Mülheim. . Gerd Schneegaß von der Heimaterde ist von einem unvergesslichen Brasilien-Trip zurück: Er hatte Karten für das WM-Endspiel Deutschland gegen Argentinien in Rio de Janeiro. Als Weltmeister ist er nun nach hause zurückgekehrt. Wir trafen ihn.
Das nimmt ihm niemand mehr. Dieses Erlebnis, einer jener auserwählten 74 738 zu sein: Gerd Schneegaß (60) von der Heimaterde hat sich zum Ruhestand mit einer dreiwöchigen Brasilien-Reise belohnt. Zehn WM-Spiele hat er besucht, ist dafür zehnmal quer durch Brasilien gejettet. Am vergangenen Sonntag dann der unvergessliche Höhepunkt: Endspiel im Estádio do Maracanã in Rio. Live dabei beim Weltmeister-Coup der deutschen Nationalkicker. „Ein Spektakel“, sucht Schneegaß nach seiner Rückkehr am Dienstagabend noch nach Worten, die dem Erlebnis angemessen Ausdruck verleihen könnten.
Er hat die deutschen Siege gegen die USA (1:0), im Viertelfinale gegen Frankreich (1:0), im Halbfinale gegen Gastgeber Brasilien (7:1) gesehen – am Sonntag dann der krönende Abschluss einer Reise, von der Schneegaß sein Leben lang noch mit größter Freude erzählen wird: Finale in Rio de Janeiro! Deutschland gegen Argentinien. Nach der Rundreise zuvor von Spielort zu Spielort war Schneegaß mit drei Freunden am Donnerstag vor einer Woche zum zweiten Mal in Rio gelandet.
Ferienwohnung direkt an der Copa Cabana
Das Quartett hatte sich eine Ferienwohnung direkt an der Copa Cabana gemietet, der Blick aus dem Fenster ging direkt auf die Fifa-Fanmeile am Strand. 30- bis 40.000 Menschen, so schätzt Schneegaß, sahen dort am Samstagabend Brasiliens verlorenes Spiels um Platz 3, auch viele Argentinier waren schon in der Stadt. „Die haben bis 5 Uhr morgens gefeiert, zu viert im Corsa übernachtet und sich morgens mit dem Gaskocher auf der Straße ihr Frühstück gemacht“, erzählt der Mülheimer.
Finaltag! Morgens noch mal zum Strand, dann mit der U-Bahn zum Maracanã, das Showprogramm ab 14 Uhr mit Shakira, Carlos Santana und einigen brasilianischen Stars sollte nicht verpasst werden. Schneegaß kaufte noch limitierte Getränkebecher zum Finale, ebenso eine Attrappe des WM-Pokals, er gab einem slowenischen und einem südamerikanischen TV-Team ein Interview. . .
Tausende Deutsche sangen mit Inbrunst die Nationalhymne
Oben in einer Kurve des Maracanã hatten der Mülheimer und seine Freunde ihre Plätze. Anspannung! Eine Milliarde Menschen weltweit an den TV-Geräten, Schneegaß live dabei. Tausende Deutsche sangen mit Inbrunst die Nationalhymne, die brasilianischen Zuschauer auf Seiten der Deutschen, weil es gegen den Erzrivalen Argentinien ging. Eine tolle Stimmung, sagt Schneegaß.
Die 113. Minute. Götze trifft volley. „Den Schrei vergisst man nie“, so Schnegaß. Und die Partynacht danach auch nicht.
Zehn WM-Spiele in drei Wochen
Mit dem Regenspiel von Recife, Deutschland gegen die USA (1:0), hatte das Abenteuer Brasilien für den Mülheimer Gerd Schneegaß im Juni begonnen. In Belo Horizonte sah er Brasilien im Elfmeter-Krimi gegen Chile, erneut in Recife Costa Ricas überraschenden Einzug ins Viertelfinale gegen Griechenland, in Brasilia Frankreich gegen Nigeria (2:0), in Salvador Belgien gegen die USA (2:1). . .
Im Viertelfinale sah der Mülheimer Mats Hummels das 1:0 gegen Frankreich köpfen, der erste Besuch im Maracanã: „Man steht selbst als Älterer ehrfürchtig vor diesem Stadion“, sagt Schneegaß. Pele hat dort gespielt, viele Größen des Weltfußballs, schon 1950 war dort ein WM-Finale ausgetragen worden. . . „Wenn Dortmund den Tempel der Bundesliga hat, ist das Maracanã der Tempel der Welt.“
„Neymar wird’s euch zeigen“
Beim Frankreich-Spiel hatte Schneegaß „die meiste Sorge“ um das deutsche Team. Spannend und dramatisch wird er das Spiel der europäischen Nachbarn in Erinnerung halten. Nach einem Abstecher nach Brasilia (Argentinien - Belgien 1:0) wieder Belo Horizonte: das für die Ewigkeit legendäre 7:1 gegen Brasilien. „Neymar wird’s euch zeigen“, schallte es Schneegaß und seinen drei Mitreisenden morgens im Hotel noch entgegen, ohrenbetäubender Enthusiasmus der Brasilianer zu Beginn des Spiels im Stadion. „Nach dem 3:0 wurde es stiller“, erzählt der Mülheimer. „Und wir haben uns nur noch ungläubig angeschaut: Was geht hier ab?“ Die Brasilianer hat er durchweg als faire Verlierer erlebt. Keine Anfeindungen. Nur Schulterklopfer.
Ein „kurzer“ Abstecher noch nach Sao Paulo (Halbfinale Argentinien - Holland), dann wieder Rio: Finale im Maracanã! Und Weltmeister!WM-Spiele