Mülheim. . Wie gelingt Kindergartenkindern der Start ins Schulleben? Wie können Eltern die Erstklässler in dieser wichtigen Phase unterstützen? Antworten auf Fragen wie diese gibt Günter Waberg, der Leiter der Regionalen Schulberatungsstelle in Mülheim.

Den i-Dötzchen steht ein großer Tag bevor – ihre Einschulung am kommenden Donnerstag. Vorbei ist die sorglose Zeit als Kindergartenkind. Die Erwachsenen sprechen vom „Ernst des Lebens“, ein neuer Lebensabschnitt mit vielen Herausforderungen beginnt. Die Spannung vor diesem Schritt ist in vielen Familien beinahe mit Händen greifbar. Doch wie gelingt der Start ins Schulleben? Wie können Eltern die Erstklässler in dieser wichtigen Phase begleiten und unterstützen? Antworten auf Fragen wie diese gibt Günter Waberg, der Leiter der Regionale Schulberatungsstelle.

Viele Erstklässler sind schon ganz aufgeregt, weil sie bald ihren ersten Schultag erleben. Ist Aufregung in diesem Fall positiv oder negativ?

Günter Waberg: Der erste Schultag ist immer mit einer Erwartungshaltung verbunden. Das zeigt ja auch schon die Erfindung der Schultüte. Dass die Familien davor aufgeregt sind, ist verständlich. Aber bei den allermeisten Kindern ist es ja so, dass sie sich freuen, endlich in die Schule zu kommen. Die wollen groß sein, wollen lesen, schreiben und rechnen lernen. Das hat eine hohe Wertigkeit für die ehemaligen Kindergartenkinder, die jetzt darauf hinfiebern, Schulkinder zu werden.

Der Tag der Einschulung ist in vielen Familien in den letzten Jahren zu einem richtig großen Festtag geworden. Finden Sie das angemessen?

Waberg: Der erste Schultag ist ja ein schöner Tag, ein freudiger Anlass. Wenn die ganze Familie den gemeinsam feiert, finde ich das ein gutes Zeichen. Das drückt dem Kind gegenüber ja auch aus: Wir freuen uns, dass du den nächsten Entwicklungsschritt machst, wir können dir jetzt andere Aufgaben zutrauen und auch zumuten. Wenn sich die ganze Familie mit freut, zeigt das dem Kind auch: Wir trauen dir zu, dass du deinen Weg gehst. Mit dem ersten Schultag sind auch spannende Erfahrungen verbunden: Aus dem großen Kindergartenkind wird der kleine Erstklässler, der ehrfurchtsvoll zu den Großen aufblickt und erst wieder seine Rolle in der neuen Gruppe finden muss.

Ist es denn von Vorteil, wenn viele Kinder aus demselben Kindergarten dann auch gemeinsam auf dieselbe Grundschule gehen?

Waberg: Wenn vertraute und geschätzte Personen in der neuen Umgebung dabei sind, kann das für manches Kind hilfreich sein. Manche Kinder setzen ihre aus der Kindergartenzeit bestehenden Freundschaften auch auf der Grundschule fort. Andere Kinder kommen mit der Neuorientierung aber gut zurecht und sind neugierig auf neue Freunde.

Können Eltern etwas verkehrt machen, wenn es um den Schulstart ihrer Kinder geht?

Waberg: Ich finde es wichtig, dass Eltern ihre eigenen Schulerfahrungen nicht in den Vordergrund stellen, gerade, wenn es sich dabei um weniger schöne Erinnerungen handelt. Es ist kritisch, wenn Eltern ihre negative Einstellung aus ihrer eigenen Schulzeit auf die Schüler übertragen. Im Interesse ihrer Kinder sollten sich Mütter und Väter damit zurückhalten, ansonsten könnten sie bei ihrem Kind Stress auslösen.

Der Moment, an dem auch der glücklichste Erstklässler die Schule auch mal doof findet, wird kommen. Wie sollten Eltern darauf reagieren?

Waberg: Man sollte es durchaus ernst nehmen, wenn das Erledigen der Hausaufgaben immer wieder zum Kampf wird, wenn das Kind nur über die Schule quengelt und unzufrieden ist oder aber ausweicht, wenn es um das Thema geht. Man darf nicht außer Acht lassen, dass auf die Erstklässler komplexe Dinge zukommen: Sie müssen nicht nur lesen, schreiben und rechnen lernen, sondern ebenso lernen sich zu konzentrieren und sich motorisch weiter zu entwickeln. Schon in den ersten Grundschulklassen kann sich dann zeigen, dass manches Kind nicht zurecht kommt, sondern Lernschwierigkeiten hat. Ist das der Fall, sollten Eltern sich frühzeitig Hilfe suchen.

Wie kann man konkret feststellen, dass ein Kind handfeste Probleme mit dem Schulalltag hat?

Waberg: Dazu gibt es verschiedenen Möglichkeiten, etwa, indem man abfragt, ob ein Kind in bestimmten Wörtern Laute wiedererkennen kann oder aber ob es Mengen erkennen kann: Liegen da mehr oder weniger Bonbons? Da ist neben der Aufmerksamkeit der Eltern auch die Erfahrung der Lehrer gefragt, die mit unserer Schulberatungsstelle zusammenarbeiten. Die Sicht aller Beteiligten ist wichtig, um zu einer individuellen Lösung zu gelangen.

Wie kann man dem Kind durch solche schwierigen Phasen hindurch helfen?

Waberg: Ich halte es für das Wichtigste, den Lernoptimismus, mit dem eigentlich jedes Kind in die Schule kommt, möglichst lange aufrecht zu erhalten. Dazu gehört es auch, dem Kind Mut zu machen und es behutsam dahin zu führen, dass nicht immer alles ganz einfach klappt und der Weg nicht immer geradeaus geht.

Ist der erste Schultag überstanden und die Umstellung aufs Lernen geglückt – was ist danach noch zu beachten?

Waberg: Wichtig ist natürlich der Ausgleich. In der Schule müssen die Kinder ja auf einmal lange still sitzen. Deshalb sollte am Nachmittag Bewegung auf dem Programm stehen. Aber auch passende Pausenzeiten sind grundlegend, damit der Wechsel gelingt.