Mülheim. . Wenn man Zeuge eines Unfalls wird, darf man nicht zögern, zu helfen, den Notruf zu wählen. Das ist heute nicht mehr selbstverständlich. Viele haben Hemmungen, Angst, etwas falsch zu machen. Und der Erste Hilfe Kurs bleibt oft nur ein guter Vorsatz.
Der Mülheimerin ist anzumerken, wie sie das Geschehen am Freitagmittag in Styrum mitgenommen hat, das sie dieser Zeitung berichtete. Mit ihrer Tochter fand sie zufällig an der Heckfeldstraße eine Frau am Boden liegend, die dort wohl zusammengebrochen war. Wie lange die Frau schon hilflos und unbemerkt dort lag, weiß sie nicht. Sie half, die Frau in die stabile Seitenlage zu legen, während die Tochter den Notruf wählte. Die Helfer waren in wenigen Minuten vor Ort, der Versuch der Reanimation blieb jedoch erfolglos. Was, wenn die Frau eher gefunden worden wäre? Hätte man ihr noch helfen können? Der Mülheimerin geht das Erlebnis nicht aus dem Sinn.
Viele Menschen dürften die Situation verdrängen, als Ersthelfer gefragt zu sein – nach einem Unfall, beim Baden oder eben, wenn jemand mit einem Infarkt zusammenbricht. Christian Bittner, leitender Mitarbeiter beim DRK, weiß, dass die meisten zuletzt vor der Führerscheinprüfung einen Erste-Hilfe-Kurs besucht haben. „Und dann hoffen, dass man es nie wieder braucht.“ Das DRK bietet Kurse an, in denen auch in wenigen Stunden viel Wissen vermittelt wird. Die Nachfrage ist überschaubar, oft bleibt es beim Vorsatz. Und dann, wenn die Situation da ist, die Hilfe benötigt wird?
Falsche Hilfe besser als keine Hilfe
Viele haben Hemmungen, Angst, etwas falsch zu machen. „Am schlimmsten ist es, nichts zu tun“, betont Christian Bittner. „Unterlassene Hilfeleistung kennt man – falsche Hilfe kennt man nicht“. Viele erinnern sich ja noch, dass sie mal Herzmassage geübt haben. Die über 100 Defibrillatoren, die bei Mülheimer Banken, Sparkassen, Firmen hängen, sind selbst erklärend, so Bittner: „Der sagt nach dem Einschalten, in welcher Reihenfolge Sie was machen müssen.“ Das Gerät misst die Körperfunktionen. Es springt nicht an, wenn es nicht muss.
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Thomas Franke, Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes bei der Feuerwehr, kennt die Hemmungen der Zeugen. „Etwa bei der Hälfe der Einsätze auf der Straße hat sich einer ein Herz gefasst und die Initiative ergriffen“. Manchmal müsse man beherzt sein und zugreifen, etwa, eine Herzmassage versuchen, das sagt auch der Notarzt.
Subjektiv hat Thomas Franke den Eindruck, dass es früher mehr Engagement gab, mehr Anteilnahme. „Es gibt deutlich mehr Gleichgültigkeit den Rettungskräften gegenüber.“ Heute hätten manche nur noch das Interesse, schnell eine Unfallstelle zu passieren. Und dann gibt es da noch die Schaulustigen, ein Kapitel für sich. Am Freitag bat der Notarzt, der sich um die Gestürzte gekümmert hat, die Polizei um Hilfe, weil er sich bei seiner Arbeit bedrängt fühlte.