Mülheim.

An diesem Vormittag ist Haus Engelbert voll. Das Soziotherapeutische Zentrum der Theodor Fliedner Stiftung wird von Schülern erkundet. Sie sind vom Gymnasium Heißen in diesen entlegenen Stadtteil gefahren, um zu sehen, wie schwer Suchtkranke im Alter ihrer Eltern, Großeltern leben. Sie nehmen mit ihrer Klasse an einem Vorbeugungsprogramm der Ginko-Stiftung teil: „Check It!“

Tägliche Therapie- und Freizeitangebote

32 stationäre Plätze hat das Haus, die alle belegt sind. Wer besser zurecht kommt, kann in das Betreute Wohnen wechseln, aber weiterhin die täglichen Therapie- und Freizeitangebote nutzen. Die Jugendlichen, zehn Mädchen und 17 Jungs, allesamt aus der neunten Klasse, schauen sich in Grüppchen um. Sie besichtigen Wohnungen, die Werkstatt, den Gestaltungsraum.

Dabei haben sie Begleiter an ihrer Seite: Zwei Lehrer sind dabei, aber auch einige Bewohner des Hauses stehen als Ansprechpartner zur Verfügung. Etwa Andrea R. (47), die vor mehr als viereinhalb Jahren einzog, und offen über ihre Alkoholsucht berichtet, die sie „völlig vereinsamen“ und letztlich zusammenbrechen ließ. „Wer hier hin kommt, hat alles verloren“, sagt auch Andrea Quaß, die stellvertretende Leiterin des Hauses. „Familie, Freunde, Job sind weg. Er braucht ein Hilfesystem und ein neues Zuhause.“

Beeindruckende Offenheit

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In der Abschlussrunde sitzen alle zusammen: Die 15-, 16-Jährigen, teils betont lässig, und die Hausbewohner, von langem Leiden deutlich gezeichnet. Andrea Quaß fragt Eindrücke ab, doch die Jugendlichen antworten zögerlich. Lehrer Marc Khatir, der das Projekt am Gymnasium Heißen koordiniert, spricht für die ganze Besuchergruppe: „Es ist beeindruckend, wie offen die Leute von ihren Erfahrungen berichten, welchen Weg sie gegangen sind. Originale Begegnungen wie in diesem Haus wirken nach und lassen keinen Schüler kalt.“

Die Klasse hat im Rahmen des Projektes mehrere Einheiten absolviert, u.a. einen Polizisten und den Vertreter einer Alkoholiker-Selbsthilfegruppe getroffen. Im kleineren Kreis antworten die Jugendlichen offener, lockerer. Begegnet Ihnen Sucht im persönlichen Alltag? „Viele Jungs sind computerspielsüchtig oder zumindest stark gefährdet“, hat einer beobachtet. Mehrere Mädchen meinen: „In unserem Alter ist es schwierig, mit dem Schönheitswahn umzugehen. Manche wollen immer dünner werden, einige stehen früh um fünf auf, um vor der Schule ins Fitness-Studio zu gehen.“ Künftig werden sie vielleicht verstärkt auf solche Dinge achten.