Mülheim. Er hat es selbst erlebt: Die Scham, den Druck, die Zweifel nach der Entgiftung und die Frage, ob man es schaffen wird, künftig keinen Alkohol mehr zu trinken. Bernd Pörtener ist seit 25 Jahren zufrieden abstinent und hilft anderen Süchtigen mit seinem Ehrenamt, es ihm gleichzutun.

„Ich erzähle keine Geschichte, ich erzähle mein Leben“, sagt Bernd Pörtener. Er hat eine bewegte Lebensgeschichte, die über ein Jahrzehnt lang in Alkohol getränkt war und die er nun mit anderen teilt, mit all ihren Höhen und Tiefen. Andere Süchtige will er mit seinen Erfahrungen auf ihrem Weg in die „zufriedene Abstinenz“ begleiten und Jugendliche ohne erhobenem Zeigefinger vor dem Saufen warnen. Bernd Pörtener engagiert sich ehrenamtlich in der Suchtselbsthilfe. Unter anderem ist er Vorsitzender des Mülheimer Kreuzbundes.

Am Anfang steht sein erstes Bier. 15 war Bernd Pörtener da, und eigentlich hat es ihm gar nicht geschmeckt. „Wir haben Himbeersirup reingekippt, weil es so bitter war“, erinnert sich der heute 69-Jährige. Nichts deutete da auf Alkoholsucht hin: Eine Ausbildung zum Maurer machte er und zwei Meisterbriefe. Auch wenn seine eigene Baufirma Konkurs ging, war er beruflich stets erfolgreich.

Hilfe muss man selbst wollen

Privat sah das anders aus: 27 Jahre war er, als seine erste Ehe in die Brüche ging und er „Geselligkeit in einer Gaststätte“ suchte. Nicht alleine wollte er sein, in der Kneipe war er von Menschen umgeben – und von Alkohol. Ohne es zu merken, rutschte er bei täglichen Thekengesprächen in die Sucht. „Aus Geselligkeit wurde Gewohnheit, und aus Gewohnheit wurde Sucht. Mein ganzes Leben drehte sich um die Flasche.“

Zwölf Jahre lang diktierte sie sein Leben – und das seiner Familie. Seine Lebensgefährtin, seine zwei Töchter litten darunter. „Damit“, sagt der Styrumer, „bin ich bis heute nicht fertig.“ Damals spürte Bernd Pörtener, dass er süchtig war, dass die Arbeitskollegen hinter seinem Rücken tuscheln. „Ich habe gemerkt, was mit mir los war, und ich habe mich dafür geschämt.“ Diese Erkenntnis war wichtig, sagt der Rock-Fan, dessen Lieblingsband Deep Purple ist. Auch, wenn seine heutige Frau „der Stein des Anstoßes“ war, musste er selber Hilfe wollen.

"Sich ein Stück von anderen tragen lassen"

Die holte er sich 1992 nach der Entgiftung beim Kreuzbund. „Ich wollte ein halbes Jahr bleiben.“ Inzwischen ist er seit zwölf Jahren der Kreisverbandsvorsitzende. Er organisiert die Selbsthilfegruppen des Fachverbandes der Caritas und ist in einigen selbst aktiv. Er sorgt für Fortbildungen, Supervision und Prävention – letzteres etwa gemeinsam mit Ginko, wenn er Schulen besucht. Außerdem gehört er u.a. den Arbeitskreisen Sucht und Sucht im Alter an.

Ein Vollzeitjob ist sein Ehrenamt inzwischen, doch Bernd Pörtener ist mit Freude dabei – und mit Demut. „Ich bin demütig, weil er mir gelungen ist, dass es mir wieder gut geht. Ich habe nicht vergessen, wie dreckig es mir nach der Entgiftung ging.“ Bis an sein Lebensende, sagt er, werde er alkoholkrank sein. So lange wird er auf sich aufpassen und eine Selbsthilfegruppe besuchen. „Es gibt Phasen, da muss man sich ein Stück von anderen tragen lassen. Deshalb sprechen wir beim Kreuzbund von Weggefährten.“ Er ist nicht allein unterwegs und will andere mitnehmen.