschaftsstandort: Erst verkündete Tengelmann den geplanten Verkauf seines Supermarktgeschäftes an Edeka, dann zogen bei Siemens schwarze Wolken auf und bestätigte der Chemiespezialist Brenntag sein Ansinnen, seine Zentrale nach Essen zu verlegen. Mülheim droht der Verlust von mehr als 1000 Arbeitsplätzen.

Vom Rückzug Tengelmanns aus dem Lebensmitteleinzelhandel mit gleichzeitigem Verkauf von Plus.de und GartenXXL.de sind in der Speldorfer Zentrale 520 Mitarbeiter betroffen – man muss kein Prophet sein, dass ihre Arbeitsplätze am Standort auf der Kippe stehen. Brenntag will mit rund 500 Mitarbeitern aus dem Stinnes-Hochhaus an der A 40 ausziehen. Bei Siemens droht allein schon wegen der im Mai verkündeten Strukturreform der Abbau von Arbeitsplätzen in der Verwaltung, jüngst hat der neue Bereichsvorstand Lisa Davis gar ganze Fabrikstandorte im konventionellen Kraftwerksgeschäft auf den Prüfstand gestellt.

IG-Metall will Industrie-Jobs in Mülheim halten

Mülheims IG-Metall-Ortsbevollmächtigter Volker Becker-Nühlen erwartet, dass der Konzern – wie angekündigt – noch Mitte Oktober sein Strukturkonzept vorstellt. In Saarn beim Lenkungsbauer Thyssen-Krupp Presta Steer Tech bangen zudem bekanntlich 350 Mitarbeiter um die Zukunft des Standortes. In der dritten Oktoberwoche hofft die IG Metall, endlich Perspektiven von der Presta-Geschäftsführung aufgezeigt zu bekommen.

„Wir müssen offensiv in die Diskussion kommen, wie wir industrielle Arbeitsplätze halten“, sagt Becker-Nühlen. Flächenpolitik sei nicht alles, die Branchenstruktur, auch das Thema Fachkräfte sei umfassend zu durchleuchten. Die Sorge um den Erhalt der Industrie-Arbeitsplätze, so der Gewerkschafter, sei nicht nur mit Blick auf Siemens, sondern auch auf MGB, Europipe und Vallourec aktuell.

Auch interessant

Eine Initiative zur Ausweisung neuer Gewerbeflächen hat Wirtschaftsförderer Jürgen Schnitzmeier schon angekündigt. Aktuell sind für Anfragen nur noch sechs Hektar sofort zu vermitteln. Zwei weitere Entwicklungsfelder sieht Schnitzmeier mit Bezug auf die aktuellen Negativschlagzeilen: Erstens sei die Digitalisierung im Handel eine Chance. Tengelmann zeige hier Wachstumspotenzial, das Thema sei auch für jeden Einzelhändler relevant. Zweitens sei die Einsicht gereift, nicht mehr auf die Entwicklung neuer Bürostandorte (etwa Büropark am Flughafen) zu setzen. Vielmehr müsse es gelingen, den hohen Leerstand durch Modernisierungen am Markt zu platzieren. Um den Wirtschaftsstandort macht sich Schnitzmeier insgesamt keine Sorgen: Den schlechten Nachrichten dieser Woche stünden 200 neue Arbeitsplätze am Max-Planck-Institut, 1000 bei Aldi und 250 an der Hochschule gegenüber.