Mülheim. Aufgrund von Pflegemängeln, die Monate zurück liegen, wurden zwölf Mitarbeiter des Mülheimer Bonifatius-Heimes abgemahnt. Die Betroffenen weisen die Vorwürfe zurück: Unterbesetzung und Überlastung hätten geherrscht. Unterdessen laufen Gespräche über einen Betreiberwechsel.
Im Senioren- und Pflegezentrum Bonifatius, das zum Sommeranfang durch einen einmonatigen Aufnahmestopp in die Schlagzeilen geraten war, gibt die Betreuungsqualität aktuell offenbar keinen Grund zu Beanstandungen durch die städtische Heimaufsicht oder den MDK. Die interne Aufarbeitung der öffentlich gewordenen Probleme läuft unterdessen weiter.
So haben zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den vergangenen Wochen Abmahnungen erhalten, in denen ihnen „pflegefachliche Fehler“ und somit schuldhafte Verletzungen der arbeitsvertraglichen Pflichten vorgehalten werden. Allerdings beziehen sich diese Schreiben ausnahmslos auf Vorgänge, die bereits mehrere Monate zurück liegen, also aus der Zeit vor dem behördlich verfügten Aufnahmestopp stammen. Unterzeichnet sind die Abmahnungen durch Regionaldirektion und Einrichtungsleitung, auf Anfrage werden sie von der Maternus GmbH, die das Haus an der Hingbergstraße betreibt, bestätigt.
Prozesse kritisch beurteilt
„Grundsätzlich leisten unsere Mitarbeiter gute Arbeit“, erklärte jetzt eine Unternehmenssprecherin, „vor allem, seit die Task Force vor Ort war. Wir haben allerdings auch Prozesse kritisch beurteilt, und wenn es Pflichtverletzungen gab, wird dagegen vorgegangen.“ So werden beispielsweise in einem Schreiben, das dieser Zeitung vorliegt, fehlerhafte Lagerungen einer Bewohnerin mit Wundproblemen an mehreren Tagen im Mai 2014 bemängelt.
Einige der betroffenen Pflegekräfte haben inzwischen ihrerseits Gegendarstellungen zur Abmahnung verfasst, bei deren Formulierung sie der Betriebsrat unterstützt.
Darin weisen die Bonifatius-Beschäftigten die Vorwürfe zurück und äußern ihre Verwunderung darüber, dass die angeblichen Pflichtverletzungen erst Monate später angemahnt werden. Zudem wird auf Unterbesetzungen in einzelnen Wohnbereichen verwiesen, die zumindest seinerzeit bestanden und auch zu Überlastungsanzeigen betroffener Mitarbeiter geführt hätten. Kündigungen habe es bislang keine gegeben, sagte Christel Birkenkam, Betriebsratsvorsitzende des Pflegeheims, am gestrigen Montag.
Entsprechende Verhandlungen laufen
Die Abmahnungen wertet sie als „Warnschüsse“, damit die Pflegeplanung und -dokumentation künftig genau beachtet werde. Auch wolle der Betreiber wohl gegenüber dem MDK als Kontrollinstanz signalisieren, dass intern Maßnahmen ergriffen werden. In Kreisen des Betriebsrates und der Belegschaft wird im Übrigen damit gerechnet, dass beim Mülheimer Bonifatiusheim bald ein Betreiberwechsel stattfindet.
Es gebe offenbar einen Interessenten, so Christel Birkenkamp, der zugleich das Essener Senioren- und Pflegezentrum Christopherus übernehmen möchte, ebenfalls ein Maternus-Haus.
Von Seiten des Unternehmens wird bestätigt, dass schon seit längerem entsprechende Verhandlungen laufen. Eine Entscheidung oder zeitliche Prognose gebe es jedoch noch nicht.
Angehörige sind mit dem Pflegeheim Bonifatius „sehr zufrieden“
„Die Anwesenden sind mit der Arbeit sehr zufrieden“
Durchweg positiv über das Pflegeheim Bonifatius äußert sich Karin Hohlbein, die als gesetzliche Betreuerin tätig ist und die Einrichtung seit langem kennt. Sie spricht ausdrücklich nicht nur für sich, sondern für einen Kreis von 15 bis 20 Personen, der alle drei Monate zum Angehörigenstammtisch zusammen kommt, zuletzt Ende Juli.
„Die Anwesenden sind mit der Arbeit der Heimleitung, des Pflegepersonals und der Verwaltungskräfte sehr zufrieden“, betont Karin Hohlbein in einem Brief an die Redaktion. „Die von uns in Pflege gegebenen Angehörigen und Betreuten sind in Bonifatius jederzeit gut umsorgt.“ Die Küche sei gut, das hauseigene Restaurant gemütlich.
Einrichtungsleiterin hat zum 30. September gekündigt
Einrichtungsleiterin Eveline Moll hat inzwischen allerdings „auf eigenen Wunsch“, wie es heißt, ihren Abschied erklärt und zum 30. September gekündigt. Auf Nachfrage erklärte Moll, sie wolle von Mülheim nach Berlin ziehen, sich damit einen lang gehegten Traum verwirklichen, und in der Hauptstadt die Leitung einer anderen Senioreneinrichtung übernehmen. Eine Sprecherin der Maternus GmbH teilte mit, die Stelle bei Bonifatius werde ausgeschrieben: „Wir suchen eine qualifizierte Führungskraft.“ Interimsweise übernimmt Regionaldirektorin Heidelore Neumann, die Mitte Juni an der Spitze einer internen „Task Force“ ins Haus kam, um die Missstände zu beheben.