Mülheim an der Ruhr. . Im Sommer 1914 bahnte sich eine Tragödie an. Mit dem Mord an dem österreichisch-ungarischen Thronfolger-Paar begann das, was Wochen später in einen grausamen Krieg mündete. Viel bekannt ist darüber nicht in Mülheim - die WAZ möchte das ändern und hofft auf rege Beteiligung von Mülheimer Bürgern.
Heute vor 100 Jahren – am 28. Juni 1914 – wurden der österreichisch-ungarische Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau Sophie in Sarajevo ermordet. Nur wenige Wochen später, am 1. August 1914, begannen mit der Kriegserklärung an Russland überall im Deutschen Reich – und damit auch in Mülheim – die Vorbereitungen für den Krieg. Vier katastrophale Jahre folgten, viele Millionen Tote waren zu beklagen. Auch knapp 3300 Mülheimer fielen an der Front und rund 200 weitere erlagen später in der Heimat ihren Verletzungen.
Zahlen des nackten Grauens, die dennoch wenig bekannt sind in der Stadt – denn der Zweite Weltkrieg überstieg den Horror noch. „Wäre er nicht gewesen – mit dieser Dramatik des millionenfachen Mordes – dann hätten die Deutschen den Ersten Weltkrieg viel intensiver beleuchtet“, glaubt Jens Roepstorff vom Stadtarchiv Mülheim. In Nachbarländern wie Frankreich sei dies geschehen; und dort bezeichne man die Zeit zwischen 1914 und 1918 auch nach wie vor als die des ,Großen Krieges’. „Es wurde ja mit unglaublicher Härte gekämpft. Und es wurde erstmals in der Historie Giftgas eingesetzt.“
An Tragödien arm also war auch der Erste Weltkrieg nicht
An Tragödien arm also war auch der Erste Weltkrieg nicht, was auch an der immensen Kriegsbegeisterung des Volkes lag, die heute kaum mehr einer nachvollziehen kann. „Sehr viele ganz junge Leute sind freiwillig und mit großem Enthusiasmus losgezogen“, so Roepstorff. Abiturienten, Auszubildende, und, und, und machten sich auf den Weg – und kamen nie wieder zurück. „Das zeigen die Todesanzeigen vieler, vieler unglücklicher Eltern in der Mülheimer Zeitung.“ Auch dieser Krieg also sei wahrlich „dramatisch für Mülheim“ gewesen.
Aus eigener Anschauung kann kaum noch einer von dieser Zeit berichten – doch in manchen Familien leben die Geschichten vom Schicksal des Vaters, Opas oder Uropas fort. Kennen auch Sie, liebe Leser, noch solche Erfahrungsberichte? Haben Sie vielleicht noch Dokumente, Fotos, Feldbriefe oder Tagebücher, anhand derer sich das Leid von Mülheimer Bürgern erfassen lässt? Dann werden Sie aktiv und schicken Sie uns diese – die WAZ würde sich freuen, Ihre Geschichten erzählen zu können.
„Mit Gott für Kaiser und Reich“
Die Mülheimer Zeitung hat auch damals schon über die Ereignisse berichtet, so etwa am 2. August 1914, als die Überschrift „Mit Gott für Kaiser und Reich – Der Herr segne die deutschen Waffen“ lautete: Unter diesem Titel schrieben die Redakteure über die vom Kaiser angeordnete Mobilmachung. Soldaten und Reservisten wurden zu den Waffen gerufen – und viele Zivilisten. Sie alle hatten sich beim Mülheimer Bezirkskommando zu melden; und einige kamen sogleich bei dem in Mülheim stationierten Infanterieregiment Nr. 159 unter. Dieses Kommando von Oberst Richard von Kraewel zog bereits am 6. August Richtung Namur – mitten hinein in erste Gefechte.
WAZ veröffentlicht Geschichten – Stadtarchiv stellt aus
Falls Sie, liebe Leser, noch Erinnerungsstücke vom Ersten Weltkrieg auf dem Dachboden liegen haben oder falls Sie (Familien-)Geschichten aus dieser Zeit erzählen möchten, schicken Sie diese: WAZ-Redaktion, Eppinghofer Str. 1-3, 45468 Mülheim; redaktion.muelheim@waz.de
Das Stadtarchiv bereitet derzeit eine Ausstellung über den Ersten Weltkrieg vor, die unter dem Titel „Mülheim im Ersten Weltkrieg“ am 23. August 2014 im Haus der Stadtgeschichte, Von-Graefe-Straße 37, eröffnet werden soll. Details der Schau werden im Juli bekannt gegeben.
Das vermutlich erste Mülheimer Opfer wurde am 5. August registriert: Der Musketier Wilhelm Schürmann fiel bei der Eroberung von Lüttich. Von den rund 125 000 Einwohnern, die damals in Mülheim an der Ruhr lebten, waren laut Stadtarchiv zunächst 1360 „Militärpersonen“ im Einsatz – bis 1916 stieg ihre Zahl auf 19 200 an.
„Wie es den eingezogenen Männern erging, erfuhren Eltern, Ehefrauen und Kinder per Feldpost“, berichtet Roepstorff. „Jeder Brief, jede Postkarte von der Front brachte große Erleichterung daheim.“