Mülheim. Die Möglichkeit der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse ist laut IHK noch zu wenig bekannt. Die Sozialagentur sieht in Mülheim „keinen Masseneffekt“.
Auf der einen Seite droht Fachkräftemangel, auf der anderen arbeiten Migranten, die in ihrem Herkunftsland möglicherweise gut ausgebildet wurden, hierzulande als Hilfskräfte. Um dieses Potenzial zu gewinnen, wurde im vergangenen Jahr für die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse ein Bundesgesetz geschaffen, das seit Sommer 2013 auch landesrechtlich geregelt ist.
Die Sozialagentur kümmert sich seither um das Thema mit dem Ziel, Zugewanderte (wieder) in Arbeit zu bringen. Die Sozialagentur betreut ca. 12.500 Menschen von 15 bis 65, die Leistungen (Hartz IV) erhalten und erwerbsfähig sind. Bei der Überprüfung zeigte sich, dass die Zahl der Migranten, die für ein Anerkennungsverfahren – etwa bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) – in Frage kommen, nicht so hoch ist, wie möglicherweise erwartet.
Verfahren kostet 100 bis 600 Euro
Von aktuell ca. 250 Personen mit derzeit nicht anerkannten Berufsabschlüssen spricht Jennifer Neubauer, stellvertretende Leiterin der Agentur. In vielen anderen Fällen sei die Tätigkeit im Herkunftsland eine angelernte ohne Ausbildung gewesen, bei einer weiteren großen Gruppe seien Ausbildungsnachweise nicht mehr vorhanden und könnten, etwa aus Krisengebieten, nicht mehr beschafft werden. Oder die Zeit der Ausbildung sei zu lang her.
Dann gebe es Fälle, wo der erlernte Beruf, trotz Anerkennung in Deutschland, aus gesundheitlichen Gründen, nicht mehr ausgeübt werden könne. Drei Kunden der Sozialagentur konnten nach dem Anerkennungsverfahren vermittelt werden, darunter ein Zahntechniker aus Osteuropa. Frau Neubauer sieht aber „keinen Masseneffekt“.
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Heinz-Jürgen Guß, stellvertretender Geschäftsführer der IHK zu Essen, hat für das Anerkennungsverfahren der Berufe aus Industrie, Handel, Dienstleistung 183 Beratungen im IHK-Bezirk Mülheim, Essen, Oberhausen gemacht. 89 hätten die Anerkennung bekommen. „Diese Quote ist im Bundesvergleich recht hoch.“ Rund zwei Drittel der Antragsteller bekämen die volle, ein Drittel die teilweise Gleichwertigkeit ihrer im Herkunftsland erworbenen Abschlüsse mit der Ausbildung in Deutschland bescheinigt.
Lob für Zusammenarbeit mit Sozial- und Arbeitsagentur
Guß bedauert, dass diese Möglichkeit noch zu wenig bekannt sei. Er lobt die Zusammenarbeit mit Sozial- und Arbeitsagentur, die ihre Kunden informieren, verweist aber auf etliche Arbeitnehmer, die trotz Qualifikation als Ungelernte beschäftigt seien – mit geringerer Vergütung. Guß hat für die Antragstellung viele Bürger aus Polen und Osteuropa beraten, aber auch Iraner, Kubaner, Griechen. „Jeder Fall“, berichtet er, „ist etwas Besonderes.“
Problematisch sei manchmal das Finden des deutschen Vergleichberufs. Das Verfahren selbst sei aber „unkompliziert, da muss keiner Angst haben.“ Dennoch hat das Gesetz seiner Ansicht nach zwei Baustellen: Ein Anerkennungsverfahren kostet zwischen 100 und 600 €, nur bei Kunden von Sozial- oder Arbeitsagentur werden die Kosten übernommen. Auch sei nicht geklärt, wer die Kosten für eine Nachqualifizierung übernimmt. Denn auch Anerkennung des erlernten Berufs als „teilweise gleichwertig“ enthält auch genaue Hinweise, welche Qualifikationen, etwa eine praktische Ausbildung, zur vollen Anerkennung fehlen.