Mülheim. Manche der städtischen Töchter haben beim Blick auf die Finanzen wenig Grund zur Freude. Das Minus am Flughafen fällt dabei noch am geringsten aus, doch nirgends wendet die Stadtpolitik so viel politische Energie auf wie dort. Der jüngste Vorschlag - Ausstieg erst 2024 - ist äußerst umstritten.

Die städtischen Töchter-- jenseits von Medl und RWW – plagen ebenfalls mehr und mehr Sorgen: die Mülheimer Verkehrsgesellschaft steuert auf ein Minus von 29 Millionen Euro zu, die Seniorendienste liegen bei 3,2 Millionen, das Theater braucht als Ausgleich 2,5 Millionen, die Mülheimer Stadtmarketinggesellschaft hat sich auf ein Minus von 2,7 Millionen immerhin verbessern können. Dagegen erscheint der jährliche Zuschuss von 200.000 Euro, den der Flughafen benötigt, wie Kleingeld. Doch nirgends fließt so viel politische Energie rein wie auf den Ruhrhöhen.

Hendrik Dönnebrink, als Chef der städtischen Beteiligungsholding und damit Herr über die Töchter, brachte es genervt auf den Punkt: „In der Stunde, in der wir über den Flughafen diskutieren, kostet der uns 24 Euro, die Verkehrsgesellschaft in gleicher Zeit 4000 Euro.“ Sein Appell: Wenn die Politik die Talfahrt in die Schulden abbremsen will, müsse sie sich um die großen Defizitbringer kümmern.

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Der Vorschlag von Dönnebrink, den beschlossenen Ausstieg aus dem Flugbetrieb erst am Ende des Jahres 2024 zu vollziehen, um möglichst wenige Interessen zu verletzen, stößt jenseits der SPD auf Schweigen oder Empörung: Lothar Reinhard (MBI) verweist darauf, dass bereits vor 20 Jahren ein Ausstieg beschlossen sei – und jetzt eine erneute Verzögerung! Tim Giesbert (Grüne) fordert die Aushändigung sämtlicher Gutachten zum Flughafen, weil die Grünen überzeugt sind, dass ihnen Fakten vorenthalten wurden. Es gibt viele Gutachten und ebenso viel Misstrauen.

Gewinnchancen bei Prozess unter 50 Prozent

Der schnelle Ausstieg, wie ihn Grüne, MBI und CDU fordern, ist schwierig. Das Oberverwaltungsgericht wies die Stadt vor 15 Jahren schon an, alles zu unterlassen, was den Flugbetrieb des Aeroclub behindere. Der hat Rechte bis 2034. Vertragspartner ist die Stadt. Die Chancen, bei einem erneuten Streit vor Gericht erfolgreich zu sein, stuft Rechtsdezernent Frank Steinfort unter 50 Prozent ein. Vieles hängt in der Luft, so auch die Frage: Wer übernimmt im nächsten Jahr den Landesanteil an den Flughafenkosten? Das Land zahlt nichts mehr.

Die SPD kann sich mit dem Szenario 2024 anfreunden und fordert von den Kritikern schadlose Alternativen. Doch es wird nicht nur über Gutachten, richterliche Urteile und Kosten gestritten. Nach wie vor fühlt ein Teil der Ratsmitglieder sich von der OB hinters Licht geführt. Der Vorwurf steht im Raum: Sie verzögere bewusst den Ausstieg. Sie werde, so die OB, keine Entscheidung zum Flughafen tragen, die der Stadt schade. Den Sprecher des Netzwerkes gegen Fluglärm, Waldemar Nowak, treibt dabei noch eine ganz andere Sorge um: Der Landesrechnungshof hatte den Finanzbedarf für den Flughafen bis 2034 mal auf 55 Millionen beziffert.